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Und vergessen darüber, daß es nur einer einfachen mutigen Tat bedarf, um unsere Freiheit zu erlangen.

Führe mich in Versuchung!

Der Seelsorger eines Klosters sagte stets, daß Abt Johannes so viel gebetet habe, daß er sich nicht mehr sorgen müsse - seine Leidenschaften seien besiegt worden.

Dieser Ausspruch kam einem der weisen Männer im Kloster Sceta zu Ohren, der seine Novizen nach dem Abendessen zusammenrief.

»Ihr habt gehört, daß Abt Johannes keinen Versuchungen mehr widerstehen muß«, sagte er. »Fehlt aber der Kampf, wird die Seele schwach. Daher laßt uns den Herrn bitten, Abt Johannes eine mächtige Versuchung zu schicken. Und wenn er ihr widersteht, laßt uns um eine weitere und noch eine weitere bitten. Und wenn er erneut gegen die Versuchungen kämpft, laßt uns beten, daß er niemals mehr sagt: >Herr, nimm diesen Dämon von mir.< Laßt uns darum beten, daß er bittet: >Herr, gib mir Kraft, das Böse zu überwinden<«

Leben ist Begeisterung

Es ist wieder Freitag. Du kommst nach Hause, nimmst dir die Zeitungen vor, die du während der Woche nicht lesen konntest. Du machst den Fernseher an, stellst den Ton ab, legst eine Platte auf. Du zappst dich durch die Programme, während du in der Zeitung blätterst und Musik hörst. Die Zeitungen bringen nichts Neues, die Fernsehprogramme zeigen immer das gleiche, und die Platte hast du auch schon zigmal gehört. Deine Frau kümmert sich um die Kinder, opfert ihre besten Jahre, ohne recht zu wissen, warum.

Du entschuldigst dich damit, daß das Leben nun einmal so sei.

Nein, das ist nicht das Leben. Leben ist Begeisterung. Versuche dich daran zu erinnern, wo du deine Begeisterung vergraben hast. Nimm deine Frau und deine Kinder bei der Hand und versuche, die Begeisterung wiederzufinden, bevor es zu spät ist. Liebe hat noch niemanden davon abgehalten, seinem Traum zu folgen.

Play it again!

Angela Pontual, eine Freundin des Wanderers, besuchte einmal eine Theateraufführung am Broadway. In der Pause ging sie ins Foyer, um einen Whisky zu trinken. Das Foyer war voller Menschen, die rauchten, redeten, tranken.

Ein Pianist spielte, doch niemand achtete auf die Musik. Angela nippte an ihrem Drink und sah den Musiker an. Er schien gelangweilt, wirkte so, als würde er nur spielen, weil er mußte, und als könnte er das Ende der Pause kaum erwarten. Nach einem weiteren Whisky wandte sie sich schon etwas beschwipst an den Pianisten.

»Sie sind eine Nervensäge! Warum spielen Sie denn nicht für sich selber?« fuhr sie ihn an.

Der Pianist blickte sie erstaunt an und begann sofort die Stücke zu spielen, die ihm gefielen. Darauf wurde es still im Foyer. Als der Pianist geendet hatte, applaudierten alle begeistert.

Spirituelle Suche und Problemflucht

Der heilige Franziskus von Assisi war ein allseits beliebter junger Mann, als er beschloß, alles aufzugeben und sich seinem Werk zu widmen. Die heilige Clara war eine schöne Frau, als sie das Keuschheitsgelübde ablegte. Der heilige Raimundus Lullus hatte Umgang mit den großen Geistern seiner Zeit, als er sich in die Wüste zurückzog.

Die spirituelle Suche ist eine Herausforderung. Wer sie benutzt, um seinen Problemen zu entfliehen, wird nicht weit kommen.

Dem, der keine Freunde gewinnen kann, tut es nicht gut, sich aus der Welt zurückzuziehen. Das Armutsgelübde abzulegen führt für den zu nichts, der nicht seinen eigenen Lebensunterhalt erwirtschaften kann.

Es macht für einen feigen Menschen keinen Sinn, demütig zu sein.

Etwas besitzen und es aufgeben ist eines. Etwas anderes ist es, etwas nicht zu haben und den zu verdammen, der es besitzt. Es ist für einen impotenten Mann einfach, die absolute Keuschheit zu predigen, doch welchen Wert hat das?

