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„Diese Gliedmaßen müssen sofort operiert werden, Doktor“, sagte die Schwester, die damit beschäftigt war, den Patienten mit dem Nahrungspräparat zu besprühen, nachdem sie zuerst seinen Translator ausgeschaltet hatte. In der direkten Art aller Kelgianer fügte sie hinzu: „Um den Patienten am Leben zu erhalten, ist eine Amputation angesagt — falls das überhaupt noch etwas nützt oder wünschenswert ist.“

Unter normalen Umständen war die Verlängerung des Lebens eines Patienten durchaus wünschenswert und im Grunde der Hauptgesichtspunkt, und Conways Verstand wurde mit Informationen und Vorschlägen zur Behandlung des entsprechenden Leidens bei Melfanern, Kelgianern, Tralthanern und Terrestriern regelrecht überflutet. Doch der Spezies der physiologischen Klassifikation FROB war vor der Entdeckung von Hudlar durch die Föderation schon die bloße Vorstellung von einer heilenden Medizin unbekannt gewesen, und jeder umfangreichere operative Eingriff an hudlarischen Patienten war auch heute noch extrem gefährlich. Auf einem Planeten mit großer Schwerkraft und hohem Druck wie Hudlar mußte der Innendruck und die Stoffwechselgeschwindigkeit der dominanten Lebensform genauso hoch sein.

Das Kontrollieren der Blutung war sowohl während als auch nach der Operation schwierig. Und durch den Innendruckverlust, der eine unvermeidbare Begleiterscheinung der Operation war, konnten die neben dem Operationsbereich liegenden Organe deformiert und schwer beschädigt werden. Folglich rieten die hudlarischen Informationen in seinem Gehirn wie auch seine eigenen Fachkenntnisse in der FROB-Chirurgie zur Vorsicht, während die übrige Menge extraterrestrischen Wissens die sofortige Operation befürwortete. Aber eine zweifache Amputation an einem alterskranken und gefährlich geschwächten Patienten. Verärgert schüttelte Conway den Kopf und wandte sich ab.

Die kelgianische Schwester beobachtete ihn genau. „Soll diese Kopfbewegung ein Ja oder ein Nein auf meine Frage bedeuten, Doktor?“ erkundigte sie sich.

„Sie bedeutet, daß ich mich noch nicht entschieden habe“, antwortete Conway etwas ungehalten und flüchtete heilfroh auf die Kinderstation.

Während es der Wahrheit entsprach, daß die Hudlarer den größeren Teil ihres Lebens gegen Krankheiten und auch gegen alle Verletzungen, außer den ganz schweren, unempfindlich waren — der Hauptgrund, weshalb Medizin auf ihrem Planeten eine unbekannte Wissenschaft gewesen war —, galt das nicht für die ersten und letzten Jahre ihres Lebens. Conways jüngstes quälendes Erlebnis hatte allzu deutlich die Leiden gezeigt, für die alternde Hudlarer anfällig waren, und nun breitete sich das andere und viel weniger bedrückende Ende des klinischen Spektrums vor ihm aus.

FROBs im Kindesalter wurden anscheinend von sämtlichen Krankheitserregern in der suppenartigen Atmosphäre auf Hudlar befallen, bis ihre Körper, sofern sie die ersten paar Krankheiten überlebten, die natürlichen Abwehrkräfte entwickelten, die den größten Teil des äußerst langen Lebens anhielten. Zwar waren die meisten dieser Krankheiten von den Symptomen her äußerst spektakulär, führten aber jede für sich zum Glück nicht zum Tode. Der medizinischen Forschung der Föderation war es gelungen, für mehrere von ihnen Heilverfahren zu entwickeln, und an den übrigen Behandlungsmethoden wurde emsig gearbeitet. Obwohl keine Krankheit an sich als tödlich betrachtet werden konnte, drohte leider bei allen der Verlust des Lebens, weil die jungen FROBs durch jedes neue Leiden, das sie sich zuzogen, immer mehr geschwächt wurden. Für die Sterbewahrscheinlichkeit war ausschlaggebend, in welcher Reihenfolge die Krankheiten auftraten und von wie vielen ein FROB auf einmal befallen wurde. Solange keine spezifischen Heilmittel gegen sämtliche Krankheiten hergestellt werden konnten, war keine endgültige Lösung möglich.

