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Faile und Maighdin saßen zusammen etwas abseits, verzierte Silberbecher in Händen. Sie schienen einander auf den Zahn zu fühlen, äußerlich lächelnd, aber doch mit einer gewissen Schärfe in den Augen, ein Hinweis darauf, daß sie auf etwas hinter den Worten lauschten, aber nicht darauf lauerten, ob sie sich im nächsten Moment umarmen oder die Dolche ziehen würden. Nun, er glaubte, daß die meisten Frauen nicht soweit gehen würden, tatsächlich den Dolch zu ziehen, aber Faile könnte es. Maighdin schien sich weitgehend von der Reise erholt zu haben, hatte sich inzwischen gewaschen und gekämmt und den Staub von ihrer Kleidung geklopft. Auf einem kleinen Tisch mit einer Mosaikoberfläche zwischen ihnen standen mehrere Becher und ein Silberkrug, der den Geruch von herbem Minztee verströmte. Beide Frauen sahen sich um, als er eintrat, und sie wiesen einen Augenblick fast die gleichen Mienen auf, kühle Verwunderung darüber, wer sich da hereindrängte, und überhaupt nicht erfreut über die Unterbrechung. Zumindest milderte Faile ihre Miene sofort durch ein Lächeln.

»Meister Gill hat mir Eure Geschichte erzählt, Herrin Dorlain«, sagte er. »Ihr habt harte Zeiten durchgestanden, aber seid versichert, daß Euch hier nichts geschehen kann, bis Ihr Euch zu gehen entschließt.« Die Frau murmelte über den Rand ihres Bechers hinweg einen Dank, aber sie roch wachsam und versuchte, ihn mit ihrem Blick wie ein offenes Buch zu lesen.

»Maighdin hat mir ihre Geschichte auch erzählt, Perrin«, sagte Faile, »und ich möchte ihr ein Angebot machen. Maighdin, Ihr und Eure Freunde habt bedrückende Monate durchgestanden und mir gesagt, daß Ihr keine Aussichten auf Besserung seht. Warum tretet Ihr nicht alle in meinen Dienst ein? Ihr werdet weiterhin reisen müssen, aber die Umstände werden weitaus angenehmer sein. Ich zahle gut, und ich bin keine strenge Herrin.« Perrin zeigte sich sofort einverstanden. Wenn Faile ihren Launen nachgehen wollte, indem sie Heimatlose aufnahm, wollte er diesen Leuten auch helfen. Vielleicht wären sie zudem bei ihm sicherer, als wenn sie allein umherzogen.

Maighdin verschluckte sich an ihrem Tee und hätte beinahe den Becher fallen lassen. Sie sah Faile blinzelnd an, während sie mit einem spitzengesäumten Leinentaschentuch die Flüssigkeit von ihrem Kinn tupfte, und ihr Stuhl knarrte leise, als sie sich seltsamerweise zu Perrin umwandte. »Ich ... danke Euch«, sagte sie schließlich zögernd. »Ich denke...« Sie blickte Perrin weiterhin prüfend an und sprach dann weiter. »Ja, ich danke Euch, und ich nehme Euer freundliches Angebot gerne an. Ich muß es sogleich meinen Begleitern erzählen.« Sie erhob sich, zögerte, bevor sie ihren Becher auf das Tablett stellte, und richtete sich dann nur auf, um ihre Röcke in einem Hofknicks auszubreiten, der jedem Palast zur Ehre gereicht hätte. »Ich werde versuchen, Euch eine gute Dienerin zu sein, Herrin«, sagte sie ruhig. »Darf ich mich zurückziehen?« Auf Failes Erlaubnis hin vollführte sie erneut einen Hofknicks und wich zwei Schritte zurück, bevor sie sich umwandte und ging! Perrin kratzte sich den Bart. Noch eine Frau, die es auf ihn abgesehen hätte, wann immer Faile sich umdrehte.

Der Zelteingang war kaum hinter Maighdin zugefallen, als Faile ihren Becher absetzte, auflachte und mit den Fersen auf den Teppich trommelte. »Oh, ich mag sie, Perrin. Sie hat Mut! Ich wette, sie hätte dir über jene Banner hinweg den Bart versengt, wenn ich dich nicht gerettet hätte. O ja. Mut!«

Perrin brummte. Das war genau das, was er brauchte — noch eine Frau, die ihm den Bart versengte. »Ich habe Meister Gill versprochen, mich um sie zu kümmern, Faile, aber... Kannst du dir vorstellen, was Lini gesagt hat? Sie wollte, daß ich Maighdin mit diesem Burschen Tallanvor verheirate. Sie einfach verheirate, egal, was sie sagen! Sie hat behauptet, die beiden wollten es.« Er goß Tee in einen Silberbecher und ließ sich auf den von Maighdin verlassenen Stuhl fallen, ohne auf sein alarmierendes Knarren unter seinem plötzlichen Gewicht zu achten. »Auf jeden Fall ist dieser Unsinn nur die geringste meiner Sorgen. Meister Gill sagt, die Seanchaner hätten Amador eingenommen, und ich glaube ihm. Licht! Die Seanchaner!«

