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Was er damit meinte, war nicht schwer zu begreifen.

«Wenn das so ist«, erklärte Karin vergnügt,»werde ich an der Veranstaltung natürlich nicht teilnehmen, um Sie vor Schaden zu bewahren.«

«Aber nein!«rief Johannes M. Markwart.»Lassen Sie sich um Himmels willen nicht davon beeinflussen. Was kümmert mich geschäftlicher Mißerfolg gegen das Geschenk, mit Ihnen bekannt zu werden, mit Ihnen Kontakt zu bekommen, diesen auszubauen, ihn zu intensivieren bis hin zu einer Verbindung, die gekennzeichnet wäre durch die Rosen, die ich Ihnen auf den Weg streuen möchte.«

Solche Sprüche schüttelte ein Johannes M. Markwart sozusagen aus dem Ärmel. Das gehörte zu seinem Beruf. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß er dies gegenüber Karin Fabrici ohne jede innere Beteiligung getan hätte. O nein, dieses Mädchen sah so toll aus, daß er in der Tat auf Anhieb dazu neigte, ihr allererste Priorität zuzugestehen und alles andere zurückzustellen. Um es anders zu sagen, allgemeinverständlicher: Er hätte sie nur allzu gerne vernascht und war spontan entschlossen, dies anzustreben.

«Ich darf also mit Ihnen rechnen, Gnädigste?«fragte er.

«Wir werden sehen«, antwortete Karin, um der Sache ein Ende zu machen, nickte ihm lächelnd zu und entfernte sich.

Sie hatte von weitem einen gewissen Bademantel erkannt, dessen Träger die Promenade entlangkam, munter mit einer wohlproportionierten rothaarigen Dame plaudernd, mit der er bestens bekannt zu sein schien. Wenn er allein gewesen wäre, hätte es Karin vielleicht so eingerichtet, daß sie mit ihm noch einmal zusammengetroffen wäre. Da er sich aber in Begleitung dieser Rothaarigen befand, störte sie das. Warum eigentlich? Karin wußte es nicht. Sie ging weiter. Das Gespräch mit dem Veranstalter Markwart hatte sie ganz spontan abgebrochen. Frauen oder Mädchen haben oft irgendwelche Empfindungen, über die sie sich selbst keine Rechenschaft abzulegen vermögen.

Wenn sich Markwart darauf verließ, daß das tolle Mädchen, nach dem er da soeben seinen Köder ausgeworfen hatte, heute abend in die Haut einer Miß< schlüpfen würde, um an der Wahl der Schönsten teilzunehmen, war er auf dem Holzweg. Wer nahm denn an so etwas schon teil? Billige Mädchen, verrückte Dinger, die Filmflausen im Kopf hatten. Aber keine Karin Fabrici!

Ansehen wollte sie sich die Veranstaltung aber schon.

Walter Torgau hatte Karin auch entdeckt, als sie mit Markwart gesprochen und dieser es vor aller Augen auf sie angelegt hatte.

«Lola«, hatte er zur Rothaarigen an seiner Seite gesagt,»siehst du das?«

«Was?«

«Wie der Hannes die aufs Korn nimmt?«

Lola blieb stehen, zwang dadurch auch Torgau zum Anhalten und beobachtete mit verengten Augen das Geschäkere des Mannes im weißen Fresko-Anzug mit einem verdammt hübschen Mädchen.

«Was ist denn das für eine?«fragte sie.

«Keine Ahnung«, antwortete Walter Torgau.

Lola schaute wieder. Ein Weilchen blieb es stumm zwischen ihr und Walter. Lolas Miene wurde böse. Daraus ließ sich schließen, daß Lola auf den Mann im weißen Fresko gewisse Rechte zu haben glaubte, die ihr gefährdet erschienen.

«Komm«, sagte sie und wollte Walter am Arm mit fortziehen. -

Er rührte sich aber nicht vom Fleck. -

«Wohin?«fragte er. -

«Zu denen hin. Ich kratze der die Augen aus.«-

«Wieso ihr? Siehst du nicht, wer dort die treibende Kraft ist?«-

Noch einmal wurde Lola zur schweigenden Beobachterin. Nicht — lange jedoch, und sie bekannte sich zur Ansicht Walters. Zähneknirschend sagte sie:»Wenn der glaubt, das mit mir machen zu können, täuscht er sich. Eher bringe ich ihn um.«

«Es ist dir wohl klar, worum's ihm geht«, goß Walter Torgau Öl ins Feuer.

