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Skar nickte. »Trotz der Bemühungen deines Freundes, ja.«

»Ist er ...?«

»Tot«, bestätigte Skar. »Aber wir haben ihn nicht getötet, wenn du das wissen wolltest.«

Mergell schwieg einen Moment. »Ihr hättet niemals hierherkommen dürfen«, sagte er dann.

Skar zuckte scheinbar unbeeindruckt mit den Achseln. »Wahrscheinlich hast du recht«, sagte er gleichmütig. »Aber wir sind nun einmal hier. Ich beneide dich nicht um deine Aufgabe, Mergell. Was willst du jetzt tun?« Er wies mit einem Kopfnicken auf die Krieger rechts und links des Weges und lächelte spöttisch. »Uns töten lassen?«

»Nur, wenn es sein muß«, antwortete Mergell. »Ich habe Befehl, euch nach Ipcearn zu bringen. Dich, deinen Freund, Bernec - alle, die mit euch in der Wüste waren. Keinem wird ein Leid geschehen, wenn ihr euch fügt.«

»Und wenn nicht?« lächelte Skar. »Du kannst uns umbringen, aber dann würdest du ganz Cearn in Brand setzen. Und du weißt es. Gib auf, Mergell. Du magst im Augenblick in der besseren Position sein, aber ich habe dir schon einmal erklärt, daß der, der einen Kampf gewinnt, nicht unbedingt der Sieger sein muß.«

»Du verstehst nichts«, sagte Mergell gequält. »Du und dein Freund - ihr seid aus dem Nichts gekommen und zerstört unsere Welt. Ich sollte dich töten, gleich auf der Stelle, selbst wenn es mein eigenes Leben und das vieler anderer kostet. Aber es würde nichts mehr ändern. Ich könnte es dir befehlen, aber ich tue es nicht - ich bitte dich, Skar. Komm mit mir nach Ipcearn. Wir sorgen dafür, daß ihr dann unser Land unbeschadet verlassen könnt.«

Skar schüttelte sanft den Kopf. »Es ist zu spät, Mergell. Es spielt keine Rolle mehr, was mit Del und mir geschieht.«

Mergell schwieg eine Weile. »Ich glaube, du hast recht«, murmelte er dann niedergeschlagen. »Aber mir bleibt keine Wahl. Verstehst du das?«

Skar nickte wortlos und ließ sich aus dem Sattel fallen. Drei, vier Pfeile zischten über den Rücken des Tieres hinweg, ein weiteres Geschoß bohrte sich Zentimeter neben ihm in den Boden. Skar rollte zur Seite, sprang auf die Füße und warf sich mit weit ausgebreiteten Armen in die Reihe der Bogenschützen. Ein gellender, vielstimmiger Schrei zerriß die Stille. Bogensehnen sirrten, und Menschen und Tiere schrien getroffen auf. Skar schleuderte einen Krieger zu Boden, duckte sich unter einem Schwertstreich weg und packte einen zweiten Mann, um ihn wie einen lebenden Schutzschild vor sich zu halten. Ein Pfeil sirrte heran und bohrte sich mit dumpfem Klatschen in die Brust des Soldaten.

»Hört auf! Aufhören, habe ich gesagt!« schrie Mergell. Aber seine Stimme ging im Crescendo des Kampfes unter.

Plötzlich schien auf dem Platz neben dem Tor die Hölle loszubrechen. Mehr als die Hälfte von Bernecs Streitmacht war schon dem ersten Pfeilhagel zum Opfer gefallen, aber die Überlebenden wehrten sich mit dem Mut von Verzweifelten. Schwerter blitzten auf, und das dumpfe Krachen von Stahl, der auf Fleisch und Knochen traf, mischte sich mit den gellenden Schreien der Sterbenden. Skar schleuderte den toten Krieger von sich, zertrümmerte den Schild eines weiteren Angreifers mit einem wütenden Fußtritt und riß seine Waffe aus dem Gürtel. Silbernes Sternenlicht blitzte auf der schmalen Klinge des Tschekal auf. Das Schwert schnitt mit einem hellen, reißenden Geräusch durch Holz und Leder, zertrümmerte Schwerter und Schilde und barst durch Brustpanzer und Helme. Skar dachte in diesem Moment nicht mehr. Für Augenblicke verwandelte er sich in eine tobende Kampfmaschine, einen schwarzen, aus den tiefsten Schlünden der Hölle emporgestiegenen Rachedämon, der durch die Reihen der Ipcearner brach und eine blutige Spur von Tod und Verderben zurückließ. Sein Schwert schuf einen flirrenden, tödlichen Halbkreis aus blitzenden Lichtreflexen und Blut, tötete, zerschlug, verstümmelte. Aufhören! dachte Skar verzweifelt. Ich mußaufhören! Das ist Wahnsinn!! Aber er hörte nicht auf, sondern kämpfte weiter und tötete Mann auf Mann, als wäre er in einem unseligen, blutigen Rausch gefangen. Und tief, tief in ihm, schien eine leise, dunkle Stimme zu lachen.

Er schrie, rammte einem Krieger, der sich todesmutig in seine Bahn warf, das Schwert bis zum Heft in die Brust und tötete einen zweiten durch einen Ellbogenstoß. Er merkte nicht, daß der Kampf rings um ihn herum verebbte, daß es schließlich nur noch er war, der auf die längst verängstigten und zurückweichenden Soldaten eindrang und Mann auf Mann erschlug.

