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Alle waren ganz mit ihrer eigenen unmittelbaren Zukunft beschäftigt.

«Gerade noch davongekommen», dachte George. «Jetzt kann ich das Geld zurückgeben, ohne dass jemand davon erfährt ... Aber es stand Spitz auf Knopf.»

Gregory schloss die Augen und legte den Kopf an die Rük-kenlehne. Der Sklaverei entkommen.

Susan brach das Schweigen mit ihrer klaren, eher spröden Stimme. «Natürlich tut es mir Leid um den armen Onkel Richard, aber schließlich war er doch schon sehr alt, und Morti-mer ist tot, und er hatte nichts mehr, wofür sich noch zu leben lohnte. Und es wäre schrecklich für ihn gewesen, noch jahrelang todkrank weiterzuleben. Für ihn war’s viel besser, so plötzlich abzudanken, ohne viel Aufhebens.»

Ihre harten, zuversichtlichen jungen Augen wurden weicher, als sie die versunkene Miene ihres Mannes betrachtete. Sie liebte Greg über alles. Unbewusst ahnte sie, dass sie Greg weniger bedeutete als er ihr - aber das steigerte ihre Leidenschaft nur noch. Greg gehörte ihr, für ihn würde sie alles tun. Wirklich alles ...

III

Während Maude Abernethie sich zum Abendessen in Enderby umkleidete (sie würde dort übernachten), fragte sie sich, ob sie Helen hätte anbieten sollen, länger zu bleiben, um ihr mit dem Ausräumen des Hauses zu helfen. Da waren Richards persönliche Gegenstände ... vielleicht auch Briefe ... Die wichtigen Unterlagen hatte Mr. Entwhistle wahrscheinlich schon an sich genommen. Außerdem musste sie wirklich so bald wie möglich zu Timothy zurück. Es brachte ihn immer völlig aus der Fassung, wenn sie nicht da war, um ihn zu pflegen. Sie hoffte, dass er sich über das Testament freuen und nicht ärgerlich werden würde. Allerdings wusste sie, dass er erwartet hatte, den Großteil von Richards Vermögen zu erben. Schließlich war er der einzige noch lebende Abernethie. Richard hätte sich wirklich darauf verlassen können, dass er sich um die jüngere Generation kümmern würde. Doch, sie fürchtete, dass Timothy wütend sein würde ... Und das war gar nicht gut für seine Verdauung. Und wenn er sich ärgerte, konnte Timothy auch sehr uneinsichtig sein. Gelegentlich verlor er alles Augenmaß ... Ob sie mit Dr. Barton darüber sprechen sollte? Die Schlaftabletten - in letzter Zeit hatte Timothy viel zu viel davon genommen ... und er wurde wütend, wenn sie das Fläschchen aufbewahren wollte. Aber die Tabletten waren so gefährlich ... das hatte Dr. Barton auch gesagt ... man wurde benommen und vergaß, dass man sie schon genommen hatte ... und nahm noch mal welche. Und dann konnte alles Mögliche passieren! In dem Fläschchen waren auf jeden Fall viel weniger Tabletten, als noch da sein sollten ... Timothy war mit Medikamenten wirklich sehr unvorsichtig. Aber er wollte nicht auf sie hören ... Manchmal war er doch sehr schwierig.

Sie seufzte, aber dann hellte sich ihr Gesicht auf. Jetzt würde alles viel einfacher werden. Der Garten, zum Beispiel ...

IV

Helen Abernethie saß im grünen Salon am Kamin und wartete, dass Maude zum Abendessen erschien.

Sie sah sich um und dachte an die alten Zeiten, die sie mit Leo und den anderen hier verbracht hatte. Es war ein glückliches Haus gewesen. Aber ein solches Haus brauchte Menschen. Es brauchte Kinder und Bedienstete und große Gesellschaften und im Winter ein loderndes Kaminfeuer in jedem Zimmer. Als nur noch ein alter Mann hier lebte, der gerade seinen Sohn verloren hatte, war es ein trauriges Haus gewesen.

Wer es wohl kaufen würde, fragte sie sich. Würde es in ein Hotel umgebaut werden, ein Institut oder vielleicht eine Herberge für junge Leute? Das war es doch, was heutzutage mit großen Herrenhäusern passierte. Niemand kaufte sie, um darin zu leben. Vielleicht würde es ganz abgerissen werden, um Platz für eine Neubausiedlung zu machen. Dieser Gedanke machte sie traurig, aber sie schob das Gefühl resolut beiseite. Es war nicht gut, der Vergangenheit nachzutrauern. Das Haus, die glücklichen Tage hier, Richard und Leo, das war alles sehr schön gewesen, aber es war vorbei. Sie hatte eigene Interessen . Und mit dem Einkommen, das Richard ihr testamentarisch vermacht hatte, würde sie die Villa auf Zypern behalten und all die Dinge tun können, die sie sich vorgenommen hatte.

