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— Das bringt mich durcheinander, wenn Sie mich unterbrechen, ich verliere meinen Gedanken, das ist nicht nötig, daß Sie das tun. Portwein, ach ja, und Bücher habe ich besorgt, er wollte alles lesen, und Kräuter und Henna und die Affen, diese unglückseligen Affen, die habe ich aufgetrieben. Das war eine Mühe …

— Affen?

— Und den Lehrer, der so wichtig für ihn wurde, den habe ich gefunden.

— Affen und Lehrer? Warte.

— Und Kundalini, sogar Kundalini habe ich …

— Warte, warte, warte! Wer ist Kundalini? Wovon redest du?

— Sie haben mich gefragt nach Beispielen.

— Erkläre sie mir.

— Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie Kenntnis von dieser Sache haben müssen.

— Wer von uns beiden hat mehr Verstand?

— Der Einfall mit diesem Brief, es ist sinnlos, die Hitze ist mir in den Kopf gestiegen.

— Nicht doch, Naukaram-bhai, nicht doch. Sie irren sich! Es ist höchst sinnvoll, es ist notwendig! Dieser Einfall ist der beste Einfall, den Sie seit langer Zeit gehabt haben. Sie haben zu mir gefunden, das ist gut, und nun haben wir einen weiten Weg vor uns, wir müssen geduldig sein, ich bringe Sie ans Ziel, vertrauen Sie mir. Erzählen Sie etwas anderes, etwas, auf das Sie stolz sind.

— Einen Lehrer zu finden, der etwas taugte, das war nicht so leicht. Burton Saheb hat sich auf mich verlassen, nachdem er es zunächst allein probiert hatte. Er hat bei seinen Leuten nach einem Munshi gefragt. Die konnten ihm nicht helfen. Sie kannten nur einfache Munshi, die schön schreiben können und einige heilige Texte kennen.

— Natürlich. Wer will schon wirklich etwas lernen.

— Burton Saheb wünschte, von einem wirklichen Gelehrten unterrichtet zu werden. Ich will nicht jemandem gegenübersitzen, sagte er, der jede dritte Frage nicht beantworten kann. Zuerst erkundigte ich mich in der Bibliothek des Maharaja. Dort wurde ich auf einen Brahmanen hingewiesen, dessen Gelehrsamkeit in ganz Gujarat berühmt sei, der hervorragend die Sprache der Angrezi spreche. Ich suchte ihn in seinem Haus auf, er wohnte nicht weit von der Bibliothek entfernt, in einem Eckhaus mit kleinen Balkons auf beiden Seiten, ein schönes Haus. Aber sehr klein, kaum breiter als eine Kuh. An der Stirnseite war die Tür, sie war offen, weil unten ein Barbier sein Geschäft hatte, neben der Treppe. Ein schmaler, langer Laden, er hatte gerade Platz genug, hinter seinem Kunden zu stehen. Ich mußte schmunzeln, als ich den Lehrer sah. Er hatte seine Haare seit Jahrzehnten nicht mehr geschnitten. Weder seine Kopfhaare noch seinen Bart. Er ließ mich warten, obwohl ich ihm hatte ausrichten lassen, in welcher Angelegenheit ich ihn aufsuchen werde. Das ärgerte mich, die Überheblichkeit dieser Menschen. Der Lehrer war sehr unordentlich, überall lagen Bücher herum. Ich konnte durch die offene Tür in das zweite Zimmer sehen. Stapel von Büchern, aufgeschlagene Bücher, ich konnte den Boden kaum sehen. Seine Frau war freundlich. Sie bot mir Tschai an, servierte mir frisch gemachte Puranpolis. Ich habe mich gerächt an diesem selbstgefälligen Lehrer, ich habe sie alle aufgegessen.

— Wie viele?

— Wie viele was? Puranpolis? Was kümmert es Sie oder irgend jemand anderen, wie viele Puranpolis ich vor acht Jahren gegessen habe?

— Das war vor acht Jahren?

— Wie viele Puranpolis haben Sie denn gegessen? Letztes Jahr? Was wollen Sie?

— Beruhigen Sie sich. Ich wollte Sie nur etwas entspannen.

— Ich bin entspannt. Ich habe erzählt, Sie bringen mich immer wieder zu Fall.

— Meine Frage war nicht so unnütz, wie Sie meinen. Ich habe etwas Wichtiges erfahren, etwas, das ich von Anfang an hätte wissen sollen. Sie haben von acht Jahren gesprochen. Bedeutet das, Sie waren acht Jahre im Dienst dieses Saheb?

— Fast, ich mußte von Anglestan zurückreisen, das dauert Monate, so etwas wissen Sie nicht, glauben Sie, ich wäre auf den Flügeln von Garuda zurückgeflogen?

— Acht Jahre, hervorragend. Diese Auskunft, diese Zahl, werde ich in den Anfang meines Schreibens einflechten, das hört sich gewichtig an: Naukaram, acht Jahre lang ein treuer Diener, ein enger Vertrauter des berühmten Offiziers der Ehrenwerten Ostindischen Gesellschaft, Burton Saheb.

