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«Aber wenn Sie Richard um Hilfe gebeten hätten, hätte er Ihnen doch sicher .»

Timothy lachte sarkastisch auf.

«Das ist nicht meine Art. Unser Vater hatte uns allen einen durchaus angemessenen Teil seines Vermögens hinterlassen -das heißt, wenn wir nicht ins Familienunternehmen einsteigen wollten. Was bei mir nicht der Fall war. Ich bin zu Höherem berufen als zu Hühneraugenpflastern, Entwhistle! Das hat Richard nicht gefallen. Na, und mit den Steuern, dem Wertverlust des Geldes und allem - es ist nicht leicht gewesen, alles aufrechtzuerhalten. Ich musste das Kapital kräftig angreifen. Das ist das Beste, was man heutzutage tun kann. Einmal habe ich Richard gegenüber eine Andeutung fallen gelassen, dass es etwas schwierig wäre, das Haus in Schuss zu halten. Da meinte er, es wäre viel besser für uns, in einem kleineren Haus zu leben. Das wäre einfacher für Maude, sagte er, eine Arbeitserleichterung - Arbeitserleichterung! Ein Unwort! O nein, ich hätte Richard nie um Hilfe gebeten. Aber ich kann Ihnen sagen, Entwhistle, die Sorgen waren gar nicht gut für meine Gesundheit. Ein Mann in meinem Zustand sollte sich keine Sorgen machen müssen. Dann ist Richard gestorben, und obwohl mich das natürlich getroffen hat - schließlich war er ja mein Bruder und alles -, war ich doch erleichtert im Hinblick auf die Zukunft, verstehen Sie. Ja, jetzt wird alles viel besser - das ist eine große Erleichterung. Wir können das Haus streichen lassen, zwei wirklich fähige Leute für den Garten anstellen - für gutes Geld kann man sie noch bekommen. Können den Rosengarten neu anlegen. Und ... wo war ich stehen geblieben ...?»

«Bei Ihren Plänen für die Zukunft.»

«Ach ja - aber damit will ich Sie nicht weiter langweilen. Was mir wehgetan hat - grausam wehgetan -, war Richards Testament.»

«Wirklich?» Mr. Entwhistle sah Timothy fragend an. «Entsprach es nicht ganz Ihren ... Erwartungen?»

«Was denken Sie denn! Natürlich war ich davon ausgegangen, dass Richard nach Mortimers Tod alles mir hinterlassen würde.»

«Ah ... hat er Ihnen das je angedeutet?»

«Er hat es nie gesagt - nie ausdrücklich gesagt. Richard war ja sehr zurückhaltend. Aber er hat sich von uns einladen lassen - bald nach Mortimers Tod. Wollte über Familienangelegenheiten im Allgemeinen reden. Wir haben über den jungen George gesprochen - und über die Mädels und ihre Männer. Er wollte meine Meinung hören - nicht, dass ich ihm viel sagen konnte. Gebrechlich, wie ich bin, komme ich nicht viel raus, und Maude und ich leben sehr zurückgezogen. Aber die beiden haben verdammt dumme Partien gemacht, wirklich verdammt dumme, wenn Sie mich fragen. Na, natürlich bin ich davon ausgegangen, dass er mich als Familienvorstand, der ich nach seinem Tod ja sein würde, um Rat fragte, und natürlich bin ich davon ausgegangen, dass er mir die Handhabe über das Vermögen geben würde. Er hätte sich doch darauf verlassen können, dass ich das junge Volk nicht übergehen und mich auch um die arme Cora kümmern würde. Verdammt noch eins, Entwhistle, ich bin ein Abernethie - der letzte Abernethie. Von Rechts wegen hätte die ganze Kontrolle in meine Hände gehört.»

In seiner Entrüstung hatte Timothy die Decke zurückgeschlagen und sich im Sessel aufgerichtet. Jetzt hatte er gar nichts Schwaches oder Gebrechliches mehr an sich. In Mr. Entwhistles Augen sah er aus wie ein kerngesunder, wenn auch leicht erregbarer Mensch. Da wurde dem Notar klar, dass Timothy Abernethie insgeheim auf seinen Bruder Richard immer neidisch gewesen war. Auf Grund ihrer Ähnlichkeit hatte Timothy dem älteren Bruder seinen starken Charakter und seine Rolle als Vorstand des Familienunternehmens verübelt. Bei Richards Tod hatte er sich Wunschträumen hingegeben, wenigstens jetzt im Alter noch die Macht zu bekommen, über das Leben anderer zu bestimmen.

Aber Richard Abernethie hatte ihm diese Macht nicht gegeben. Hatte er die Möglichkeit erwogen und verworfen?

Ein plötzliches Aufjaulen von Katzen draußen im Garten ließ Timothy aus dem Sessel aufspringen. Er rannte zum Fenster, schob es mit einem Ruck hoch und schrie: «Ruhe da unten!» Dann griff er nach einem dicken Buch und schleuderte es hinaus.

«Verdammte Katzen», murrte er, als er zu seinem Gast zurückkehrte. «Machen die Blumenbeete kaputt, und ich kann das Jaulen nicht ertragen.»

Er sank wieder in seinen Sessel. «Was zu trinken, Entwhistle?», fragte er.

