Выбрать главу

Für das Korps wäre es bei der Entdeckung des Planeten der einfachste Weg gewesen, sich zurückzuziehen, die gogleskanische Kultur so weitermachen zu lassen, wie sie es seit Beginn ihrer Geschichte getan hatte, und ihre Probleme als unlösbar abzuschreiben. Doch statt dessen hatten sich die Spezialisten vom Kultukontakt zu einem ihrer seltenen Kompromisse durchgerungen.

Kurz nach der Entdeckung errichteten sie einen kleinen Stützpunkt, auf dem sie eine Handvoll Beobachter sowie deren Versorgungsmaterial und Ausrüstung unterbrachten, zu der auch ein Flugzeug und zwei Universalbodenfahrzeuge gehörten. Der Zweck des Stützpunkts bestand darin, zu beobachten und Daten zu sammeln, nicht mehr und nicht weniger. Doch mit der Zeit entwickelten Wainright und sein Team für die leidgeprüften Einheimischen eine immer stärker werdende Zuneigung und wollten entgegen ihren Anweisungen mehr für die Gogleskaner tun.

Beim Erzielen genauer Übersetzungen mit der relativ einfachen Ausrüstung hatten sich allerdings Schwierigkeiten ergeben — die gogleskanischen Sprachlaute wurden durch geringfügige Veränderungen der durch vier verschiedene Atemöffnungen ausgestoßenen Luft erzeugt, und es waren gleich mehrere, potentiell gefährliche Mißverständnisse aufgetreten. Deshalb hatte man sich dazu entschlossen, die gesammelten Sprachdaten zur Überprüfung und Aufbereitung an den riesigen Übersetzungscomputer im Orbit Hospital zu schicken. Um die Anweisungen nicht offen zu mißachten, legten die Spezialisten dem Sprachmaterial eine kurze Stellungnahme zur Lage auf Goglesk bei, und an die Abteilung für ET-Psychologie des Krankenhauses richteten sie zudem die Bitte, sie über sämtliche ähnlichen Lebensformen oder — umstände zu informieren, auf die man im Orbit Hospital vielleicht früher schon einmal gestoßen war.

„Doch anstatt uns Auskünfte zu erteilen“, fuhr der Lieutenant fort, während er das Bodenfahrzeug über einen umgestürzten Baum steigen ließ, der den Pfad versperrte, dem sie gerade durch den Wald folgten, „hat man uns Chefarzt Conway geschickt, der.“

„Nur zur Beobachtung hier ist“, unterbrach ihn Conway, „und um sich auszuruhen.“

Wainright lachte. „In den vergangenen vier Tagen haben Sie sich nicht viel ausgeruht.“

„Das liegt einfach daran, daß ich zu sehr mit dem Beobachten beschäftigt gewesen war“, entgegnete Conway trocken. „Aber ich wünschte, Khone wäre noch einmal zurückgekommen, damit ich mich mit ihr eingehender hätte unterhalten können. Meinen Sie, ich sollte sie mal besuchen?“

„Unter diesen Umständen könnte das die richtige Verhaltensweise sein“, stimmte Wainright ihm zu. „Die Gogleskaner haben einige merkwürdige Regeln und betrachten schon aufgrund ihres ausgeprägten Individualismus zwei aufeinanderfolgende und unangekündigte Besuche vielleicht als ungerechtfertigte Aufdringlichkeit. Aber wenn der erste Besuch einer Person willkommen ist, wird von einem womöglich sogar erwartet, daß man einen Gegenbesuch abstattet. Übrigens kommen wir gleich in das Wohngebiet.“

Nach und nach waren die kleinen Bäume und Büsche vom Waldboden verschwunden, der nun zwischen den gewaltigen Stämmen, die als Pfeiler für die gogleskanischen Wohnhäuser dienten, nur noch von einem dünnen Teppich grasähnlicher Vegetation bewachsen war. Für Conway sahen die Häuser wie Blockhütten aus grauer Vorzeit aus — nur daß sie keine Dächer hatten, weil die überhängenden Äste den notwendigen Witterungsschutz boten —, und aus der großen Vielfalt des Baustils und der handwerklichen Verarbeitung ging deutlich hervor, daß sie eher von ihren Bewohnern selbst als von auf Häuserbau spezialisierten gesellschaftlichen Gruppen errichtet worden waren.

Wenn sich der Fortschritt einer Spezies auf die Zusammenarbeit zwischen Gruppen und Stämmen gründete, war leicht zu verstehen, warum auf Goglesk so wenig Fortschritt stattgefunden hatte. Aber weshalb, fragte sich Conway zum hundertstenmal seit seiner Ankunft, weigerten sich die Gogleskaner zusammenzuarbeiten, wo sie doch offensichtlich so intelligent, freundlich und friedfertig waren?

