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Doch als er die Unfallopfer über die geborstenen oder nach und nach einstürzenden Außenrampen nach unten humpeln und taumeln sah und miterleben mußte, wie sich andere durch den großen Eingang im Erdgeschoß, der zum Teil durch herabgestürzte Trümmer versperrt war, ins Freie kämpften, waren alle persönlichen Überlegungen wie weggeblasen. Die vielfarbige Körperbehaarung der Fliehenden war von einer Schicht aus Staub und Holzsplittern bedeckt, und auf einigen wenigen Körpern sah man das feuchte Rot frischer Wunden schimmern. Als Conway aus dem Fahrzeug sprang, stellte er jedoch zu seiner großen Erleichterung fest, daß sich sämtliche Betroffenen noch fortbewegen konnten und sich alle ohne Ausnahme so schnell wie möglich von dem zerstörten Gebäude entfernten, um sich in den großen und überraschend weit entfernten Kreis der Schaulustigen einzureihen.

Plötzlich erblickte Conway eine gogleskanische Gestalt, die unter den Trümmern vor dem Eingang hervorragte, und er vernahm die unübersetzbaren Laute, die von ihr herüberdrangen.

„Warum stehen die alle nur herum?“ rief er Khone mit einer ausladenden Armbewegung in Richtung der Zuschauer zu. „Warum hilft ihm denn niemand?“

„Wenn ein Gogleskaner Schmerzen hat, darf sich nur ein Arzt in seine unmittelbare Nähe begeben“, klärte Khone ihn auf, während sie aus einem um die Mitte ihres Leibs geschnallten Beutel einige dünne Holzstäbe zog und diese zusammenzustecken begann. „Oder jemand, der genügend psychische Selbstbeherrschung besitzt, um sich nicht von diesen Schmerzen beeinflussen zu lassen“, fügte sie hinzu.

Als Khone auf den Verletzten zuging, folgte Conway ihr. „Vielleicht könnte ja ein Lebewesen von einer ganz anderen Spezies das erforderliche Maß an sachlicher Unvoreingenommenheit aufbringen, die bei solch einem Fall angezeigt ist“, schlug er vor.

„Nein“, widersprach ihm Khone in bestimmtem Ton. „Eine Körperberührung oder auch nur eine unmittelbare Annäherung an den Verletzten müssen unbedingt vermieden werden.“

Mittlerweile hatte die Gogleskanerin die Stäbe zu einer Zange mit langen Griffen zusammengesetzt, auf die sie während der Untersuchung des Verunglückten noch eine Reihe von Sonden, Spateln und Linsen steckte. Später tauschte sie diese gegen feine Pinsel und Tupfer aus, die offenbar mit einem Antiseptikum zur Säuberung der Wunden vollgesogen waren. Danach vernähte Khone die größeren Schnittwunden mit einem raffinierten Instrument, das am Ende der Zange befestigt war. Doch konzentrierte sich die Behandlung ausschließlich auf äußere Verletzungen und verlief äußerst langwierig.

Conway zog rasch den Teleskopgriff des Scanners auf die Länge von Khones Zange aus, hockte sich auf alle viere und schob das Gerät der Ärztin zu.

„Dieses Gerät wird anzeigen, ob der Verwundete auch innere Verletzungen hat“, sagte er.

Ein Dankeschön erhielt er zwar nicht — wahrscheinlich war Khone zu beschäftigt, um höflich zu sein —, aber die Gogleskanerin legte sogleich die Zange beiseite und benutzte Conways Scanner. Zunächst bewegten sich ihre Greiforgane noch unbeholfen, doch schon sehr bald hatten sie sich auf die für terrestrische Finger ausgelegten Griffe eingestellt, so daß die gogleskanische Ärztin Abtasttiefe und Vergrößerung allmählich in beinahe fachmännischer Manier veränderte.

„In dem Teil des Körpers, der sich unter den Trümmern befindet, ist eine leichte Blutung aufgetreten“, berichtete die Gogleskanerin kurze Zeit später. „Aber es ist zu beobachten, daß dem Verletzten die größte Gefahr von der Unterbrechung der Blutzufuhr zum Schädelbereich droht, die durch den Druck eines Holzbalkens verursacht wird, der quer über der Hauptkopfschlagader liegt und diese zusammenquetscht. Dieser Druck hat außerdem zur Bewußtlosigkeit geführt, die die in letzter Zeit fehlenden Laute und Körperbewegungen erklärt, wie man wohl ebenfalls bemerkt haben wird.“

„Welche Rettungsmaßnahmen sind demnach angesagt?“ wollte Conway wissen.

„In der vorhandenen Zeit ist keine Rettung möglich“, antwortete Khone. „In welche Einheiten der außerplanetarische Arzt die Zeit einteilt, ist zwar nicht bekannt, doch der Verletzte wird in etwa einem Fünfzigstel der Zeitspanne zwischen der gogleskanischen Morgen- und Abenddämmerung sterben. Auf jeden Fall muß man den Versuch unternehmen.“

Conway blickte zu Wainright hinüber, der ihm leise „Etwa fünfzehn Minuten“ zurief.

„…den Balken mit einem Keil zu fixieren“, fuhr die Gogleskanerin fort, „und den Schutt unter dem Verletzten zu entfernen, damit er in eine tiefere Lage kommt, in der er nicht mehr dem Druck des Balkens ausgesetzt ist. Außerdem besteht die Gefahr eines weiteren Hauseinsturzes, deshalb werden alle Anwesenden außer dem Verletzten und seiner Ärztin im Interesse der eigenen Sicherheit gebeten, sich zu entfernen.“

Khone gab Conway den Scanner mit dem langen Griff voran zurück, und als er ihn entgegennahm, machte sie sich daran, Schaufeln zum Graben an der Zange zu befestigen.

Conway hatte das alptraumhafte Gefühl, vor einem simplen Problem zu stehen, zu dessen Lösung eigentlich nur ein Mindestmaß an Handarbeit erforderlich war, und beide Hände hinter dem Rücken zusammengebunden zu haben. Es war ihm unmöglich, unbeteiligt herumzustehen und einem Verletzten beim Sterben zuzusehen, wo ihm so viele Rettungsmöglichkeiten offenstanden. Und doch hatte man ihm ausdrücklich verboten, sich dem Unfallopfer zu nähern, obwohl die Gogleskanerin wußte, daß er lediglich helfen wollte. Auf den ersten Blick war das natürlich ein dummes Verhalten seitens der Ärztin, aber in der Kultur dieser Spezies mußte es irgendeine Erklärung für diese offensichtliche Dummheit geben.

Hilflos blickte er Wainright und dessen äußerst muskulösen Körper an, durch den der Overall des Lieutenant zu eng wirkte, und versuchte es erneut.

„Wenn ein Verletzter bewußtlos ist“, sagte er verzweifelt, „sollte er sich durch die unmittelbare Nähe oder die Berührung anderer Wesen nicht unmittelbar gestört fühlen. Den Außerplanetariern wäre es vielleicht möglich, den Balken so weit hochzuheben, daß man den Verletzten darunter hervorziehen könnte.“

„Es sind viele Zuschauer da“, gab Khone zu bedenken, und ihre Unschlüssigkeit offenbarte sich durch die Art, in der sie die Zange hob und wieder senkte. Dann steckte sie neue Spitzen auf die Zange, holte von irgendwo eine Rolle mit einem dünnen Seil hervor und machte sich daran, es mit der Zange um die Füße des Verletzten zu wickeln. „Also gut“, willigte sie schließlich ein. „Aber es ist gefährlich. Und die Außerplanetarier dürfen sich weder in unmittelbarer Nähe des Verletzten und seiner Ärztin aufhalten, noch sich von anderen dabei beobachten lassen — dabei spielt es keine Rolle, wie gut ihre Absichten sind.“

Conway erkundigte sich nicht, wie nah diese unmittelbare Nähe war, als er sich vor dem Lieutenant auf den breiten, niedrigen Eingang zubewegte. Als sie ihn erreicht hatten, stemmten sich beide von unten mit der Schulter gegen den Balken, der die eine Seite des Eingangs trug. Zweifellos war die gegenseitige körperliche Nähe von Conway und Wainright für die Zuschauer anstößig, aber der Eingang lag im Schatten, und möglicherweise wurden sie von den schaulustigen Gogleskanern zumindest nicht allzu deutlich erkannt. Im Moment war Conway sowieso viel zu beschäftigt, um sich um die Gedanken der Umstehenden zu kümmern.

Als die beiden das eine Ende des Balkens um zehn, fünfzehn und schließlich fast zwanzig Zentimeter nach oben drückten, regneten Staub und feiner Schutt auf sie herab. Doch am anderen Ende, wo das Opfer eingeklemmt war, hob sich der Balken kaum um fünf Zentimeter. Khone hatte das Seil mit der Zange erfolgreich um die Beine des Verunglückten gewickelt und sich das andere Ende mehrmals um den eigenen Körper geschlungen. Sie nahm das durchhängende Seil auf, drückte die Beine durch und legte sich wie der hinterste Mann einer Mannschaft beim Tauziehen dagegen, jedoch vergebens. Die gogleskanischen FOKTs hatten einen zu leichten Körperbau und waren für das Aufbringen der erforderlichen Zugkraft physiologisch ungeeignet.