Выбрать главу

„Ich unterhalte mich später mit ihm“, stimmte Conway zu und wartete kurz, bevor er sich den Helm aufsetzte. „Aber in der Zwischenzeit können Sie ihm schon mal sagen, daß der FSOJ selten Pflanzen frißt und die Nahrung, die er zu sich nimmt, gewöhnlich in einem dicken Fell oder Ektoskelett steckt und sich wehrt. Ich schlage ihm vor, das Futter in lange, hohle, eßbare Röhren zu schieben, die man in den Bewegungsmechanismus integrieren kann, um den Patienten damit zu schlagen. Das kommt nur dem Realismus der Reproduktion der Umweltbedingungen zugute. Der FSOJ ist in der Lage, mit den Kiefern Stahlplatten zu verbeulen, und darum hat Hardin recht. Der Beschützer wäre nicht gerade froh darüber, so etwas Ähnliches wie schlabbrige Getreideflocken vorgesetzt zu bekommen.“

Conway lachte erneut und fügte grinsend hinzu: „Schließlich sollten wir es nicht soweit kommen lassen, daß ihm die Zähne verfaulen.“

Bei der geriatrischen Abteilung für Hudlarer handelte es sich um eine vergleichsweise neue Ergänzung der Hospitaleinrichtungen. Mehr konnte das Orbit Hospital zur Behandlung psychisch verwirrter Patienten nicht beitragen, und sogar die Behandlung selbst stand nur einigen wenigen zur Verfügung, die man statistisch ausgewählt hatte. Das kam daher, weil die Lösung des Problems, wenn eine gefunden werden konnte, planetenweit auf Hudlar selbst umgesetzt werden mußte.

Die künstliche Gravitation der Station war auf den hudlarischen Normalwert von beinahe der vierfachen Erdanziehungskraft eingestellt worden, und bei dem atmosphärischen Druck handelte es sich um einen Kompromiß, der sowohl den Patienten als auch dem Schwesternpersonal die geringstmöglichen Unannehmlichkeiten bereitete. Dienst hatten drei kelgianische Schwestern, deren Fell sich unter ihren leichten Anzügen und den G-Gürteln in rastloser Bewegung befand, während sie drei der fünf Patienten mit dem Nahrungspräparat besprühten. Conway schnallte sich einen für die terrestrische Körpermasse geeigneten G-Gürtel um, signalisierte, daß er keine Schwester zur Begleitung benötigte, und begab sich zu dem nächsten unversorgten Patienten.

Sofort drängte sich der hudlarische Teil seines Gehirns an die Oberfläche, löschte dabei fast die melfanischen, tralthanischen, kelgianischen und gogleskanischen Bestandteile aus und drohte, Conways eigenen Verstand in einer gewaltigen Gefühlswelle aus Mitleid und hilfloser Wut über den Zustand des Patienten zu ertränken.

„Wie geht es Ihnen heute?“ fragte Conway nach althergebrachtem Brauch.

„Danke, gut, Doktor“, antwortete der Patient, wie es Conway von vornherein gewußt hatte. Wie der Großteil anderer Spezies mit ungeheuren Kräften waren auch die hudlarischen FROBs liebenswürdige, friedfertige und zurückhaltende Lebewesen, von denen keins im Traum daran denken würde, einem Arzt durch die Antwort, ihm würde es nicht gutgehen, irgendeinen Mangel an medizinischen Fähigkeiten zu unterstellen.

Es sprang sofort in die Augen, daß es dem alternden Hudlarer überhaupt nicht gutging. Seine sechs gewaltigen Tentakel, die den schweren Rumpf normalerweise das ganze Leben hindurch beim Schlafen wie beim Wachen in aufrechter Stellung trugen und sowohl als Greif- als auch als Fortbewegungsorgane dienten, hingen schlaff an den Seiten des Stützgestells herab. Die harten Hornhautballen — die Knöchel, auf denen der FROB läuft, während die Finger zum Schutz vor Bodenkontakt nach innen gedreht sind — waren verblaßt und rissig. Die Finger selbst, die gewöhnlich so stark und widerstandsfähig wie Stein waren und sich mit traumwandlerischer Präzision bewegen konnten, lagen in unaufhörlichen spastischen Zuckungen.