«Sicher! Ins Bett will er mit der, was denn sonst?«

«Und als Einleitung schwebt ihm für heute abend die Wahl dieses Mädchens zur >Miß Nickeroog< vor. Das ist doch seine Tour. Genau so hat er's ja auch mit dir gemacht, erinnere dich doch.«

«Dieser Schuft!«

«Du mußt aufpassen, Lola.«

«Das werde ich auch, darauf kannst du dich verlassen!«»Wie ich dich kenne, wird es dir gelingen, ihm das Konzept zu verderben.«

«Du kennst mich sehr gut.«

«Allerdings sagtest du, daß du ihn notfalls umbringst«, witzelte Walter Torgau, bestrebt, die hauptsächlich von ihm vergiftete Atmosphäre wieder ein bißchen aufzulockern.»Das ginge natürlich zu weit.«

«Ich bringe ihn aber eher um!«entgegnete Lola in vollem Ernst.

«Red keinen Quatsch. Auf so was steht lebenslänglich, Lola.«

«Laß mich mit deinen Paragraphen in Ruh'. Ihr Juristen habt kein Blut in den Adern, sondern Tinte. Außerdem wäre das kein Mord, wie du zu glauben scheinst, sondern Totschlag. Ein bißchen kenne ich mich auch aus.«

«Auch das dir aus dem Kopf zu schlagen, kann ich dir nur raten.«

Lola, die ihren Hannes und das viel zu hübsche Mädchen nicht aus den Augen gelassen hatte, sagte plötzlich ein bißchen erleichtert:»Jetzt geht sie.«

Man konnte sehen, wie Karin sich entfernte. Sie überließ einen passionierten Schürzenjäger seinen Träumen, die diesmal nur als Illusionen zu bezeichnen waren.

Torgau hob die Hand zu einem legeren Gruß.

«Wir müssen uns hier trennen, Lola«, sagte er.

«Wohin willst du?«

«Zur Kurdirektion. Ich habe da noch etwas zu erledigen.«

«Bei deinem Onkel?«

«Oder seiner Frau.«

«Tschüß!«

«Tschüß!«

Lola setzte sich in den nächsten Eispavillon, um ihrem aufgewühlten Inneren Zeit zu geben, sich wieder etwas zu beruhigen. Erst wenn das erreicht sein würde, wollte sie sich ihren Hannes vorknöpfen.

Über dem Haupte Torgaus hing die Drohung, daß bei der Kurdirektion eine Beschwerde über ihn einging. Wenn ja, sollte dies die Direktion nicht ganz unvorbereitet treffen. Walter eilte deshalb mit

langen Schritten um das Kurhaus herum und betrat durch einen Nebeneingang das große Gebäude. An einer Tür im zweiten Stockwerk hing ein Schildchen mit der Aufschrift >Kurdirektor. Privat.< Torgau zögerte davor kurz, grinste, klopfte an und trat mit den Bewegungen eines Mannes, der so etwas gewöhnt ist, in das weite, helle Zimmer, wo ihn eine elegante Vierzigerin empfing. Als die Dame seiner ansichtig wurde, lächelte sie erfreut.

Kapitel 4

Der hereinbrechende Abend sah das weite Rund um die Konzertmuschel und die beiden Podien bereits mit Publikum gefüllt. Auf weißen Stühlen saßen an kleinen, runden Korbtischen die Kurgäste, die in ihren besten Garderoben erschienen waren, in Abendkleidern aus bekannten Modeateliers, in Smokings aus den Werkstätten hochbezahlter Schneider. Pretiosen blitzten, Ringe, Broschen, Ketten. Perlen schimmerten. Die Fülle der Frisuren, der modischen Neuheiten und eleganten Extravaganzen regte zu leisen Gesprächen, zu eifersüchtigen Blicken und getuschelten Debatten des Neides, der Kritik, nur selten des Lobes oder der Bewunderung an. Joviale Herren fortgeschrittenen Alters wandelten durch die Stuhl- und Tischreihen, begleitet von auffallend jungen Damen, die alle ihre Töchter hätten sein können, es aber nicht waren.

Überall hingen an langen, bunten Kordeln Hunderte von Lampions, die ein weiches, mildes Licht über den Ort des Geschehens gossen, auf diese Weise ein farbenfrohes Bild schufen und zusammen mit dem Rauschen des Meeres, den Klängen der Kapelle und dem Stimmengemurmel des Publikums eine Atmosphäre erzeugten, die enthusiastische Besucher feenhaft nannten.

In der Konzertmuschel stand vor seiner Kapelle ein Bandleader, den man genausogut für fünfzig wie für dreißig hätte halten können. Kohlschwarz glänzte sein Haar, kohlschwarz glühten seine Augen. Der typische Südländer. Die Augen waren ein Werk der Natur, die Haare eines der zahlreichen Friseure, die schon damit beschäftigt gewesen waren, sie zu färben.

Benito Romana, der bekannte Tangospezialist.