Als Conway die höchst geschäftige Station betrat und sich umsah, gab ihm sein hudlarischer Gehirnpartner zu verstehen, daß eine Massenimmunisierung nicht die geeignete Lösung wäre, da seiner starken Überzeugung nach ein derartiger Schutz der jungen FROBs letzten Endes zu einer Schwächung der gesamten Spezies führen würde. Doch der Hudlarer, von dem das Band stammte, hatte nicht als Arzt gearbeitet — denn einen solchen Beruf hatte es damals auf Hudlar nicht gegeben —, sondern war eine seltsame Mischung aus Philosoph, Psychiater und Lehrer gewesen. Trotzdem ließ diese Überzeugung Conway keine Ruhe, bis plötzlich ein sechsbeiniges Kind von einer halben Tonne Lebendgewicht auf ihn zugestürmt kam, lauthals den Wunsch zu spielen kundtat und damit sämtliche Gedanken aus Conways Kopf verscheuchte — bis auf den, ein sofortiges Ausweichmanöver einzuleiten.

Er stellte seinen G-Gürtel auf ein viertel Ge ein und sprang direkt nach oben auf das Geländer des Beobachtungsstegs, gerade noch rechtzeitig, bevor der junge Hudlarer krachend gegen die Wand prallte und damit sowohl die Schalldämpfuing als auch die Konstruktion der Station einem Härtetest unterzog. Von seinem erhöhten Standort aus konnte Conway sehen, daß sich auf der Station weniger als zwanzig Patienten befanden, die sich trotz der vier Ge auf Bodenhöhe allesamt so schnell hin und her bewegten, daß wenigstens dreimal so viele von ihnen vorhanden zu sein schienen. Wenn sie gelegentlich anhielten, um die Richtung zu wechseln, erkannte er, daß die meisten von ihnen einen erschreckenden Hautzustand aufwiesen.

Gerade war eine erwachsene Hudlarerin mit einem auf den Rücken geschnallten Nahrungspräparatbehälter damit fertig, einen jungen FROB zu besprühen, den sie am anderen Ende der Station in die Enge getrieben und ruhiggestellt hatte. Als sie Conway entdeckte, kam sie schwerfällig auf ihn zu.

Sie trug das Abzeichen einer Schwesternschülerin, stellte aber, zumindest auf dieser Station, wenig mehr als eine Kinderpflegerin dar. Doch wie Conway wußte, gehörte sie zu den drei FROBs, die am Orbit Hospital eine medizinische Ausbildung genossen und zu den ersten Mitgliedern dieser Spezies zählten, die man dafür ausgewählt hatte, auf ihrem Planeten das Konzept einer vorbeugenden und heilenden Medizin vorzustellen. In ihrer gegenwärtigen Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht war sie ein ausgesprochen hübsches Wesen und verhielt sich ganz im Gegensatz zur kelgianischen Schwester in der geriatrischen Abteilung ihm gegenüber äußerst höflich und respektvoll.

„Kann ich Ihnen helfen, Doktor?“ fragte sie, wobei sie zu ihm aufsah. Plötzlich breitete sich eine Flut von Lebenserinnerungen seines Alter ego in Conways Kopf aus, so daß er kein Wort über die Lippen brachte.

„Patient sieben, der kleine Metiglesh, der eben mit Ihnen spielen wollte, spricht sehr gut auf die neue, von Diagnostiker Thornnastor erarbeitete Behandlung an“, fuhr die FROB fort. „Falls Sie den Kleinen mit dem Scanner untersuchen wollen, kann ich ihn ganz leicht ruhigstellen.“

Für eine hudlarische Schwester dürfte das allerdings wirklich kein Problem sein, dachte Conway sarkastisch. Deshalb beschäftigte man auf dieser Station auch eine Schwesternschülerin der Klassifikation FROB — diese wußte ganz genau, wieviel Gewalt man bei den kleinen Plagegeistern anwenden mußte, während gleichermaßen oder höher qualifizierte Schwestern anderer Spezies Angst hätten, die tatsächlich notwendige Kraft aufzubringen, weil sie den Patienten nicht verletzen wollten.

Junge Hudlarer waren ungeheuer robust, und manche erwachsene waren unglaublich schön.

„Ich habe nur mal kurz hereingeschaut, um nach dem Rechten zu sehen, Schwester“, gelang es Conway schließlich zu antworten. „Aber offensichtlich haben Sie hier ja alles unter Kontrolle.“

Während er das Wesen unter sich mit großen Augen anstaunte, vermehrten sich seine Kenntnisse über die FROBs um das Wissen darüber, was es wirklich für ein Gefühl war, ein Hudlarer männlichen Geschlechts zu sein, denn das war der Bandurheber zur Zeit der Aufnahme gewesen. Außerdem erinnerte sich Conway kaum weniger deutlich daran, zu den weiblichen FROBs gehört zu haben. Er entsann sich noch der Ankunft eines neuen Nachkommen, und wie der Geburtsvorgang seinen eigenen Hormonhaushalt drastisch verändert hatte, so daß er wieder ein Mann geworden war. Auf Hudlar hatte man das einzigartige Glück, daß beide Partner abwechselnd ihre eigenen Kinder gebären konnten.