Die Hudlarer lebten in einer Umwelt mit großer Schwerkraft und hohem Druck, deren Atmosphäre dermaßen von eßbaren, schwebenden Organismen wimmelte, daß sie einer dickflüssigen Suppe ähnelte, die die Planetenbewohner direkt durch die Haut auf dem Rücken und an den Seiten aufnahmen. Doch hatte der Absorptionsmechanismus des Patienten allmählich versagt, so daß große Bereiche der Haut mit einer Kruste des verblaßten Nahrungspräparats überzogen waren, das man erst abwaschen mußte, bevor die nächste Mahlzeit aufgesprüht werden konnte. Die Verfassung des Patienten hatte sich zusehends verschlimmert, seine Fähigkeit, die Nahrung zu absorbieren, hatte ständig weiter abgenommen, was wiederum den Zustand der Haut verschlechtert hatte.

Die durch die unvollständige Absorption hervorgerufenen chemischen Reaktionen führten bei dem zurückgebliebenen Nahrungspräparat zur Geruchsbildung. Doch noch schlimmer war der Gestank, der vom Ausscheidungsorgan aufstieg, das der Patient nicht mehr unter willkürlicher Kontrolle hatte und dessen Absonderungen wie eine milchige Ausdünstung an der Unterseite des Körpers hängenblieben, bevor sie in das unter dem Gestell befindliche Absauggefäß tropften. Wirklich etwas riechen konnte Conway nicht, da sein Anzug eine eigene Luftversorgung besaß. Aber die FROB-Persönlichkeit, mit der er das Gehirn teilte, hatte diese Situation in ihrem Leben oft erlebt, und psychosomatisch bedingte Gerüche waren, wenn überhaupt, schlimmer als echte.

Der Patient war jedoch bei klarem Verstand, und die Gehirnstruktur würde noch ein paar Augenblicke über den Stillstand des Doppelherzens hinaus organisch unbeeinträchtigt bleiben. Darin lag die wirkliche Tragödie. Nur sehr selten gab es einen hudlarischen Geist, der in einem großen Körper, der um ihn herum unter Schmerzen verfällt, ruhig und ausgeglichen bleiben konnte, besonders wenn sich der Verstand dieses Vorgangs voll und in höchstem Maße bewußt war.

Verzweifelt suchte Conway nach einer Lösung, indem er das gerontologische Wissen durchforstete, über das man zu der Zeit verfügt hatte, als die Bänder in seinem Kopf aufgenommen worden waren, sowie die schmerzlichen Kenntnisse, die mit den Erinnerungen aus seiner Kindheit und den anschließenden medizinischen Erfahrungen zusammenhingen. Doch nirgends in seinem aus vielen verschiedenen Teilen bestehenden Gehirn waren Antworten zu finden. Die übereinstimmende Meinung aller Gehirnpartner lautete, daß er die Dosierung des Schmerzmittels erhöhen sollte, um den Patienten so beschwerdefrei wie möglich zu machen.

Als er diesen Zusatz in die Behandlungstabelle eintrug, vibrierte die Sprechmembran des Hudlarers stark, aber auch der Zustand dieses Organs verschlechterte sich, und diesmal waren die hervorgebrachten Laute zu undeutlich, als daß der Translator irgendeinen Sinn aus ihnen hätte machen können. Conway murmelte irgend etwas Beruhigendes, das, wie sie beide wußten, nichtssagend war, und ging weiter zum nächsten Gestell.

Der Zustand dieses Patienten war einen Hauch besser als der des vorhergehenden, und das Gespräch mit ihm war angeregt und umfaßte sämtliche Themen unter der hudlarischen Sonne bis auf diejenigen Punkte, die dem Patienten unangenehm waren. Aber Conway ließ sich nicht täuschen, und noch weniger sein hudlarisches Alter ego: Er wußte genau, daß dieser FROB sich an den letzten Stunden seines gesunden Verstands erfreute — obwohl das unter diesen Umständen kaum der passende Ausdruck dafür war. Die nächsten beiden Patienten sprachen überhaupt nicht mit ihm, und der letzte konnte sich zwar laut und deutlich ausdrücken, war aber nicht mehr bei Verstand.

Seine Sprechmembran vibrierte unablässig in dem breiten, zylindrischen Schalldämpfer, den man ihm angelegt hatte, um sowohl den Lärm als auch die psychischen Qualen derjenigen zu vermindern, die sich in Hörweite befanden, doch es entwich noch genügend, um Conway wirklich großes Unbehagen zu bereiten. Der Patient befand sich ebenfalls in erbärmlicher körperlicher Verfassung. Zusätzlich zum Zusammenbruch des Absorptionssystems an einem großen Bereich der Körperoberfläche, der Inkontinenz und des merklichen Verfalls, der an allen Gliedmaßen zu beobachten war, hatten zwei der Tentakel die Bewegungsfähigkeit eingebüßt und sahen haargenau wie zwei verfaulte Baumstämme aus.