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Sanft legte ihm Murchison die Hand auf die Brust und beugte sich näher zu ihm herüber. „Vielleicht wird ja alles gar nicht so schlimm, wie wir es uns jetzt noch ausmalen“, beruhigte sie ihn. „Ehrlich gesagt, kann ich mir nichts und niemanden vorstellen, der dich verändern könnte, wenn du dich nicht verändern lassen willst. Dafür bist du viel zu dickköpfig. Deshalb sollten wir es meiner Meinung nach einfach drauf ankommen lassen. Aber jetzt laß uns mal das Ganze vergessen, damit wir wenigstens noch etwas schlafen können.“

Sie lächelte ihn zärtlich an und fügte hinzu: „Endlich.“

Conway hatte die Erlaubnis erhalten, sich im Kontrollraum auf dem Platz für außerplanmäßige Besucher zu setzen — eine Ehre, die nicht zum Monitorkorps gehörendem Personal nur selten zuteil wurde —, und betrachtete den Hauptbildschirm, als die Trennelgon aus dem Hyperraum im gogleskanischen Sternsystem auftauchte. Der Planet selbst war ein bläulicher, von Wolkenstreifen umgebener Ball, der aus dieser Entfernung genau wie all die anderen Planeten der Föderation aussah, auf denen warmblütigen Sauerstoffatmern das Leben möglich war. Doch galt Conways Hauptinteresse den intelligenten Lebensformen dieses Planeten, und das stellte er so diplomatisch wie möglich klar.

Der Captain, ein orligianischer Major des Monitorkorps namens Sachan-Li, knurrte ihn entschuldigend an, was der Translator folgendermaßen übersetzte: „Tut mir leid, Doktor. Über die wissen wir nichts, und über die Grenzen des Landeplatzes hinaus besitzen wir auch keine weiteren Kenntnisse über diesen Planeten. Wir sind vom Vermessungsdienst abgezogen worden, um die vorhandenen gogleskanischen Sprachdaten zur Verarbeitung zum Haupttranslator im Orbit Hospital zu bringen und um Sie und das Translatorprogramm hierherzulegen.“

Nach an einer kurzen Pause fuhr der Captain fort: „Sie an Bord zu haben, Doktor, stellt für uns eine höchst willkommene Abwechslung von der Eintönigkeit eines sechsmonatigen Kartographieeinsatzes in Sektor zehn dar, und ich hoffe, wir haben Ihnen mit unseren Fragen nicht allzusehr zugesetzt.“

„Überhaupt nicht, Captain“, antwortete Conway. „Ist eigentlich die Umrandung des Landeplatzes gesichert?“

„Nur durch Drahtgeflecht, Doktor, um die nichtintelligenten Gras- und Aasfresser davor zu bewahren, von unserem Heckstrahl gebraten zu werden. Wie ich gehört habe, statten die Einheimischen der Basis hin und wieder einen Besuch ab, aber ich habe noch nie einen gesehen.“

Conway nickte und wandte sich dann wieder dem Bildschirm zu, auf dem jetzt die wichtigsten natürlichen Merkmale des Planeten sichtbar wurden. Mehrere Minuten lang sagte er nichts, weil Sachan-Li und die übrigen Offiziere — ein kleiner Nidianer mit rotem Fell und zwei Terrestrier — mit den letzten Checks zur Vorbereitung der Landung beschäftigt waren. Er beobachtete, wie der Planet über den Bildschirmrand hinauswuchs und sich seine Oberfläche allmählich von einer senkrechten Wand vor dem Schiff in den Boden darunter verwandelte.

Die Trennelgon, die die Form eines Überschallgleiters hatte, flog rüttelnd durch die obere Atmosphäre und verlor dabei mit abnehmender Höhe an Geschwindigkeit. Unter ihr glitten Meere und Gebirge sowie grüne und gelbe Wiesen dahin, die immer noch normal, vertraut und ähnlich wie auf der Erde aussahen. Dann verschwand der Horizont auf einmal am unteren Bildschirmrand. Die Trennelgon stieg wieder empor, verlor an Geschwindigkeit und näherte sich immer langsamer mit dem Heck voran dem Boden, um zur Landung anzusetzen.

„Würde es Ihnen etwas ausmachen, dem Kommandanten des Stützpunkts dieses Sprachprogramm zu geben, Doktor?“ fragte Sachan-Li, nachdem das Schiff aufgesetzt hatte. „Wir sollen Sie nämlich hier nur absetzen und sofort wieder starten.“

„Überhaupt nichts“, antwortete Conway und verstaute das kleine Päckchen in einer Tasche seiner Uniform.

„Ihre persönlichen Sachen befinden sich bereits in der Luftschleuse, Doktor. Es war mir ein Vergnügen, Sie kennengelernt zu haben“, verabschiedete sich der Captain.