Und dann stand er Mergell gegenüber. Die Krieger, die seinem Toben entronnen waren, hatten ihre Waffen weggeworfen und sich ergeben. Es gab jetzt nur noch sie beide, ihn und Mergell. Was nun kam, ging nur noch sie an, so, wie der ganze Kampf von Anfang an im Grunde nur ein Kampf zwischen ihnen beiden gewesen war. »Gib auf«, flüsterte Skar. »Du hast verloren.«

Mergell schüttelte den Kopf. »Nein, Skar«, antwortete er. »Diesmal nicht. Diesmal hast du verloren.« Sein Gesicht zuckte. Plötzlich begann er zu lachen. Er sprang zurück, riß den Säbel mit beiden Händen über den Kopf und drang mit einem gellenden Schrei auf Skar ein.

Skars Klinge zuckte in einer Bewegung vor, die zu schnell war, als daß das menschliche Auge ihr folgen konnte. Mergells Waffe war plötzlich verschwunden; seine Handgelenke blutige, zuckende Stümpfe. Das Tschekal beschrieb einen flimmernden Halbkreis, krachte mit ungeheurer Wucht auf Mergells Helm herab und spaltete seinen Schädel fast bis zur Brust herab.

Irgend jemand schrie; ein heller, hysterischer Ton, der irgendwo weit jenseits der Grenze normalen Entsetzens vibrierte. Skar trat zurück, schloß die Augen und atmete hörbar aus. Die Waffe entglitt seinen Fingern und polterte zu Boden. Er wankte, drehte sich mühsam um und ging mit schleppenden Schritten auf Coar und Bernec zu.

Coars Augen waren unnatürlich geweitet. Sie zitterte, und ein lautloses, schmerzhaftes Schluchzen ließ ihren Körper erbeben. Sekundenlang starrte sie wie hypnotisiert auf Mergells Leichnam, riß sich dann mit sichtlicher Anstrengung los und sah Skar an. Aber in ihrem Blick lag nur Angst. Angst und etwas, das schlimmer war.

»Seid ihr nun zufrieden?« fragte Skar leise. »Ihr wolltet doch wissen, wie ein Satai kämpft. Ihr wolltet es doch sehen, oder?« Plötzlich schrie er auf, riß Bernec mit einer brutalen Bewegung zu sich heran und zwang ihn, Mergells Leichnam anzusehen. »Sieh es dir an, Bernec!« brüllte er. »Sieh es dirgenau an! Das war es doch, was ich euch beibringen sollte, oder?« Er versetzte ihm einen Stoß, der ihn vorwärtstaumeln und auf die Knie fallen ließ, packte ihn bei den Haaren und schleuderte ihn in die Blutlache, die den Boden neben Mergells Leichnam dunkel färbte. Bernec schrie auf, sprang hoch und fuhr sich angeekelt durchs Gesicht. »Was ist los mit dir?!« zischte Skar. »Angst? Oder ekelst du dich nur? Schau dich ruhig um, Bernec. Was du siehst, ist nur ein kleiner Vorgeschmack von dem, was du erleben wirst. Das hier ist dein Weg, die Zukunft, die du deinem Volk zugedacht hast.«

Bernec wimmerte. »Hör auf«, keuchte er. »Hör auf, hör auf, hör auf. Ich ...«

»Oh, nein«, sagte Skar. »Ich werde nicht aufhören. Ich habe noch nicht einmal richtig angefangen, Bernec. Du willst den Krieg. Die Revolution, Freiheit für dein Volk! Dann sieh sie dir an, deine Freiheit!!!«

»HÖR AUF!!« kreischte Bernec mit überschnappender Stimme.

»Du widerst mich an. Du ... du verdammtes Ungeheuer!«

Skar lachte, versetzte ihm einen Stoß vor die Brust, der ihn erneut zu Boden stürzen ließ, und ging wortlos davon.

22.

Die Dunkelheit lastete wie eine schwarze, undurchdringliche Mauer vor den schmalen Fenstern. Auf dem Boden brannte eine kleine Öllampe, aber ihr Licht verbreitete keine Wärme, sondern nur trübe Helligkeit, die das finstere Schweigen ringsum noch zu vertiefen schien. Skar war lange durch Went geirrt, bis er schließlich hierher, zu Thorandas Haus, zurückgekehrt war. Das Gebäude erschien ihm größer und kälter als zuvor, ein gigantisches schweigendes Grab, noch einer von zahllosen Orten, die er betreten und über die er Tod und Leid gebracht hatte. Es war ganz egal, wohin er kam - alles, was er berührte, schien zu verderben, zu zerbrechen oder sich ins Gegenteil zu verkehren. Es hatte mit ihrem Marsch in die Wüste begonnen, aber erst jetzt begriff er, daß es kein Zufall war, sondern daß er einen bösen Fluch mit sich herumschleppte. Die Nonakesh hatte sie nicht freigelassen, sondern ausgespien, damit sie wie ein schleichendes Gift nach Cearn gelangen und das Werk vollenden konnten, das sie vor Jahrhunderten begonnen hatte.