Der Meister sagt:

»Lobe das Werk Gottes. Wachse über dich selbst hinaus, während du dich der Welt stellst.«

Angst

Ein Patient sagte zu seinem Arzt: »Angst beherrscht mein Leben, und die Angst hat mir alle Freude genommen.«

»Hier in meiner Praxis lebt eine Maus, die an meinen Büchern knabbert«, entgegnete der Arzt. »Mach ich zuviel Aufhebens von der Maus, wird sie sich vor mir verstecken, und ich werde nichts anderes mehr tun, als sie zu jagen.

Statt dessen habe ich meine wertvollsten Bücher an einen sicheren Platz gestellt und erlaube ihr, an den anderen zu knabbern.

So bleibt sie eine einfache Maus und wird nicht zu einem Monster.

Richten Sie Ihre Angst auf einige wenige Dinge, dann bleibt Ihnen Mut für das, was wichtig ist.«

Eva und die Eifersucht

Eva ging durch den Garten Eden, als sich ihr die Schlange näherte.

»Iß diesen Apfel«, sagte sie.

Eva lehnte ab, wie Gott ihr geheißen.

»Iß diesen Apfel«, beharrte die Schlange. »Denn du mußt schöner werden als dein Mann.«

»Das brauche ich nicht«, sagte Eva. »Er hat niemanden außer mir.«

Die Schlange lachte. »Von wegen!«

Und da ihr Eva nicht glaubte, führte sie sie auf einen Hügel zu einem Brunnen.

»Sie ist dort in dieser Höhle. Adam hat sie dort versteckt.«

Eva beugte sich über den Brunnen und sah im Wasser ihr Spiegelbild, eine schöne Frau. Da aß sie ohne zu zögern den Apfel, den ihr die Schlange angeboten hatte.

Disziplin

Der Meister sagt:

»Bete jeden Tag. Auch wenn deine Gebete keine Worte haben und um nichts bitten und kaum verständlich sind. Mache es dir zur Gewohnheit zu beten. Wenn es dir anfangs schwerfällt, beschließe für dich selbst: >Ich werde diese Woche jeden Tag beten.< Und erneuere dieses Versprechen jeweils für die nächsten sieben Tage.

Bedenke, daß du damit nicht nur eine engere Verbindung zur spirituellen Welt herstellst. Es trainiert auch deinen Willen. Durch bestimmte Praktiken entwickeln wir die für den Lebenskampf notwendige Disziplin.

Es bringt nichts, wenn du das Versprechen an einem Tag nicht einhältst und am nächsten Tag zweimal betest. Es bringt auch nichts, wenn du sieben Gebete an einem Tag sprichst und glaubst, deine Aufgabe für den Rest der Woche damit erledigt zu haben.

Bestimmte Dinge müssen im richtigen Maß und im richtigen Rhythmus geschehen.«

Kreuzwege

Der Meister sagt:

»Die Wegkreuzung ist ein heiliger Ort. Hier muß der Pilger eine Entscheidung treffen. Daher schlafen und essen die Götter für gewöhnlich an einer Wegkreuzung.

Wo sich Wege kreuzen, konzentrieren sich zwei große Kräfte - die des Weges, der gewählt wird, und die des Weges, der verworfen wird.

Beide werden für einen kurzen Augenblick zu einem Weg.

Der Pilger kann ausruhen, ein wenig schlafen und sogar die Götter befragen. Doch niemand kann für immer dort bleiben: Ist die Wahl einmal getroffen, muß er weitergehen, ohne über den Weg nachzudenken, den er nicht eingeschlagen hat.

Sonst wird die Wegkreuzung zu einem Fluch.«

Im Namen der Wahrheit

Im Namen der Wahrheit hat die Menschheit einige ihrer schlimmsten Verbrechen begangen. Männer und Frauen wurden auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Die Kultur ganzer Zivilisationen wurde zerstört. Diejenigen, die die Sünde begingen, Fleisch zu essen, wurden verbannt. Diejenigen, die einen anderen Weg suchten, wurden an den Rand der Gesellschaft gedrängt.

Einer von ihnen wurde im Namen der Wahrheit gekreuzigt. Doch er hinterließ uns, bevor er starb, die Definition der Wahrheit.