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Als Jack den chinesischen Krug aus dem Papier wickelte, keuchte sie: »Aber ja, das ist er! Ich würde ihn überall wiedererkennen!«

Inzwischen traf Lavington seine Vorbereitungen. Er entfernte alles von einem kleinen Tisch und stellte diesen in die Mitte des Zimmers. Rundherum verteilte er drei Stühle. Auf dem Tisch stand nur noch der blaue Krug.

»Jetzt«, sagte er, »sind wir fertig.«

Sie tranken noch ihren Kaffee, dann befahl der Arzt:

»Schalten Sie das Licht aus, und setzen Sie sich an den Tisch.«

Die anderen gehorchten. Wieder kam Lavingtons Stimme aus der Dunkelheit.

»Denken Sie an nichts - oder an alles. Zwingen Sie Ihre Gedanken nicht. Es ist möglich, daß einer von uns mediale Kräfte besitzt. Wenn das so ist, wird er in Trance fallen. Denken Sie immer daran, es gibt nichts zu befürchten. Bannen Sie die Furcht aus Ihrem Herzen, und lassen Sie sich treiben . treiben .«

Seine Stimme erstarb. Von einer Minute zur anderen schien die Stille unerträglicher zu werden. Es war alles gut und schön, wenn Lavington sagte, sie sollten die Angst verscheuchen. Es war nicht Angst, was Jack fühlte - es war Panik. Und er war fest überzeugt, daß Felise genauso empfand. Plötzlich hörte er ihre Stimme, leise und entsetzt.

»Irgend etwas Schreckliches wird geschehen, ich fühle es.«

»Verscheuchen Sie die Angst«, sagte Lavington. »Wehren Sie sich nicht gegen die Kräfte, die auf Sie zukommen.«

Die Dunkelheit schien greifbar zu werden, und die Stille hatte etwas Beklemmendes. Näher und näher kam dieses undefinierbare Gefühl der Bedrohung. Jack fühlte, wie es ihm den Atem nahm, dieses unheilvolle Etwas war sehr nahe .

Dann war alles vorbei. Jack trieb einen Strom hinunter, seine Lider schlossen sich, Friede . Dunkelheit. Als er langsam wieder zu sich kam, war sein Kopf schwer wie Blei. Wo war er?

Sonnenschein . Vogelgezwitscher. Er lag da und starrte in den Himmel.

Dann fiel ihm plötzlich alles wieder ein. Die Sitzung, das kleine Zimmer, Felise und der Doktor. Was war geschehen?

Er setzte sich auf und sah sich um. Er befand sich in einem kleinen Gehölz, nicht weit von dem Landhaus. Niemand war in der Nähe. Er zog seine Uhr. Zu seinem Erstaunen zeigte sie halb ein Uhr an. Er sprang auf die Füße und rannte zu dem Landhaus hinüber. Sie mußten Angst bekommen haben. Vielleicht war er aus der Trance nicht aufgewacht, und sie hatten ihn in die frische Luft gebracht?

Er klopfte laut an die Tür des kleinen Hauses. Aber niemand antwortete, alles blieb still.

Sie müssen weggegangen sein, um Hilfe zu holen, dachte er.

Oder sonst? Jack fühlte, wie eine unergründliche Furcht sich seiner bemächtigte. Was war letzte Nacht geschehen?

So schnell wie möglich eilte er zum Hotel zurück. Er wollte gerade ins Büro, als er einen kolossalen Stoß in die Rippen bekam, der ihn fast zu Boden warf. Verärgert drehte er sich um und sah sich einem weißhaarigen älteren Herrn gegenüber, der ihn fröhlich anschnaubte:

»Hast mich nicht erwartet, mein Junge. Hast mich nicht erwartet, was?«

»Aber Onkel George! Ich dachte, du wärst meilenweit weg, irgendwo in Italien!«

»Nein, da war ich nicht. Landete gestern abend in Dover. Ich wollte mit dem Wagen in die Stadt, und auf dem Weg wollte ich dich besuchen. Und was muß ich finden? Die ganze Nacht aus gewesen, hm? Nette Sachen ...«

»Onkel George«, sagte Jack, »ich muß dir die ungewöhnlichste Geschichte der Welt erzählen. Ich wage zu behaupten, daß du sie nicht glauben wirst.«

»Ich werde mich bemühen«, lachte der alte Herr. »Schieß los, mein Junge!«

»Aber ich muß etwas essen. Ich bin am Verhungern.«

Zusammen gingen sie zum Speiseraum, und während einer appetitlichen Mahlzeit erzählte er die ganze Geschichte.

»Und Gott weiß, was aus ihnen geworden ist«, beendete er sie.

Sein Onkel schien am Rande eines Schlaganfalls zu sein.

