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Logar nickte. »Das stimmt. Sie sind eine Plage, aber normalerweise werden wir ihrer Herr. Aber es ist Brutzeit. Die Hoger sind auch so schon blutgierige Bestien, aber wenn sie brüten, verfallen sie in Raserei. Unter normalen Umständen«, fügte er nach einer winzigen Pause hinzu, als müsse er erst überlegen, ob er diese Information weitergeben durfte, »hätten sie euch nicht angegriffen. Nicht eine so starke und gut bewaffnete Gruppe. Sie gehen kein Risiko ein, wenn es sich irgend vermeiden läßt. Dazu sind sie zu intelligent. Wir ... haben viele gute Männer und Frauen verloren, bevor ihr kamt, und deshalb ...«

»Nicht, Logar.« Skar schüttelte sanft den Kopf, stand auf und legte dem jüngeren die Hand auf die Schulter. »Ich möchte nicht, daß du dich bei mir entschuldigst. Als wir kamen, waren wir mehr tot als lebendig, und ohne eure Hilfe wären wir gestorben.« Ihm fiel plötzlich auf, daß er schon genauso redete, wie es der Rolle, in die Logar ihn hineinmanövriert hatte, zukam. Er zog hastig die Hand zurück. »Was unternehmt ihr gegen die Hoger?« fragte er.

»Nicht viel«, antwortete Logar. »Es ist nicht das erste Mal, daß sie uns so zusetzen, und es wird nicht das letzte Mal sein. Hoger sind keine Feinde, gegen die man Krieg führen könnte. Wir versuchen uns zu schützen, so gut es geht, und warten im übrigen ab. Wenn die Jungen geschlüpft sind, werden sie sich wieder beruhigen.«

»Und wie lange wird das dauern?«

Logar hob andeutungsweise die Schultern. »Wir wissen nicht sehr viel über sie«, bekannte er. »Aber es werden nicht mehr als einige wenige Wochen sein. Hier in Went sind wir sicher. Nicht einmal die Hoger würden es wagen, uns hier anzugreifen.«

Diesmal war Skar ehrlich verblüfft. »Ihr ... wißt nichts über die Hoger?« fragte er. »Wir wissen einiges«, schränkte Logar ein, »doch nicht genug, um wirksam gegen sie vorgehen zu können. Du kennst Cearn noch zu wenig«, fuhr er mit einem sanften Lächeln fort, als er den ungläubigen Ausdruck auf Skars Gesicht registrierte, »sonst würdest du verstehen, was ich meine.« Er sah sich suchend um und hob einen dünnen Ast vom Boden auf.

»Sieh«, sagte er. Er ging in die Hocke, glättete mit der Hand ein Stück des feinen weißen Sandes zu seinen Füßen und zeichnete ein langgestrecktes, an einer Seite nahezu waagerecht abgeflachtes Oval. »Cearn«, erklärte er. »Ihr habt die Wüste durchquert und seid an dieser Stelle in den Wald eingedrungen.« Er zog mit dem Ende des Stockes eine dünne gestrichelte Linie, die mit dem spitzen Ende des Ovals verschmolz, wechselte den Stab von der Rechten in die Linke und markierte mit dem Daumen zwei flache Markierungen. »Went und lpcearn«, erklärte er. »Ipcearn? Es gibt eine zweite Stadt?«

Logar nickte. »Ja und nein«, sagte er ausweichend. »Ipcearn ist keine Stadt wie Went, aber für den Augenblick mag diese Erklärung durchaus reichen.«

Skar zerbrach sich für einen Moment den Kopf über den Sinn von Logars Worten und beugte sich dann achselzuckend über die primitive Zeichnung. Die beiden Städte lagen weit auseinander - Went nahe an der vorderen Begrenzung des Waldes, sicher nicht mehr als drei oder vier Stunden von seinem westlichen Rand entfernt, Ipcearn fast am entgegengesetzten Ende Cearns. Del und er mußten auf ihrem Weg dicht daran vorübergeschritten sein, aber das besagte nichts. Er hatte das nahezu unglaubliche Talent dieses Volkes, mit der Natur zu verschmelzen und sich unsichtbar zu machen, schon zur Genüge kennengelernt. Sie wären auch in wenigen Schritten Entfernung an Went vorübergegangen, ohne überhaupt zu bemerken, daß es hier eine Stadt gab, hätten sie nicht Coar und ihre Reiterinnen als Führer gehabt. Legte man die Strecke, die sie bis hierher zurückgelegt hatten, als Maßstab zugrunde, so war der Wald von Cearn nicht allzu groß; einen, anderthalb Tagesritte vielleicht in seiner längsten Ausdehnung, immer noch gewaltig für eine Oase, aber nicht so groß, wie er bisher vermutet hatte.