„Und obendrein richtige Pechvögel“, fügte der Lieutenant hinzu, womit er Conway bewußt machte, daß er eben laut gedacht hatte. „Das hier sieht genau wie der richtige Ort aus, um Fragen zu stellen.“

„Richtig“, pfichtete Conway ihm bei, dann öffnete er das Cockpit. Sie befanden sich gerade auf gleicher Höhe mit drei Gogleskanern, die sich — mit sehr großen Abständen — um eins der Zugtiere mit den spindeldürren Beinen und den merkwürdigen Apparat geschart hatten, vor den es gespannt war. „Danke fürs Mitnehmen, Lieutenant. Ich werde einen Rundgang machen und, falls es mir gelingen sollte, mich nicht nur mit Khone, sondern auch noch mit ein paar anderen Gogleskanern unterhalten. Danach komme ich zu Fuß zum Stützpunkt zurück. Sollte ich mich verlaufen, lasse ich Sie holen.“

Wainright schüttelte den Kopf, unterbrach die Energiezufuhr des Fahrzeugs und ließ es zu Boden sinken. „Sie sind hier nicht in Ihrem Hospital, wo man entweder Arzt oder Patient ist“, sagte er. „Hier lautet die Regel, daß wir uns in Paaren zu bewegen haben. Sofern Sie den Gogleskanern oder mir nicht zu nahe kommen, besteht keine Gefahr, Anstoß zu erregen. Nach Ihnen, Doktor.“

Im gogleskanischen Höflichkeitsabstand vom Lieutenant gefolgt, stieg Conway aus dem Fahrzeug, ging auf die drei Einheimischen zu und blieb mehrere Schritte vor dem nächsten Gogleskaner stehen. Ohne jemanden direkt anzusehen, sagte er: „Ist es möglich, eine Wegbeschreibung zum Wohnort des Wesens Khone zu erhalten?“

Einer der Gogleskaner deutete mit zweien seiner langen Stacheln in die entsprechende Richtung. „Wenn das Fahrzeug in dieser Richtung weiterfährt, kommt man auf eine Lichtung“, erläuterte er in den seufzenden Lauten seiner Sprache. „Dort erhält man vielleicht genauere Auskünfte.“

„Vielen Dank“, entgegnete Conway und ging zum Bodenfahrzeug zurück.

Die Lichtung stellte sich als ein breites, von Gras und Felsen bedecktes Halbrund am Ufer eines riesigen Sees heraus, bei dem es sich, nach den kurzen Wellen und dem Fehlen von Sand zu urteilen, um einen Binnensee handeln mußte. Dort liefen mehrere Landestege bis ins tiefe Wasser hinein, und die meisten der dort vertäuten Schiffe hatten sowohl dünne Schornsteine als auch Segel. Dicht am Rand des Hafenbeckens standen hohe, drei- oder viergeschossige Häuser aus Holz und Stein. Um alle vier Außenwände liefen nach oben führende Rampen, so daß die Gebäude aus bestimmten Blickwinkeln schmalen Pyramiden ähnelten, ein Effekt, der noch durch die hohen, kegelförmigen Dächer verstärkt wurde.

Wäre nicht der alles durchdringende Lärm und Qualm gewesen, hätte man einen Gesamteindruck von einem malerischen Ort mit mittelalterlichem Charme gehabt.

„Das ist die Fabrikations- und Lebensmittelverarbeitungszentrale der Stadt“, erklärte der Lieutenant. „Die habe ich schon mehrere Male vom Flugzeug aus gesehen. Demnächst müßte Ihnen auch der Fischgeruch entgegenschlagen.“

„Schon passiert“, entgegnete Conway. Wenn das hier als Industriegebiet galt, dann entsprach die Ärztin Khone wahrscheinlich einer Art Werksärztin, und er freute sich schon darauf, sich wieder mit ihr zu unterhalten und ihr vielleicht bei der Arbeit zusehen zu können.

Man wies ihnen den Weg an einem großen Gebäude vorbei, dessen Mauerwerk und Holzgebälk rauchgeschwärzt waren und immer noch nach einem kürzlichen Brand rochen. Schließlich gelangten sie in die Nähe des Seeufers, wo ein großes Schiff an der Vertäuung gesunken war. Gegenüber von dem Wrack befand sich ein niedriges, nur teilweise überdachtes Bauwerk, unter dem ein Fluß entlanglief. Von ihrer erhöhten Position im Bodenfahrzeug aus konnten sie direkt in ein Labyrinth aus Fluren und kleinen Räumen sehen, aus denen vermutlich ein Krankenhaus und Khones angrenzende Wohnung bestanden.