«Nicht so früh am Tag. Maude hat mir gerade einen wunderbaren Tee gemacht.»

Timothy brummte. «Fähige Frau. Aber sie macht zu viel. Kümmert sich sogar um die Eingeweide von unserem alten Auto - ein richtiger Mechaniker ist sie geworden.»

«Sie hat mir erzählt, dass sie auf dem Rückweg von der Beerdigung eine Panne hatte.»

«Ja. Der Wagen hat den Geist aufgegeben. Sie war klug genug hier anzurufen für den Fall, dass ich mir Sorgen mache, aber diese dumme Pute von Zugehfrau hat die Nachricht völlig unsinnig aufgeschrieben. Ich war draußen, um etwas frische Luft zu schnappen - der Arzt hat mir geraten, mich zu bewegen, wann immer mir danach ist -, und als ich von meinem Spaziergang zurückkam, stand da hingeschmiert auf einem Zetteclass="underline" <Die gnä’ Frau entschuldigt Auto kaputt ist Nacht weg.> Natürlich hab ich gedacht, sie wäre noch in Enderby. Hab dort angerufen und gehört, dass Maude am Morgen losgefahren war. Die Panne konnte sie weiß der Teufel wo gehabt haben! Schöne Bescherung. Und die dumme Frau hat mir nur einen lumpigen Makkaroni-Auflauf mit Käse zum Abendessen dagelassen. Ich musste in die Küche gehen und ihn mir selbst aufwärmen - und mir selbst eine Tasse Tee machen -, ganz zu schweigen davon, dass ich mich auch noch um die Heizung kümmern musste. Ich hätte einen Schlaganfall bekommen können - aber die Sorte Frau schert sich nicht um so etwas. So eine doch nicht! Wenn sie etwas Anstand besessen hätte, wäre sie abends wieder hergekommen und hätte mich anständig versorgt. Aber die niederen Stände kennen heutzutage ja kein Pflichtgefühl mehr .»

Bekümmert hing er diesem Gedanken nach.

«Ich weiß nicht, was Maude Ihnen von der Beerdigung und den Verwandten erzählt hat», sagte Mr. Entwhistle. «Cora hat für etwas Betretenheit gesorgt. Sagte munter, dass Richard möglicherweise ermordet worden sei. Vielleicht hat Maude Ihnen davon erzählt?»

Timothy lachte kurz auf.

«Ja, davon habe ich gehört. Alle haben betreten vor sich hin gestarrt und getan, als wären sie schockiert. Typisch Cora! Erinnern Sie sich noch, wie sie als junges Mädchen immer ins Fettnäpfchen getreten ist, Entwhistle? Bei unserer Hochzeit hat sie etwas gesagt, worüber Maude sich schrecklich aufregte, das weiß ich noch. Maude hatte nie viel für sie übrig. Ja, Maude hat mich abends nach der Beerdigung angerufen, um zu hören, ob es mir einigermaßen geht und ob Mrs. Jones gekommen war, um mir das Abendessen zu machen, und dann erzählte sie mir, dass alles sehr gut gelaufen war. Ich fragte sie: <Was ist mit dem Testament?), und sie hat sich ein bisschen gewunden, aber natürlich habe ich die Wahrheit aus ihr rausbekommen. Ich konnte meinen Ohren nicht trauen und war sicher, dass sie sich getäuscht haben musste, aber sie blieb dabei. Das hat mich verletzt, Entwhistle - das hat mich zutiefst gekränkt, wenn Sie wissen, was ich meine. Wenn Sie mich fragen, hat Richard das aus reinem Trotz gemacht. Ich weiß, de mortuis nihil nisi bene, aber wirklich ...»

Über dieses Thema breitete Timothy sich noch eine ganze Weile aus.

Schließlich kam Maude ins Zimmer. «Liebling, ich glaube, Mr. Entwhistle war jetzt lange genug bei dir», sagte sie bestimmt. «Du musst dich ein bisschen ausruhen. Wenn ihr alles besprochen habt ...»

«Aber ja, wir haben alles besprochen. Ich überlasse alles Ihnen, Entwhistle. Lassen Sie mich wissen, wenn sie den Kerl zu fassen kriegen - wenn überhaupt. Ich halte nicht mehr viel von der Polizei heutzutage - die Polizeipräsidenten sind allesamt falsch besetzt. Und Sie kümmern sich um die ... äh ... Beisetzung, nicht wahr? Ich fürchte, wir werden nicht kommen können. Aber bestellen Sie einen teuren Kranz - und später muss natürlich ein richtiger Grabstein gesetzt werden - sie wird doch dort unten beerdigt, nehme ich an? Es wäre ja unsinnig, sie hier nach Yorkshire zu holen, und ich habe keine Ahnung, wo Lansquenet begraben liegt, wahrscheinlich irgendwo in Frankreich. Ich weiß ja nicht, was man auf einen Stein schreibt, wenn jemand ermordet wurde ... Man kann wohl schlecht <In die Ruhe überführt> oder so was sagen. Für die Inschrift wird man sich noch etwas überlegen müssen - etwas Passendes. R.I.P.? Nein, das schreibt man nur bei Katholiken.»