»Was ist auf der anderen Seite?« fragte er mit einer entsprechenden Geste. »Auch Wüste?«

Logar nickte. »Cearn ist auf allen Seiten von Wüste umschlossen, Skar. Und niemand weiß, was dahinter liegt, wenn dies deine nächste Frage ist. Keine unserer Expeditionen kam weit genug, um das Geheimnis der Nonakesh zu ergründen - falls es eines gibt.«

Skar hatte mit einemmal das Gefühl, daß Logar ihm nicht die ganze Wahrheit sagte. Aber er zog es vor, zu schweigen und abzuwarten. Wenn Logar ihm vertraute, würde er ihm früher oder später alles sagen, was er ihm jetzt vielleicht noch verschwieg. Wenn nicht, würden ihm auch Fragen nicht weiterhelfen. »Ich weiß; daß dir meine Worte seltsam erscheinen mögen, nach allem, was du erlebt und von Coar erfahren hast«, fuhr Logar nach kurzem Zögern fort, »aber du wirst sie gleich besser verstehen. Die Hoger leben nicht in Cearn. Würden sie ein Gebiet des Waldes bewohnen, dann wäre es ein leichtes, ihre schwache Stelle herauszufinden und die Gefahr ein für allemal zu beseitigen. Aber ihr eigentlicher Lebensraum ist die Wüste. Sie kommen nur von Zeit zu Zeit hierher und überfallen uns. Sie leben dort draußen, in großen, weitverzweigten Höhlen, einem Labyrinth, das uneinnehmbarer als die stärkste Festung ist.«

»Ihr kennt diese Höhlen?«

Logar nickte. »Ein paarmal haben wir versucht, sie auszukundschaften, aber diese Versuche kosteten vielen tapferen Männern und Frauen das Leben und brachten so gut wie keinen Nutzen, so daß wir es schließlich aufgaben und uns darauf beschränkten, sie uns vom Hals zu halten, so gut es ging. Es mag dir seltsam vorkommen, aber wir wissen nicht viel von unseren ärgsten Feinden. Sie haben einen Verbündeten, dem wir nicht gewachsen sind - die Wüste. Solange sie dort draußen sind, sind sie unangreifbar.«

Skar erhob sich aus der unbequemen, hockenden Stellung, in der er Logars Worten gefolgt war, sah noch einmal sinnend auf die Zeichnung vor sich im Sand und dann zu den dunklen Punkten im Westen hinüber. Sie waren nicht näher gekommen, hatten sich aber auch nicht entfernt, sondern schienen über einer bestimmten Stelle zu kreisen, wie es Geier oder anderes Raubzeug tut.

»Diese Hoger«, sagte er nach kurzem Überlegen, »was sind sie wirklich?« Er spürte, daß er sich mit dieser Frage auf ein gefährlich dünnes Eis hinauswagte, aber das Bild, das ihm Coar gezeigt hatte - die Khtaäm -, ging ihm nicht aus dem Sinn. Es war zu real gewesen, um ein bloßer Alptraum zu sein.

»Was sie sind?« wiederholte Logar, als verstünde er den Sinn der Frage nicht. »Vögel, Monster, Drachen, Dämonen - ich habe eine Menge Erklärungen gehört, seit ich sie das erste Mal gesehen habe, aber wenn ich ehrlich sein soll, hat mich keine befriedigt.«

»Etwas von allem«, antwortete Logar nach kurzem Zögern. »Sicher sind sie Vögel, aber sie sind intelligent und böse. Sie und die Khtaäm sind unsere ärgsten Feinde. Eigentlich sogar unsere einzigen. Cearn könnte ein Paradies sein, wenn sie nicht wären. Aber es ist nicht immer so schlimm wie jetzt. Außerhalb der Brutzeit lassen sie uns in Ruhe. Manchmal beschränken sie sich monatelang darauf, über dem Wald zu kreisen und von Zeit zu Zeit ein Reh oder ein streunendes Pferd zu schlagen. Aber wir haben genug über Hoger und den Tod geredet, für den Augenblick. Deinem Freund geht es besser, höre ich?«

Skar nickte, wenn er auch in Wirklichkeit lieber mehr über die geflügelten Todesboten erfahren hätte, statt mit Logar Konversation zu machen. Er haßte es, über einen Feind nichts zu wissen.

Und Logar hatte ihm nicht alles gesagt, das spürte er. Aber er respektierte auch die Tatsache, daß man hier nur ungern über dieses Thema zu reden schien. »Ich habe ihn noch nicht gesehen, seit ich aufgewacht bin«, sagte er. »Aber wenn man Thorandas Worten glauben darf, so hat er das Schlimmste überstanden.«

»Du kannst ihr glauben«, versicherte Logar lächelnd. »Sie versteht sehr viel von der Heilkunst. Ich hoffe, ihr werdet bald kräftig genug sein, nach Ipcearn zu reisen.«

»Ipcearn?«