»Der Krug!« brachte er schließlich hervor. »Der blaue Krug!«

Er brüllte: »Was ist aus dem Krug geworden?«

Jack starrte ihn entgeistert an. Während des Redestroms seines Onkels, der nun folgte, begann er zu begreifen.

»Schmelz, einzig - Edelstein meiner Sammlung - Wert mindestens zehntausend Pfund - Offerte von Hoggenheimer, dem amerikanischen Millionär - nur ein einziges Exemplar in der ganzen Welt - verdammt! Was hast du mit meinem blauen Krug gemacht?«

Jack stürzte aus dem Speisesaal. Er mußte Lavington finden. Die junge Dame im Büro blickte ihn kühl an.

»Dr. Lavington ist gestern nacht abgereist. Er hat eine Nachricht für Sie hinterlassen.« Jack riß das Kuvert auf.

»Mein lieber junger Freund! Ist der Tag des Übernatürlichen vorbei? Nicht ganz, aber Sie sind auch in einer neuen wissenschaftlichen Sprache verkohlt worden. Die besten Grüße von Felise, dem kranken Vater und mir. Wir haben zwölf Stunden Vorsprung. Das sollte ausreichen.

Immer Ihr Ambrose Lavington, Doktor der Seele.«

Das Wespennest

John Harrison kam aus dem Haus, blieb einen Augenblick auf der Terrasse stehen und blickte hinaus auf den Garten. Er war ein großer Mann mit einem hageren, leichenblassen Gesicht. Es wirkte gewöhnlich irgendwie grimmig. Wenn aber, wie jetzt, ein Lächeln seinen mürrischen Ausdruck milderte, hatte er etwas sehr Attraktives an sich.

John Harrison liebte seinen Garten, und der hatte nie schöner ausgesehen als an diesem Augustabend; sommerlich, wenngleich auch schon an den Herbst mahnend. Die Kletterrosen waren noch immer schön, und der süße Duft der Wicken würzte die Luft.

Ein wohlbekannter quietschender Ton veranlaßte Harrison, seinen Kopf abrupt zu wenden. Wer kam denn da durch das Gartentor? Im nächsten Augenblick huschte ein Ausdruck höchsten Erstaunens über sein Gesicht. Diese stutzerhafte Gestalt, die den Weg heraufkam, war die letzte, die er in diesem Teil der Welt erwartet hatte.

»Das ist ja wundervoll!« rief Harrison. »Monsieur Poirot!«

Es war tatsächlich der berühmte Hercule Poirot, dessen Ruf als Detektiv sich in der ganzen Welt verbreitet hatte.

»Ja«, sagte er, »ich bin's. Sie sagten einmal zu mir: >Wenn Sie je in diese Gegend kommen, besuchen Sie mich.< Ich habe Sie beim Wort genommen, und hier bin ich.«

»Und ich bin hoch erfreut«, entgegnete Harrison herzlich. »Setzen Sie sich. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«

Mit einer einladenden Geste deutete er auf einen Tisch auf der Veranda, auf dem eine Anzahl Flaschen stand.

»Ich danke Ihnen«, sagte Poirot und sank in einen Korbstuhl.

»Sie haben wohl keinen Fruchtsaft? Nein, nein, ich dachte es mir schon. Ein wenig klares Sodawasser dann - keinen Whisky.«

Als der andere das Glas vor ihn hinstellte, fügte er mit gefühlvoller Stimme hinzu: »Mein Gott, ist das eine Hitze!«

»Was führt Sie in diesen stillen Ort?« fragte Harrison, als er sich ebenfalls niedersetzte. »Vergnügen?«

»Nein, mon ami, Geschäfte.«

»Geschäfte? In diesem abgelegenen Flecken?«

Poirot nickte feierlich.

»Aber ja, mein Freund. Verbrechen werden überall verübt, nicht wahr?«

Harrison lachte und meinte:

»Ich glaube, das war eine ziemlich dumme Bemerkung von mir. Aber was für ein Verbrechen untersuchen Sie hier? Oder sollte ich danach lieber nicht fragen?«

»Sie dürfen fragen«, erwiderte Poirot. »Ich freue mich sogar, daß Sie sich dafür interessieren.«

Harrison betrachtete ihn neugierig. Er bemerkte etwas Ungewöhnliches im Benehmen des anderen.

»Sie untersuchen also ein Verbrechen, sagen Sie. Einen ernsten Fall?« fügte er zögernd hinzu.

»So ernst, wie es ihn nur gibt.«

»Sie meinen .«

»Mord.«

Hercule Poirot sprach dieses Wort so ernsthaft aus, daß Harrison zurückfuhr. Der Detektiv blickte ihn an, und wieder lag etwas Sonderbares in seinem Gesicht, daß Harrison kaum wußte, wie er weiterreden sollte. Schließlich meinte er: