— Wo kamen diese Frauen denn her?
— Die meisten wurden den Sklavenhändlern abgekauft, denen wir begegneten, und manche schlossen sich einem der Männer an, weil er sie oder die Eltern der Frau überzeugt hatte, mit Geld oder mit seiner Zunge. Das waren Paarungen, die länger hielten, denn wer seine Frau kaufte, der wußte nicht, was er kaufte, und keinem erging es so schlecht wie dem armen Mann, dem die Frau mit dem Namen ›Weißichnicht‹ zuteil wurde. Sie war gebaut wie ein Bulle, wie ein prächtiger, glänzender Bulle, den zu besitzen jeder Mann stolz wäre, deswegen hatte sie sechs Stoffe und eine große Rolle Messingdraht gekostet, Said bin Salim hatte sie erworben und sich sogleich die Finger an ihr verbrannt, denn sie war zänkischer als ein alter, einsamer Büffel. Da sie von den Menschen stammte, die sich Knochenscheiben durch die Oberlippe stecken, stand ihre Lippe wie der Schnabel einer Ente ab. Schon ihr Anblick flößte jedem von uns Respekt ein, ihr Verhalten aber versetzte uns in Furcht. Said bin Salim reichte sie zwar an den kräftigsten unter den Trägern weiter, an einen Mann namens Goha, aber auch er war gegen sie machtlos, sie behandelte ihn von Anfang an mit Verachtung, und ich weiß nicht, ob sie ihn nächtens wärmte, aber ich weiß, was jeder von uns wußte, sie bescherte dem armen Goha bald einen und bald darauf ein Dutzend Nebenbuhler. Sie zerbrach jeden Gegenstand, den man ihr gab, damit sie ihn nicht tragen mußte, sie brachte die ganze Karawane durcheinander, wir redeten über kaum etwas anderes, jeder verdächtigte den anderen, sie insgeheim zu begehren, denn so erstaunlich es klingen mag, meine Brüder, je hochfahrender sie sich verhielt, desto lüsterner wurden wir. Ihr hättet ihre festen Arme und ihre festen Schenkel sehen müssen, zwischen ihnen lag das Paradies, so dachten wir, und dieser Gedanke, dieser Anblick, er hatte viele staubige einsame Schritte Zeit, in uns aufzugehen. Nichts, was sie tat, konnte löschen, was in uns brannte, nicht ihre Beleidigungen, nicht ihre Schroffheit. Sie lief fast jeden Abend weg, und jedesmal wurde sie wieder eingefangen, von Männern, die sich zu dieser verhaßten Aufgabe freiwillig gemeldet hatten, und nachdem sie zurückgebracht worden war, zeigte sie weder Reue noch Scham. Sie war so einmalig, so einmalig schwierig, jedes Boot, auf dem sie fuhr, würde untergehen. Und so beschloß Said bin Salim schließlich, sie gegen einige große Säcke Reis an einen Araber in Kazeh einzutauschen, und das war das schlechteste Geschäft, das dieser erfahrene Händler in seinem ganzen Leben gemacht hat, denn am nächsten Morgen erschien er bei uns und klagte bitterlich, sie habe ihm den Schädel eingeschlagen. Wir lachten und lachten und waren froh, sie losgeworden zu sein, doch insgeheim träumten unsere Lenden davon, wie es gewesen wäre, in ihren Armen zu liegen.
— Solche Träume kenne ich, sie vergehen so langsam wie Brandwunden.
— Wie eine Schwellung am Kopf!
— Es müssen neue Träume an die Stelle treten.
— Es muß eine neue Frau kommen, und die alte ist weggewischt wie der Abdruck eines Blattes.
— Zeige mir den Abdruck eines Blattes, Baba Ilias.
— Genau das will ich sagen, du Steinkopf, die Erinnerung an die Frau ist plötzlich so flüchtig wie der Abdruck eines Blattes.
— Irgend etwas stimmt mit dir nicht, Baba Ilias, du mußt immerzu erklären, was du eigentlich sagen willst.
— Das hängt allein von den Zuhörern ab, Baba Yusuf. Wer nicht verstehen will, der stolpert über seine eigenen Fragen.
