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«Inspector Morton - der in diesem Augenblick durch den Seiteneingang auf die Terrasse getreten ist.»

Michael Shane wirbelte herum.

DREIUNDZWANZIGSTES KAPITEL

I

«Mir wurde gesagt, dass Sie hier sind, Monsieur Poirot», sagte Inspector Morton.

Die beiden Männer schlenderten Seite an Seite über die Terrasse.

«Ich bin mit Superintendent Parwell von Matchfield hergekommen. Dr. Larraby hatte ihn wegen Mrs. Leo Abernethie angerufen, und er ist hergekommen, um sich ein bisschen umzuhören. Der Arzt hat ein paar Zweifel.»

«Und Sie, mein Freund?», fragte Poirot. «Was führt Sie hierher? Sie sind weit fort von ihrem heimatlichen Berkshire.»

«Ich wollte Antwort auf ein paar Fragen bekommen - und die Leute, die sie mir geben können, sind praktischerweise alle hier versammelt.» Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: «Das haben wohl Sie bewerkstelligt?»

«Ja, das habe ich bewerkstelligt.»

«Und als Ergebnis davon erhält Mrs. Leo Abernethie einen Schlag auf den Kopf, der sie bewusslos macht.»

«Dafür dürfen Sie nicht mir die Schuld geben. Wenn sie zu mir gekommen wäre ... Aber das ist sie nicht. Stattdessen hat sie ihren Notar in London angerufen.»

«Und wollte ihm gerade alles sagen, als - zack!»

«Als - wie Sie sagen - zack!»

«Und was hat sie ihm vorher sagen können?»

«Sehr wenig. Sie erzählte ihm nur, dass sie sich im Spiegel ansah.»

«Ach ja», meinte Inspector Morton philosophisch. «Das kann bei Frauen vorkommen.» Er musterte Poirot eingehender. «Hat Ihnen das weitergeholfen?»

«Ja, ich glaube, ich weiß, was sie ihm sagen wollte.»

«Im Rätselraten sind Sie sehr gut, nicht? Das waren Sie im-mer schon. Also, was wollte sie ihm sagen?»

«Verzeihung - ermitteln Sie über den Tod von Richard Abernethie?»

«Offiziell nicht. Aber wenn es natürlich etwas mit der Ermordung von Mrs. Lansquenet zu tun hat ...»

«Es hat etwas damit zu tun, ja. Aber ich bitte Sie, mein Freund, lassen Sie mir noch ein paar Stunden Zeit. Dann werde ich wissen, ob meine Vermutung - meine Vermutung, verstehen Sie - der Wahrheit entspricht. Wenn dem so ist ...»

«Nun, wenn dem so ist?»

«Dann kann ich Ihnen möglicherweise einen konkreten Hinweis geben.»

«Den könnten wir wirklich gut gebrauchen.» In Inspector Mortons Stimme lag eine gewisse Verzweiflung. Dann warf er Poirot einen forschenden Seitenblick zu. «Was haben Sie in der Hinterhand?»

«Nichts. Gar nichts. Weil der Beweis, dessen Existenz ich vermute, möglicherweise nicht existiert. Ich habe ihn lediglich aus verschiedenen Gesprächsfetzen zusammengesetzt. Ich könnte», sagte Poirot wenig überzeugend, «mich irren.»

Morton lächelte.

«Aber das passiert Ihnen nicht sehr oft?»

«Nein. Obwohl ich zugebe - ja, leider muss ich das sagen -, dass es mir ein oder zwei Mal doch passiert ist.»

«Ich muss sagen, ich bin erleichtert, das zu hören! Immer Recht zu haben muss gelegentlich langweilig sein.»

«Der Ansicht bin ich nicht», versicherte Poirot ihm.

Inspector Morton lachte.

«Sie wollen mich bitten, noch keine Verhöre zu führen?»

«Nein, nein, keineswegs. Tun Sie, was Sie zu tun gedachten. Ich nehme an, Sie dachten nicht schon an eine Verhaftung?»

Morton schüttelte den Kopf.

«Dafür sind die Beweise einfach noch nicht stichfest genug. Wir müssen erst die Entscheidung des Staatsanwalts abwarten - und das wird noch lange dauern. Nein, ich möchte nur Aussagen von gewissen Familienangehörigen haben bezüglich ihres Verbleibs am fraglichen Tag - in einem Fall vielleicht mit einer Rechtsmittelbelehrung.»

«Ich verstehe. Mrs. Banks?»

«Sie sind scharfsichtig. Ja. Sie war an dem Tag dort. Ihr Auto stand im Steinbruch.»