Faile legte die Fingerspitzen aneinander und starrte darüber hinweg ins Leere. »Vielleicht ist es genau das«, sann sie. »Die meisten Diener arbeiten besser, wenn sie verheiratet sind. Vielleicht sollte ich es arrangieren. Und auch für Breane. So wie sie hier herausgestürmt ist, um diesen großen Burschen abzufangen, sobald ihr Gesicht gesäubert war, vermute ich, daß sie bereits verheiratet sein sollten. Ihre Augen schimmerten. Ich will ein solches Verhalten bei meinen Dienern nicht, Perrin. Es führt nur zu Tränen und Beschuldigungen und Schmollen.«

Perrin starrte sie an. »Hast du mir zugehört?« fragte er leise. »Die Seanchaner haben Amador eingenommen! Die Seanchaner, Faile!«

Sie zuckte zusammen — sie hatte wirklich darüber nachgedacht, diese Frauen zu verheiraten! — und lächelte ihn dann belustigt an. »Amador ist noch weit entfernt, und wenn wir diesen Seanchanern begegnen, wirst du gewiß mit ihnen fertig werden. Immerhin hast du mich gezähmt, nicht wahr?« Das behauptete sie, obwohl er niemals ein Anzeichen davon bemerkt hatte.

»Sie sind vielleicht ein wenig schwieriger, als du es warst«, sagte er trocken, und sie lächelte erneut. Sie roch aus einem unbestimmten Grund höchst erfreut. »Ich erwäge, Grady oder Neald loszuschicken, um Rand zu warnen, egal was er gesagt hat.« Sie schüttelte heftig den Kopf, und ihr Lächeln schwand, aber er fuhr fort. »Wenn ich wüßte, wie ich ihn finden könnte, würde ich es tun. Es muß eine Möglichkeit geben, ihm eine Nachricht zukommen zu lassen, ohne daß jemand etwas davon erfährt.« Rand hatte darauf noch nachdrücklicher beharrt als auf der Geheimhaltung um Masema. Perrin war aus Rands Umgebung verbannt worden, und niemand sollte wissen, daß zwischen ihnen noch etwas anderes als Feindschaft geblieben war.

»Er weiß es, Perrin. Dessen bin ich mir sicher. Maighdin hat überall in Amador Taubenschläge gesehen, aber die Seanchaner haben ihnen anscheinend keinen zweiten Blick gegönnt. Inzwischen hat jeder Händler, der in Amador Handel betreibt, davon gehört, und die Weiße Burg ebenfalls. Glaub mir, Rand muß es auch erfahren haben. Du mußt darauf —vertrauen, daß er am besten weiß, was zu tun ist. In diesem Fall weiß er es.« Sie war sich dessen nicht immer so sicher.

»Vielleicht«, murmelte Perrin verärgert. Er versuchte, sich nicht um Rands geistige Gesundheit zu sorgen, aber Rand ließ Perrin, wenn er am mißtrauischsten war, wie ein argloses Kind wirken. Wie weit vertraute ihm Rand? Er hielt Dinge zurück und hatte Pläne, die er niemals verlauten ließ.

Perrin atmete geräuschvoll aus, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und trank einen Schluck Tee. Tatsächlich aber hatte Rand, ob wahnsinnig oder nicht, recht. Wenn die Verlorenen ahnten, was er vorhatte, oder wenn die Weiße Burg es ahnte, würden sie eine Möglichkeit finden, ihm Steine in den Weg zu legen. »Zumindest kann ich den Augen-und-Ohren der Burg weniger Grund zum Reden geben. Dieses Mal werde ich das verdammte Banner verbrennen.« Und den Wolfskopf ebenfalls. Er mußte vielleicht einen Lord spielen, aber er konnte es ohne ein verdammtes Banner tun!

Faile schürzte die vollen Lippen und schüttelte leicht den Kopf. Sie glitt von ihrem Stuhl, kniete sich neben ihn und nahm seine Hand. Perrin erwiderte ihren ruhigen Blick bedachtsam. Wenn sie ihn so intensiv ansah, so ernst, wollte sie ihm etwas Wichtiges mitteilen. Entweder das oder ihn kräftig zurechtweisen. Ihr Geruch vermittelte ihm nichts. Er versuchte aufzuhören, sie riechen zu wollen. Er konnte sich in ihrem Geruch nur zu leicht verlieren, und dann würde sie ihn zurechtweisen. Eines hatte er seit ihrer Heirat gelernt: Ein Mann brauchte seinen ganzen Verstand, wenn er mit einer Frau zu tun hatte. Und nur allzu häufig genügte nicht einmal das. Frauen taten ebenso gewiß wie Aes Sedai, was sie wollten.