Das Programm sah als erstes vor, die Vermißten aufzufinden und aufzunehmen; der Zyklop sollte zunächst sie und sich selbst mit einem zweiten, von seinem Feld aus gesehen äußeren Kraftfeld umgeben und erst unter dessen Schutz den Zugang zu dem inneren Kraftfeld öffnen, das ihn selbst deckte. Dann sollte das Gerät eine möglichst große Anzahl der angreifenden Kristalle mitbringen. Der Antimateriewerfer sollte nur im äußersten Notfalle, wenn das Kraftfeld eingedrückt zu werden drohte, angewandt werden, weil die Annihilationsrekation zwangsweise zu einer Strahlenverseuchung des Geländes führen würde. Das konnte für die Vermißten, die sich vielleicht in der Nähe der Kampfstätte aufhielten, Lebensgefahr bedeuten.
Der Zyklop war acht Meter lang und entsprechend „breit in den Schultern“ — der Durchmesser seines Gehäuses betrug mehr als vier Meter. Sollte sich ein Felsspalt für ihn als unzugänglich erweisen, so konnte er die üffnung dadurch erweitern, daß er entweder seine stählerne Teleskophand gebrauchte oder das Gestein beiseite fegte und mit dem Kraftfeld zermalmte. Aber ihm konnte auch nichts geschehen, wenn das Feld ausgeschaltet wurde, denn sein Keramik— Vanadium-Panzer war hart wie Diamant.
Im Innern des Zyklopen war ein Automat installiert, der sich der Männer annehmen sollte, wenn sie gefunden waren; auch Betten standen für sie bereit. Als alle Einrichtungen überprüft waren, glitt der Panzerkoloß schließlich sonderbar leicht die Rampe hinunter, passierte, wie von einer unsichtbaren Kraft getragen — er wirbelte, selbst wenn er schnell fuhr, keinen Staub auf —, die mit blauem Licht markierten Durchgänge im Kraftfeld des „Unbesiegbaren“
und geriet den am Heck versammelten Männern bald aus den Augen.
Etwa eine Stunde lang funktionierte die Funk— und Fernsehverbindung zwischen dem Zyklopen und der Steuerzentrale einwandfrei. An dem großen Obelisken, der aussah wie ein umgekippter Kirchturm und der teilweise die Sicht auf die Felswände versperrte, erkannte Rohan den Eingang der Schlucht wieder, wo der Angriff stattgefunden hatte.
Auf der ersten, mit großen Gesteinsbrocken übersäten Geröllhalde verringerte sich die Geschwindigkeit ein wenig.
Die Männer an den Bildschirmen hörten sogar den Bach plätschern, der unter den Felstrümmern verborgen war — so lautlos arbeitete der Atomantrieb des Zyklopen.
Die Nachrichtenleute konnten bis zwei Uhr vierzig Bild und Ton aufrechterhalten, dann hatte der Zyklop den flachen und gangbaren Teil der Schlucht durchquert und war im Labyrinth des rostigen Gestrüpps angelangt. Dank den Anstrengungen der Funktechniker gelang es, noch vier Meldungen durchzugeben und zu empfangen, aber bereits die fünfte war derart verstümmelt, daß sie sich den Inhalt zusammenreimen mußten: Das Elektronengehirn des Zyklopen teilte mit, daß er einwandfrei vorankomme.
Da startete Horpach vom „Unbesiegbaren“ aus genau nach Plan eine mit einem Fernsehrelais ausgerüstete Flugsonde.
Sie stieg steil zum Himmel auf und war in wenigen Sekunden verschwunden. Dafür empfing die Zentrale ihre Signale. Gleichzeitig tauchte, aus einer Meile Höhe gesehen, eine malerische Landschaft auf: lauter zerklüftete Felsen, mit rostroten und schwarzen Buschstreifen überzogen.
Minuten später entdeckten sie in der Tiefe mühelos den Zyklopen, der sich auf dem Grunde der großen Schlucht vorwärtsschob und wie eine stählerne Faust glänzte. Horpach, Rohan und die Leiter der Spezialistengruppen standen an den Bildschirmen in der Steuerzentrale. Der Empfang war gut, aber sie hatten im voraus einkalkuliert, daß er sich verschlechterte oder unterbrochen wurde, deshalb waren weitere Sonden startklar, die als Übertragungsstationen dienen sollten. Der Chefingenieur war fest überzeugt, daß die Verbindung mit dem Zyklopen im Falle eines Angriffs abreißen würde, und mit Hilfe der Sonden würden sie wenigstens seine Operationen beobachten können.