«Aber sie wurde nicht gesehen, wie sie tatsächlich am Steuer saß?»

«Nein.»

Nach einer kurzen Pause fügte der Inspector hinzu: «Es spricht nicht gerade für sie, dass sie uns verschwiegen hat, dass sie an dem Tag in Lytchett St. Mary war. Dafür wird sie eine zufrieden stellende Erklärung abgeben müssen.»

«Im Erklären ist sie sehr geschickt», meinte Poirot trocken.

«Ja. Sie ist eine clevere junge Frau. Vielleicht ein bisschen zu clever.»

«Es ist nie klug, zu clever zu sein. Damit liefern Mörder sich selbst der Polizei aus. Ist noch mehr über George Crossfield herausgekommen?»

«Nichts Handfestes. Er ist ein 08/15-Typ. Es gibt viele junge Männer wie ihn, die im Zug, im Bus oder auf dem Fahrrad durch die Gegend fahren. Nach einer Woche oder so fällt es Leuten schwer, sich zu erinnern, ob sie am Mittwoch oder Donnerstag an einem bestimmten Ort waren und jemanden gesehen haben.»

Er zögerte, ehe er weitersprach. «Wir haben eine etwas merkwürdige Information bekommen - von der Mutter Oberin eines Klosters. Zwei ihrer Nonnen waren beim Spendensammeln unterwegs. Offenbar standen sie bei Cora Lansquenet vor der Tür an dem Tag, bevor sie ermordet wurde, aber niemand hat ihnen aufgemacht. Das ist begreiflich - schließlich war sie oben in Nordengland bei der Beerdigung von Abernethie, und die Gilchrist hatte den Tag freibekommen und einen Ausflug nach Bournemouth gemacht. Das Seltsame ist, dass die beiden Nonnen sagten, da sei jemand im Haus gewesen. Sie sagen, sie hätten Stöhnen und Ächzen gehört. Ich habe nachgefragt, ob es nicht einen Tag später war, aber die Mutter Oberin beharrte darauf, dass es genau der Tag war. Offenbar führen sie über solche Sachen Buch. Hat jemand an dem Tag die Chance genutzt und das Haus durchsucht, während beide Frauen weg waren? Und hat dieser Jemand nicht gefunden, wonach er suchte, und ist am nächsten Tag wieder gekommen? Allerdings gebe ich nicht viel auf das Stöhnen und noch weniger auf das Ächzen. Auch Nonnen sind abergläubisch, und ein Haus, in dem jemand ermordet wurde, bietet sich förmlich dafür an, dass man solche Geräusche gehört hat. Die Frage ist - war da jemand, der im Haus nichts zu suchen hatte? Und wenn, wer war’s? Die ganzen Abernethies waren bei der Beerdigung.»

Poirot stellte eine scheinbar unwesentliche Frage. «Diese Nonnen, die da in der Gegend sammelten - sind sie später noch einmal wiedergekommen?»

«Ja, das sind sie - ungefähr eine Woche später. Soweit ich weiß, war das am Tag der gerichtlichen Untersuchung.»

«Das passt», erklärte Hercule Poirot. «Das passt genau.»

Inspector Morton sah ihn fragend an.

«Was hat dieses Interesse an den Nonnen zu bedeuten?»

«Sie sind mir förmlich aufgezwungen worden, ob ich es wollte oder nicht. Es wird Ihnen wohl kaum entgangen sein, Inspector, dass sich der Besuch der Nonnen am selben Tag ereignete, an dem der vergiftete Hochzeitskuchen seinen Weg ins Haus fand.»

«Aber Sie glauben doch nicht ... Das ist ein absurder Gedanke, oder nicht?»

«Meine Gedanken sind nie absurd», sagte Hercule Poirot tadelnd. «Und nun, mon cher, überlasse ich Sie Ihren Fragen und Ermittlungen über den Anschlag auf Mrs. Abernethie. Ich meinerseits begebe mich auf die Suche nach der Nichte des verstorbenen Richard Abernethie.»

«Bitte passen Sie auf, was Sie Mrs. Banks sagen.»

«Ich spreche nicht von Mrs. Banks. Ich spreche von Richard Abernethies anderer Nichte.»

II

Rosamund saß auf einer Bank neben dem Bach, der in einem Wasserfall herabstürzte und dann durch einen Dschungel von Rhododendronbüschen dahinplätscherte. Sie starrte gedankenverloren ins Wasser, als Poirot zu ihr trat.

«Ich hoffe, ich störe keine Ophelia», sagte er, als er sich neben sie setzte. «Sie studieren vielleicht die Rolle gerade ein?»