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»Maria ...«, begann er.

»Nein!« Ihre Stimme war leise, brüchig, aber sie klang gleichzeitig so scharf, das er verstummte.

»Sag nichts. Domenicus weiß nicht, das ich hier bin, und er darf es auch nicht erfahren. Ich habe nicht viel Zeit.« Da war etwas in ihrer Stimme, das ihn erschreckte. Und etwas in ihrem Blick. Er blieb stehen, aber es fiel ihm schwer, sie nicht in die Arme zu schließen, ihre süßen Lippen zu schmecken. Alles, was zwischen Constäntä und jetzt geschehen war, schien nicht mehr da zu sein, als hätte jemand die Zeit dazwischen einfach ausgelöscht.

»Ist es wahr?«, fragte Maria. Vielleicht waren es Tränen, die er in ihren Augen schimmern sah. Vielleicht auch nicht.

»Was?«

»Was Domenicus mir erzählt hat«, antwortete sie mühsam.

»Das du ... ein Hexer bist?«

»Das hat er gesagt?«

»Nicht dieses Wort«, antwortete Maria.

»Aber er hat mir gesagt, das du mit dem Teufel im Bunde bist. Das du schwarze Magie praktizierst und ... und das man dich nicht töten kann.«

»Das glaubst du?« Andrejs Gedanken drehten sich wild im Kreis. Er weigerte sich zu glauben, was er hörte, und er weigerte sich noch viel mehr zu glauben, was er in Marias Augen las. Es war unmöglich. Es durfte nicht sein! Nicht das.

»Ich weiß nicht mehr, was ich noch glauben soll«, antwortete Maria. »Ich weiß, was ich gesehen habe.«

»Und was ... hast du gesehen?«, fragte Andrej stockend. Er machte einen halben Schritt auf sie zu und blieb sofort wieder stehen, als er sah, das sie instinktiv vor ihm zurückwich. Wenn es etwas gab, das noch schlimmer war als der Ausdruck in ihrem Blick, dann die Vorstellung, das sie Angst vor ihm haben könnte.

»Der junge. Frederic. Biehler hat ihn mit einem Messer geschnitten. Die Wunde hat sich wieder geschlossen. Vor meinen Augen. Es war Zauberei. Hexenwerk.«

»Das hat nichts mit Zauberei zu tun«, sagte Andrej, aber Maria hörte ihn gar nicht.

»Du bist genauso wie er, nicht wahr?« Marias Augen färbten sich noch dunkler. Etwas in Andrej schien zu zerbrechen, als er begriff, das sie tatsächlich Angst vor ihm hatte. Das war das Schlimmste. Er hätte mit dem Gedanken leben können, sie niemals wieder zu sehen. Er hätte vielleicht sogar noch damit leben können, zu wissen, das sie seine Liebe nicht erwiderte. Aber die Vorstellung, das sie ihn fürchten könnte, war unerträglich.

»Ja«, sagte er.

»Aber ich bin nicht ...«

»Also ist es wahr. Ihr seid mit dem Teufel im Bunde.«

»Ich weiß nicht, ob es einen Teufel gibt«, antwortete Andrej.

»Aber selbst wenn, haben Frederic und ich nichts mit ihm zu schaffen. Ich könnte dir erklären, was wir sind. Ich hätte es längst tun sollen, aber ich ... ich hatte Angst.«.

»Angst?«

»Das genau das passiert, was jetzt passiert ist«, sagte Andrej.

»Das du es nicht verstehen würdest.« Er hob hilflos die Hände.

»Was wir sind, ist so schwer zu erklären. Ich verstehe es ja selbst nicht genau und ...« Er brach ab. Er fühlte sich nicht nur hilflos, er klang auch so.

»Maria, bitte«, sagte er verzweifelt.

»Wir haben so wenig Zeit, und ich muss dir so viel sagen.«

»Nein«, antwortete Maria. Das Wort traf ihn wie ein Fausthieb und schlimmer noch war vielleicht das, was sie nicht sagte.

»Ich will nichts mehr hören. Ich habe es gesehen, und Domenicus ...«

»Dein Bruder«, unterbrach sie Andrej, »ist hundertmal schlimmer als Frederic und ich es jemals sein könnten.« Etwas warnte ihn, weiterzureden. Er spürte ganz deutlich, das es ein Fehler war, aber zugleich war es ihm vollkommen unmöglich, nicht fortzufahren. Es war, als hätten sich die Worte, einmal aus ihrem Gefängnis befreit, nun vollkommen selbstständig gemacht.

»Er hat Frederics ganze Familie ausgelöscht. Meine gesamte Familie. Das ganze Dorf. Alle. Frederic und ich sind die Einzigen, die übrig sind.«

»Das ist nicht wahr«, sagte Maria. Sie klang eher traurig als erschrocken; als hätte sie etwas gehört, wo mit sie zwar gerechnet, aber fast flehentlich darauf gehofft hatte, es nicht zu hören.

»Diese Menschen wurden fortgebracht, das ist wahr. Aber nur, um über sie zu richten. Um ihren Seelen die Gelegenheit zu geben, sich wieder Gott zuzuwenden.«

»Sie sind tot«, sagte Andrej, so ruhig er konnte.

»Sie sind auf Abu Duns Schiff verbrannt, als dein Bruder es anzünden ließ.« Maria schwieg. Sie starrte ihn an, aber es war Andrej nicht möglich, in ihren Augen zu lesen. Endlich schüttelte sie den Kopf. »Das ist nicht wahr«, sagte sie.

»Vielleicht hat es dir der Mohr so erzählt, aber so war es nicht. Mein Bruder ließ das Schiff angreifen, weil er ein Mörder und Dieb ist, der den Tod verdient hat.«

»Tepesch hat sein Schiff verbrannt«, beharrte Andrej.

»Auf Befehl deines Bruders, Maria. Verbrennt die Hexen! Das war es, was er gerufen hat!«

»Ein Schiff voller Piraten!«

»Dessen Bauch voller Sklaven war«, fügte Andrej hinzu.

»Alle, die aus Constäntä weggebracht wurden. Ich weiß es, Maria. Ich war dabei. Frederic und ich haben es überlebt.« Marias Blick flackerte. Andrej konnte sehen, das ein anderer Ausdruck in ihren Augen lag.

»Nein«, sagte sie.

»Ich glaube dir nicht. Du lügst. Bruder Biehler hat mich gewarnt. Er hat mir gesagt, das du versuchen würdest, Zweifel in mein Herz zu säen.«

»Bruder Biehler«, wiederholte Andrej - in einem Ton, für den er sich selbst hasste.