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Das war die Sache, die Helen Abernethie verstörte, als Sie Ihre berühmte Bemerkung fallen ließen. Irgendetwas kam ihr <merkwürdig> vor. Mir selbst wurde neulich abends bewusst, was in einem solchen Fall passiert - das war, als Rosamund Shane eine überraschende Bemerkung machte. Alle schauen unwillkürlich zu der Person, die spricht. Als Mrs. Leo also sagte, etwas habe <nicht gestimmt>, musste es etwas sein, das mit Cora Lansquenet zusammenhing. Neulich abends, nach dem Gespräch über Spiegelbilder und wie man sich selbst sieht, glaube ich, dass Mrs. Leo vor einem Spiegel saß. Ihr Gesicht ist relativ symmetrisch. Vermutlich dachte sie an Cora, erinnerte sich daran, wie Cora den Kopf nach rechts zu legen pflegte, tat es, schaute in den Spiegel - und da kam ihr das Bild natürlich nicht richtig vor. Schlagartig wurde ihr klar, was am Tag der Beerdigung nicht gestimmt hatte. Sie kam zu dem Ergebnis: Entweder hatte Cora sich angewöhnt, den Kopf auf die andere Seite zu legen - was höchst unwahrscheinlich war -, oder Cora war nicht Cora gewesen. Weder das eine noch das andere schien für sie Sinn zu ergeben. Aber sie war entschlossen, Mr. Entwhistle auf der Stelle von ihrer Entdeckung zu berichten. Eine zweite Person, die stets früh aufsteht, folgte ihr nach unten, und aus Angst, was Helen Abernethie aufdek-ken könnte, schlug sie ihr mit einem schweren Türhemmer auf den Kopf.»

Poirot hielt kurz inne.

«Ich kann Ihnen bereits jetzt sagen, Miss Gilchrist», fuhr er fort, «dass die Gehirnerschütterung, die Mrs. Abernethie erlitten hat, nicht schwerwiegend ist. Sie wird uns bald ihre eigene Geschichte schildern können.»

«Ich habe nichts dergleichen getan», sagte Miss Gilchrist. «Das Ganze ist eine infame Lüge.»

«Das waren damals wirklich Sie», meinte Michael Shane plötzlich. Er hatte Miss Gilchrist unverwandt betrachtet. «Das hätte mir früher auffallen müssen - ich hatte das vage Gefühl, Sie irgendwo schon einmal gesehen zu haben ... aber natürlich schaut man sich ...» Er brach ab.

«Nein, eine Hausdame schaut man sich natürlich nicht genau an.» Miss Gilchrists Stimme zitterte ein wenig. «Domestiken! Dienstmädchen! Eine bessere Putzhilfe! Aber fahren Sie nur fort, Monsieur Poirot. Fahren Sie mit Ihrer fantastisch unsinnigen Geschichte fort!»

«Die Andeutung, es könnte ein Mord gewesen sein, war natürlich nur der erste Schritt», griff Poirot seinen Faden wieder auf. «Sie hatten noch mehr in der Hinterhand. Sie waren jederzeit bereit zu gestehen, dass Sie ein Gespräch zwischen Richard und seiner Schwester belauscht hatten. Was er ihr erzählte, war zweifellos, dass er nicht mehr lange zu leben hatte, und das erklärt auch einen etwas ominösen Satz in dem Brief, den er ihr bei seiner Rückkehr nach Enderby schrieb. Die <Nonne> war eine weitere Ihrer Erfindungen. Die Nonne - oder vielmehr, die Nonnen -, die am Tag der gerichtlichen Untersuchung vor der Haustür standen, brachten Sie auf die Idee, eine Nonne zu erfinden, die Sie verfolgte, und diese Ausrede setzten Sie ein, als Sie hören wollten, was Mrs. Timothy ihrer Schwägerin in Enderby am Telefon sagte. Und auch, weil Sie sie hierher begleiten wollten, um zu sehen, wie sich alles weiter entwickelte. Sich selbst mit Arsen zu vergiften - schwer, aber nicht tödlich -, ist ein altbekanntes Motiv - und ich muss an dieser Stelle anmerken, dass eben dieser Umstand Inspector Mortons Verdacht auf Sie lenkte.»

«Aber das Bild?», wollte Rosamund wissen. «Was für ein Bild ist es denn?»

Bedächtig faltete Poirot ein Telegramm auf.