Die vor den Bildschirmen versammelten Männer beonerkten in dem weiten Blickfeld, das sich dank dem hohen Flug der Telesonde vor ihnen auftat, daß die Maschine nur noch einige hundert Meter von den Transportern im Felsentor entfernt war, die den weiteren Weg versperrten — die Elektronenaugen des Zyklopen konnten das nicht sehen. Nach Lösung seiner Aufgaben sollte der Zyklop auf dem Rückweg zwei Raupenfahrzeuge abschleppen, die infolge eines Zusammenpralls ineinander verklemmt waren.
Die verlassenen Transporter sahen von oben wie kleine, grünliche Schachteln aus. Neben einem war eine zum Teil verkohlte Gestalt zu erkennen — der Leichnam des Mannes, den Rohan mit dem Werfer getroffen hatte.
Genau vor der Wegkehre, hinter der die Säulen des Felsentores aufragten, hielt der Zyklop an und näherte sich einer fast bis auf die Talsohle hinunterreichenden Matte aus Metallgestrüpp. Gespannt beobachteten sie seine Bewegungen.
Er öffnete vorn das Kraftfeld, um durch die Lücke den Inhaustor ausfahren zu können, der sich wie ein verlängerter Geschützlauf mit einer Greifhand aus der Hülse schob, ein paar Strauchbüschel packte und sie anscheinend mühelos aus dem felsigen Untergrund riß; danach setzte das Fahrzeug ein Stück zurück und kroch rückwärts in die Schlucht hinunter.
Die Operation war glatt verlaufen. Mit Hilfe der Telesonde, die über der Schlucht schwebte, wurde der Funkkontakt mit dem Gehirn des Zyklopen aufgenommen. Er meldete, daß eine von schwarzen „Insekten“ wimmelnde Probe im Container untergebracht sei.
Der Zyklop hatte sich der Unglücksstelle bis auf hundert Meter genähert. Dort stand, mit dem gepanzerten Heck gegen den Fels gelehnt, Rohans zweiter Energoboter, mitten in dem Felsgang staken die beiden ineinander verklemmten Transporter, und ein Stück weiter entfernt war der vordere Energoboter. Ein feines Zittern der Luft bewies, daß er noch immer ein Kraftfeld erzeugte, so wie er es getan hatte, als Rohan ihn nach der Katastrophe seiner Gruppe zurückgelassen hatte. Der Zyklop schaltete erst über Fernsteuerung die Diracs des Energoboters aus, schwebte dann, nachdem er den Schub verstärkt und sich in die Luft erhoben hatte, geschickt über die schräg aufragenden Rücken der Transporter hinweg und setzte, nun bereits oberhalb des Engpasses, wieder auf den Felsbrocken auf. Da stieß einer der Beobachter in der Steuerzentrale des „Unbesiegbaren“, der 6o Kilometer von der Schlucht entfernt war, einen Warnruf aus. Das geschah in dem Augenblick, in dem der schwarze Pelz an den Hängen zu rauchen begann, in großen Wellen heftig über das irdische Fahrzeug herfiel und es im ersten Moment völlig unter sich begrub, als wäre ein Mantel aus pechähnlichem Rauch darübergeworfen worden.
Doch gleich durchfuhr ein weitverästelter Blitz die ganze Breite der angreifenden Wolke. Der Zyklop hatte seine Teufelswaffe nicht benutzt, es waren nur die von der Wolke erzeugten Energiefelder, die auf sein Kraftfeld gestoßen waren. jetzt schien diese Hülle, die mit einer dicken Schicht wallender Schwärze behaftet war, lebendig geworden zu sein; bald schwoll sie an wie eine riesige Lavablase, bald zog sie sich zusammen, und dieses seltsame Spiel dauerte eine ganze Zeit. Die Männer hatten den Eindruck, als versuchte das ihren Blicken verborgene Fahrzeug die Myriaden von Angreifern zu teilen, die immer zahlreicher wurden, denn immer neue Wolkenlawinen wälzten sich in die Schlucht hinab. Der Lichtschein der Schutzsphäre war nicht mehr zu sehen, und nur der unheimliche Kampf zweier lebloser, aber gewaltiger Kräfte dauerte an in der dumpfen Stille. Schließlich seufzte einer der Männer vor dem Bildschirm auf: Die zuckende, schwarze Blase war in einem dunklen Trichter verschwunden, die Wolke hatte sich in eine Art riesigen, über die höchsten Felsgipfel hinausreichenden Strudel verwandelt; mit dem unteren Ende war sie an den unsichtbaren Gegner gekrallt, und ihre Spitze rotierte in bläulich schillernden, irrsinnigen Umdrehungen als kilometerlanger Mahlstrom. Keiner sagte ein Wort, aber alle hatten begriffen, daß die Wolke auf diese Weise versuchte, die Energieblase, in der das Fahrzeug stak wie der Kern in der Schale, zu zerquetschen.