Die Trennelgon startete nicht sofort, aber die vom Heckfeuer herrührende Hitze spürte Conway sogar noch heiß im Nacken, als das Schiff einen Kilometer hinter ihm abhob. Er setzte seinen Weg auf die drei dicht beieinander stehenden Halbkugeln fort, bei denen es sich um die Unterkünfte handelte, die normalerweise für provisorische Stützpunkte mit einem Minimum an Personal benutzt wurden. Weil seine Habseligkeiten leicht in einen Rucksack und eine große Tragetasche paßten, hatte er für sein Gepäck keinen G-Schlitten benutzt, aber da die Abendsonne sehr warm auf ihn niederschien, hielt er es für angebracht, die Tasche für einen Augenblick abzustellen und sich auszuruhen — zumal die Dringlichkeit seines Auftrags gleich Null war.

Erst jetzt ging ihm die Fremdartigkeit dieses Planeten auf.

Er blickte nach unten auf die Erde, die nicht von der Erde stammte, auf Gras, das sich auf feine Weise von den terrestrischen Wiesen unterschied, und auf Gestrüpp, wilde Blumen, Pflanzen und ferne Bäume, die ungeachtet äußerer Ähnlichkeiten das Ergebnis eines grundverschiedenen Evolutionsprozesses waren. Als ihn das Gefühl des Eindringens überkam, das er immer bei solchen Anlässen verspürte, ergriff ihn trotz der Hitze ein leichtes Frösteln, und er dachte an die weniger feinen Unterschiede, die sich bald an der dominanten Lebensform dieses Planeten offenbaren würden. Schließlich nahm er die Tragetasche vom Boden auf und setzte sich wieder in Bewegung.

Als er noch einige Minuten vom größten der drei kuppelförmigen Gebäude entfernt war, glitt bereits dessen Haupteingang auf, und eine Gestalt kam auf ihn zugeeilt, um ihn zu begrüßen. Der Mann trug die Uniform und die Rangabzeichen eines Lieutenant der Kulturkontaktabteilung des Monitorkorps, aber keine Mütze — entweder handelte es sich bei ihm um einen von Natur aus schlampigen Menschen oder um einen der Akademiker des Korps, die es zumeist als Zeitverschwendung empfanden, sich um Uniformen oder etwaige andere Kleidungsstücke zu kümmern. Er war kräftig gebaut, hatte an der Stirn bereits lichtes Haar und äußerst lebhafte Gesichtszüge.

Obwohl er noch etliche Meter von Conway entfernt war, stellte er sich bereits vor: „Ich bin Wainright. Sie müssen der Arzt vom Orbit Hospital sein. Doktor Conway, stimmt's? Haben Sie das Sprachprogramm mitgebracht?“

Conway nickte und griff mit der linken Hand in die Uniformtasche, in der sich das Päckchen befand. Als er dem Lieutenant die rechte Hand zum Gruß anbot, wich Wainright sofort einen Schritt zurück.

„Nein, Doktor“, sagte er in entschuldigendem, aber bestimmtem Ton. „Jemandem die Hand zu geben oder irgendeine andere Art der Körperberührung herzustellen, müssen Sie sich hier abgewöhnen. So etwas macht man auf diesem Planeten allenfalls unter ganz bestimmten und äußerst seltenen Umständen, und die Einheimischen empfinden es als. nun ja, als höchst beunruhigend, wenn sie uns dabei beobachten. Aber Ihre Tasche sieht ziemlich schwer aus. Wenn Sie die auf den Boden stellen und sich dann ein Stück davon entfernen könnten, würde ich mich freuen, sie für Sie tragen zu dürfen.“

„Das schaffe ich schon selbst, danke“, entgegnete Conway abwesend. Ihm gingen gleich mehrere Fragen auf einmal durch den Kopf, die sich alle regelrecht darum zu drängeln schienen, als erste ausgesprochen zu werden. Schließlich setzte er sich in Richtung auf die Kuppel in Bewegung, wobei der neben ihm gehende Lieutenant peinlich darauf achtete, zwischen ihnen eine Entfernung von wenigstens drei Metern zu lassen.

„Das Band wird für uns sehr nützlich sein, Doktor“, sagte Wainright. „Unser Übersetzungscomputer müßte jetzt die Sprache sehr viel besser beherrschen können, so daß viel weniger Mißverständnisse auftreten werden. Allerdings hätten wir niemals damit gerechnet, daß so schnell jemand vom Orbit Hospital hergeschickt werden würde. Danke, daß Sie gekommen sind, Doktor.“

Conway machte mit der freien Hand eine fast abfällige Geste und entgegnete: „Erwarten Sie von mir aber bitte nicht, daß ich Ihr Problem so mir nichts, dir nichts lösen kann, egal, worum es sich dabei handelt. Ich bin lediglich hierhergeschickt worden, um die Lage zu beobachten und darüber nachzudenken. Außerdem soll ich.“ Er hielt kurz inne und dachte an den hauptsächlichen Grund, aus dem ihn O'Mara nach Goglesk geschickt hatte, nämlich um sich Gedanken über seine Zukunft am Orbit Hospital zu machen. Aber er hatte keine Lust, dem Lieutenant gerade jetzt davon zu erzählen, deshalb fuhr er fort: „…nun, außerdem soll ich mich hier erholen.“