«Heute Morgen rief ich Mr. Entwhistle an, der ein sehr verantwortungsbewusster Mann ist, und trug ihm auf, nach Stans-field Grange zu fahren und auf Anweisung von Mr. Abernethie selbst» - an dieser Stelle warf Poirot Timothy einen einschüchternden Blick zu - «die Bilder in Miss Gilchrists Zimmer zu durchsuchen und dasjenige vom Hafen in Polflexan mitzunehmen mit der Ausrede, es solle als Überraschung für Miss Gil-christ neu gerahmt werden. Ich trug ihm auf, es nach London zu Mr. Guthrie zu bringen, den ich per Telegramm vorgewarnt hatte. Das rasch hingetuschte Bild von Polflexan wurde entfernt, das ursprüngliche Bild kam zum Vorschein.»

Er hielt das Telegramm hoch. «Eindeutig ein Vermeer. Guthrie.»

Wie elektrisiert stieß Miss Gilchrist einen Schrei aus.

«Ich habe gewusst, dass es ein Vermeer ist. Ich hab’s gewusst! Aber sie hat keine Ahnung gehabt. Das ganze Gerede von Rembrandts und italienischen Primitiven und dabei unfähig, einen Vermeer zu erkennen, der direkt vor ihrer Nase liegt! Ewiges Gefasel über Kunst - und nicht die blasseste Ahnung! Dumm wie Bohnenstroh war sie. Hat ständig von diesem Haus geschwärmt - von Enderby, und was sie als Kinder hier alles gemacht haben, von Richard und Timothy und Laura und allen anderen. Und erstickt im Geld sind sie! Das Beste von allem haben sie immer gehabt, die Kinder. Sie haben ja keine Ahnung, wie geisttötend es ist, jemandem zuzuhören, der Stunde um Stunde, Tag um Tag immer über dasselbe redet. Und zu sagen: <Ach ja, Mrs. Lansquenet?> und <Ach wirklich, Mrs. Lansquenet?> Zu tun, als würde es einen interessieren, und dabei war es öde, öde, einfach öde! Und nichts, worauf man sich freuen kann ... Und dann - ein Vermeer! Neulich habe ich in der Zeitung gelesen, dass ein Vermeer für mehr als fünftausend Pfund verkauft wurde!»

«Sie haben sie umgebracht - auf die grausame Art - wegen fünftausend Pfund?» Susan war fassungslos.

«Mit fünftausend Pfund könnte man einen Teesalon pachten und einrichten», erklärte Poirot.

Miss Gilchrist wandte sich zu ihm.

«Wenigstens Sie verstehen mich», sagte sie. «Das war die einzige Chance, die ich je bekommen würde. Ich musste etwas Kapital haben.» In ihrer Stimme schwang die Obsession ihres Traums mit. «Ich wollte ihn Palm Tree nennen. Und kleine Kamele als Speisekartenhalter. Manchmal kann man wirklich hübsches Porzellan finden - zweite Wahl - und nicht das hässliche weiße Zeug. Ich wollte den Teesalon in einer feinen Gegend aufmachen, wo feine Gäste kommen würden. Ich hatte an Rye gedacht ... oder vielleicht Chichester ... Es wäre bestimmt schön geworden.» Sie schwieg eine Weile, dann fuhr sie verträumt fort: «Eichentische - und kleine Korbstühle mit rotweiß gestreiften Kissen ...»

Einige Sekunden wirkte der Teesalon, den es nie geben würde, realer als die viktorianische Behäbigkeit des Salons in En-derby .

Inspector Morton brach den Bann.

Miss Gilchrist verhielt sich äußerst zuvorkommend. «Aber natürlich», sagte sie. «Sofort. Ich möchte Ihnen keinerlei Schwierigkeiten bereiten. Wenn ich den Palm Tree nicht haben kann, ist alles andere relativ gleichgültig ...»

Sie ging mit ihm aus dem Zimmer.

Susan sagte erschüttert: «Ich hätte mir nie gedacht, dass ein Mörder damenhaft sein könnte. Es ist schrecklich ...»

FÜNFUNDZWANZIGSTES KAPITEL

«Aber ich verstehe nicht, wo da die Wachsblumen hineinkommen.» Rosamund hatte ihre blauen Augen vorwurfsvoll auf Poirot gerichtet.

Sie saßen in Helens Wohnung in London. Helen selbst, der Rosamund und Poirot einen Teebesuch abstatteten, lag auf der Couch.

«Ich verstehe nicht, was die Wachsblumen damit zu tun hatten», wiederholte Rosamund. «Und der Malachittisch.»

«Der Malachittisch hatte nichts damit zu tun, nein. Aber die Wachsblumen waren Miss Gilchrists zweiter Fehler. Sie sagte, wie schön sie sich auf dem Malachittisch machten. Aber sehen Sie, Madame, sie hätte sie nicht dort sehen können. Weil die Blumen zu Bruch gegangen und weggeräumt worden waren, bevor sie mit Timothy und Maude Abernethie nach Enderby kam. Also konnte sie sie nur gesehen haben, als sie in der Rolle von Cora Lansquenet dort war.»