— Kommt näher, meine Brüder, kommt näher. Salim ist zu Bett gegangen, und die Drohungen, die gelegentlich auf uns herabprasseln, sind verstummt, was auch immer der Grund dafür sein mag, wir sollten uns der Segnungen erfreuen, solange wir können. Es gibt unter euch keinen, der nicht wüßte, ich bin von meiner ersten Reise mit einer Frau zurückgekehrt, mit einer jungen Frau, die es mir angetan hatte von dem ersten Augenblick an, als ich sie sah, am Fluß, wo sie mit den anderen Mädchen des Dorfes unsere Sachen wusch. Der Morgen duftete nach erwachenden Pflanzen, nach Blüten im Tau, und ich hatte nichts zu tun, ich hatte keine Arbeit, meine Füße trugen mich zum Fluß, auf Umwegen, ich zwängte mich durch eine Böschung, und auf einmal stand ich am Wasser, und nicht weit von mir entfernt waren die jungen Frauen des Dorfes, gebückt schlugen sie Kleidungsstücke gegen einen Stein, der im Wasser lag, flach wie ein Tisch. Ich sage, die Frauen des Dorfes, aber eigentlich meine ich nur eine Frau, die meinen Blick gefangennahm. Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen, aber was ich sah, das erfreute mich so sehr, ich wollte es so lange anschauen, wie ich nur konnte. Ich bewegte mich nicht, ich starrte auf diese Frau, deren Körper glänzte von all den Wassertropfen, die von den ersten ausgelassenen Sonnenstrahlen des Morgens umspielt wurden, ihre Haut war dunkel, so dunkel wie meine, und ihre Bewegungen waren so kräftig und so fest wie die meinen damals. Lange stand ich am Ufer, gefangen von dem Anblick dieses Mädchens, bis ich mich traute, näher zu treten. Ich hatte nicht bedacht, die Mädchen könnten mich nicht bemerkt haben, ich war überrascht, als das erste Mädchen, das mich erblickte, einen spitzen Schrei von sich gab, und alle anderen wirbelten umher im Wasser, als seien sie Fische, die nach einem Bissen schnappen. Ich blieb stehen, meine Hände versuchten mich zu entschuldigen, alle Frauen drehten sich um, damit sie mich beäugen konnten, sie wandten sich ab, um ihre Scham zu schützen, sie waren aufgeregt und erschrocken, und das eine Mädchen, das es mir angetan hatte, es gab sich bescheiden, und doch blickte es mich unvermittelt mit lächelnden Augen an, und in diesem Augenblick lag die größte Aufgabe meines Lebens. Ich wollte diese Augen für immer ansehen dürfen, nicht nur das, ich wollte dieses Mädchen mit den lächelnden Augen für immer besitzen. Wer bist du? fragte eines der älteren Mädchen. Ich bin Sidi Mubarak Bombay, sagte ich, der Führer der Karawane. Ach, sagte die junge Frau, die es mir angetan hatte, dann sind das deine Kleidungsstücke, die wir hier waschen? Und sie hob die Hose hoch, die sie gerade in ihren Händen hielt, und ließ sie baumeln, und die Mädchen lachten, und ich lachte mit ihnen, weil es nichts anderes gab, was ich tun konnte, und weil das Lachen einen Menschen schöner macht, und ich mußte meinem abgenutzten Gesicht so viel Schönheit verleihen, wie ich nur konnte. So etwas trage ich nicht, sagte ich, als das Lachen ausdünnte. Soso, rief eines der anderen Mädchen, du bist wohl nicht so wichtig, du darfst die Kleider der Herren noch nicht tragen. Sie sind unbequem, stammelte ich. Was trägst du denn, Mann von der Küste? fragte das Mädchen, das es mir angetan hatte. Ein Tuch, so wie dieses hier, und wenn es kalt wird, oder an Feiertagen, trage ich eine Kanzu. Vielleicht wasche ich gerade für dich, rief ein anderes Mädchen aus, und es hielt eine Kanzu hoch. Ich bin dir dankbar, sagte ich, selbst wenn diese Kanzu vielleicht nicht die meinige ist. Laß uns tauschen, sagte das Mädchen, das es mir angetan hatte, und die beiden knüllten die Stoffe zusammen und warfen sie sich zu, und die Rufe und das Gelächter der anderen Mädchen zogen sich zusammen zu einem stürmischen Geschrei, aus dem ich ausgeschlossen war. Prüf doch erst einmal, ob sie ihm überhaupt paßt, rief eines der anderen Mädchen. Und mein Mädchen ließ die Kanzu auseinanderfallen, hielt sie mit ausgestreckten Armen vor sich und beäugte mich über den Kragen hinweg. Ich kann das so nicht abschätzen, rief es. Und die Rufe der anderen Mädchen durchnäßten mich wie dichter Regen, ich konnte sie nicht auseinanderhalten, die vielen Rufe der Anfeuerung und Herausforderung. Geh doch zu ihr, hörte ich, hast du etwa Angst, hörte ich, laß dich messen, hörte ich, er traut sich nicht ins Wasser, hörte ich, und auf einmal stand ich vor dem Mädchen, das es mir angetan hatte und das eine weiße Kanzu in den Händen hielt. Ich versuchte zu lächeln, aber die junge Frau heulte auf mit flatternder Zunge, wie es die Menschen in dieser Gegend bei Beerdigungen tun, und das Lachen um mich herum brauste noch mehr auf, als sie mit ihrer lautesten Stimme rief: Ach, ist der klein. Und tatsächlich, es war mir nicht aufgefallen, sie war größer als ich, um einiges größer als ich, und da die Kanzu ihr fast bis zur Nasenspitze reichte, konnte sie nicht meine Kanzu sein, und mein Herz schrumpfte, weil es so schön gewesen wäre, wenn sie mir meine Kanzu entgegengehalten hätte. Paß auf, rief ein anderes Mädchen, der fällt durch diese Kanzu hindurch, das Lachen war inzwischen zu einem Wasserfall geworden, an einem reißenden Fluß. Doch das Mädchen, das vor mir stand, kein schönes Mädchen, die Nase etwas schief und etwas lang, das Kinn zu spitz, doch ein Mädchen, wie ich es noch nie gesehen hatte, die Augen zwei hüpfende und springende und tollende Dik-Dik, es lachte nicht mehr, es blickte mich mit leicht geneigtem Kopf nachdenklich an, die Kanzu glitt nach unten, der Blick, in den wir uns verhedderten, war wie ein Palmwedeldach, das uns vor dem niederprasselnden Lachen schützte. Wir standen da, bis eines der Mädchen die anderen wieder zur Arbeit rief und das Mädchen vor mir sich kopfschüttelnd umdrehte, so wie alle anderen Mädchen mir auf einmal den Rücken zukehrten und sich bückten, um Kleidungsstücke aus dem Wasser zu ziehen. Ich konnte nicht dort stehenbleiben, als sei ich eine Weide, ich mußte mich zurückziehen, obwohl ich sie, die es mir angetan hatte, noch stundenlang hätte betrachten können.