— Berühmter Offizier. Wofür denn berühmt? Er ist in Schimpf und Schande nach Hause geschickt worden, so wie ich später. Er hat bei den Seinen den Ruf eines Unberührbaren.

— Diesen Eindruck hatte ich bislang aber nicht.

— Schreiben Sie auf, was ich Ihnen sage, genau das, was ich Ihnen sage? Oder fügen Sie hinzu, was Ihnen durch den Kopf geht?

— Ich habe gerade eben aus dem Stegreif gesprochen, beruhigen Sie sich, ich habe diesen Satz als Beispiel vorgetragen, Sie sind zu nervös, Sie atmen nicht richtig.

— Nein, über meine Atmung werden wir jetzt nicht sprechen. Wir machen weiter. Der halbe Nachmittag ist schon vorbei, ich habe keine Zeit, wir müssen weiterkommen. Ich wurde zu dem Lehrer vorgelassen. Endlich. Ich mußte achtgeben, nicht auf eines der Bücher zu treten. Er war ein kleiner Mann, aber als er zu reden begann, wurde er allmählich größer. Er fragte mich aus, so als würde ich einen Gefallen von ihm erbitten. Alles wollte er über meinen Herrn wissen. Es drängte mich, ihm zu sagen, er habe kein Recht auf solche Fragen. Etwas hielt mich zurück. Er war ein altehrwürdiger Mann. Der Lohn schien ihn nicht zu interessieren, ich habe ihm zwanzig Rupien im Monat angeboten. Er hat keine Regung gezeigt, ich wußte nicht, ob er mich gehört hatte. Ich hatte erwartet, daß er sich erfreut zeigt über den Auftrag. Nein, ich muß Ihnen sagen, diese Leute sind überheblich und stolz. Er war nicht gleich einverstanden, Burton Saheb zu unterrichten. Er stimmte nur einem Treffen mit ihm zu. Ich befürchtete schon, er würde darauf bestehen, Burton Saheb solle ihn besuchen. Diese Menschen vergessen sich manchmal, sie denken, der Geist besitze Macht. Er überlegte ein wenig, dann besann er sich der Ordnung der Dinge. Wir vereinbarten sein Kommen für den übernächsten Tag.

8.

EIN OZEAN DES WISSENS

Burton wollte seinen Augen nicht trauen. Vor ihm stand ein kleiner Mann, breitbeinig, das Gesicht leuchtend, der Bart lang und weiß, die Augenbrauen gräulich, das Haar am Hinterkopf zu einem Zopf gebunden — es war der merkwürdige Kauz, der sie kurz vor der Landung in Bombay an der Reling so forsch angesprochen hatte. Ein Gnom fast, dessen Stirn sein Alter glättete. In seinen Augen lauerte eine verschmitzte Weisheit. Respektiere alles, legte sie nahe, und nimm nichts zu ernst. Ein Kobold als Hofnarr. Er hätte sich bestens als Figur in das Relief eines Hindu-Tempels eingefügt. Wenn es regnete, würde das Wasser über sein rundes Bäuchlein plätschern. Wie bekommt Ihnen das Feindesland? Der Kauz hatte ihn ebenso schnell wiedererkannt. Wie oft fluchen Sie über den Kommandanten, der Sie nach Baroda eingeteilt hat? Deswegen treffen wir uns heute, antwortete Burton, ich will dem Ennui entkommen, indem ich lerne. Ennui? Sie mögen ungewöhnliche Wörter? Sie müssen Sanskrit lernen. Die Welt ist erschaffen aus den einzelnen Silben dieser Sprache. Alles stammt vom Sanskrit ab, nehmen Sie das Wort Elefant, auf Sanskrit Pilu, wo besteht denn die Ähnlichkeit, werden Sie fragen, folgen Sie mir, nach Iran, dort wurde daraus Pil, weil die Perser kurze Endvokale ignorierten; im Arabischen wurde aus dem Pil ein Fil, denn das Arabische kennt kein P, wie Sie bestimmt wissen, und die Griechen, die hängten gerne ein — as an alle arabischen Begriffe, gekoppelt mit einer Konsonantenverschiebung haben wir schon ein elephas, und von dem ist es nur noch ein etymologischer Katzensprung zum Elefanten, wie Sie ihn kennen. Ich sehe, wir werden uns vergnügen. Übrigens, was bedeutet Ennui? Er ließ kein Schweigen aufkommen, es sprudelte weiter aus diesem alten Mann heraus, kaum daß die letzten Silben von Burtons Erklärung verklangen. Upanitsche ist mein Name, Sie haben ihn schon gehört, nun schreiben Sie ihn nieder, Upa-nitsche, in Devanagari-Schrift, so werde ich erkennen, wie es mit Ihren Kenntnissen bestellt ist.