In letzter Zeit hatte sie sich viele Sorgen um Geld gemacht -die Steuern - die ganzen Investitionen, die fehlgeschlagen waren ... Aber jetzt, dank Richards Geld, waren die Zeiten vorbei.

Der arme Richard. Es war wirklich eine große Gnade gewesen, einfach im Schlaf zu sterben ... Unvermittelt am 22. -wahrscheinlich hatte das Cora auf die Idee gebracht. Cora war wirklich ungeheuerlich! War es immer schon gewesen. Helen hatte sie einmal im Ausland besucht, bald nach ihrer Heirat mit Pierre Lansquenet. An dem Tag war sie besonders dumm und albern gewesen, hatte den Kopf ständig zur Seite gelegt, dogmatische Äußerungen über Malerei abgegeben, insbesondere über die Gemälde ihres Mannes, was ihm zweifellos über die Maßen peinlich gewesen war. Das konnte doch keinem Mann gefallen, wenn seine Frau sich derart lächerlich machte! Und Cora hatte sich immer lächerlich gemacht. Aber das arme Ding, sie konnte ja nichts dafür, und ihr Mann war nicht besonders nett zu ihr gewesen.

Versonnen fiel Helens Blick auf den Strauß Wachsblumen, der auf dem runden Malachittisch stand. Dort hatte Cora vor dem Aufbruch in die Kirche gesessen. Sie hatte in Erinnerungen geschwelgt und im Entzücken, dieses und jenes wiederzuerkennen, und sich offensichtlich so darüber gefreut, wieder in ihrem alten Zuhause zu sein, dass sie völlig den Anlass für dieses Familientreffen aus den Augen verloren hatte.

«Aber vielleicht war sie nur nicht so scheinheilig wie wir ...», dachte Helen.

Cora hatte sich noch nie um Konventionen gekümmert. Das sah man schon an der Art, wie sie mit der Frage herausgeplatzt war: «Aber er ist doch ermordet worden, oder nicht?»

Alle Köpfe hatten sich schockiert zu ihr gedreht. Die Gesichter müssen die unterschiedlichsten Ausdrücke widergespiegelt haben ...

Als Helen die Szene vor sich heraufbeschwor, runzelte sie die Stirn ... In dem Bild stimmte etwas nicht ...

Etwas .?

Jemand .?

War es der Gesichtsausdruck von jemandem? War es das? Etwas, das - wie sollte sie es beschreiben? - nicht dort hingehörte .?

Sie wusste es nicht ... sie konnte es nicht näher benennen ... aber irgendwie hatte irgendetwas nicht ganz gestimmt.

V

Im Bahnhofslokal in Swindon aß unterdessen eine Dame in wallender Trauerkleidung und mit Jett behängt glasierte Rosinenbrötchen, trank dazu Tee und freute sich auf die Zukunft. Sie hatte keine böse Vorahnung. Sie war glücklich.

Diese Zugfahrten quer durchs Land waren doch sehr anstrengend. Es wäre leichter gewesen, über London nach Lytchett St. Mary zurückzufahren - und auch nicht so sehr viel teurer. Geld spielte jetzt ja keine Rolle mehr. Aber dann hätte sie mit der Familie reisen und sich wahrscheinlich die ganze Zeit unterhalten müssen. Viel zu anstrengend.

Nein, es war schon besser, mit der Regionalbahn zu fahren. Diese süßen Brötchen schmeckten wirklich köstlich. Seltsam, wie hungrig Beerdigungen einen machten. Die Suppe in Enderby war vorzüglich gewesen, und das kalte Soufflé auch.

Wie selbstgerecht Leute doch waren - und wie scheinheilig! All die Gesichter, als sie das mit dem Mord gesagt hatte! Wie alle sie angestarrt hatten!

Aber es war richtig, dass sie es gesagt hatte. Doch. Sie nickte, zufrieden mit sich selbst. Doch, es war das Richtige gewesen.

Sie schaute zur Uhr. In fünf Minuten ging ihr Zug. Sie leerte ihre Tasse. Der Tee war nicht sehr gut. Sie verzog das Gesicht.

Einen Augenblick saß sie träumend da, malte sich die Zukunft aus, die sich vor ihr auftat ... Sie lächelte glücklich wie ein Kind.

Endlich würde ihr das Leben richtig Spaß machen ... Als sie zu ihrem Bummelzug ging, schmiedete sie emsig Pläne ...