Выбрать главу

„MitMurchison…?“ hakte Conway ungläubig nach.

„Wäre ja möglich“, erwiderte Semlic, der den empörten Unterton in Conways Stimme entweder nicht mitbekommen oder absichtlich überhört hatte.

„Wir alle hier haben vor Murchisons Fachkompetenz und Charakteranlage die größte Hochachtung, und mir persönlich würde der Gedanke überhaupt nicht behagen, daß sie ein seelisches Trauma erleiden könnte, nur weil ich es versäumt habe, Ihnen einen Rat zu erteilen. Sie haben wirklich Glück, ein solches Wesen zur Lebensgefährtin zu haben. Natürlich habe ich kein persönliches körperliches Interesse an diesem Wesen.“

„Na, da bin ich aber erleichtert, das zu hören“, entgegnete Conway mit einem leicht verzweifelten und hilfesuchenden Blick auf O'Mara. Allmählich klang es fast so, als würde der SNLU-Diagnostiker seinen unterkühlten kristallinen Verstand verlieren. Der Chefpsychologe beachtete Conway jedoch nicht.

„… meine Begeisterung entspringt dem terrestrischen DBDG-Band, das seit dem Beginn unseres Gesprächs von einem übermäßigen Teil meines Verstands Besitz ergriffen hat“, fuhr der SNLU fort. „Es stammt von einem ganz großartigen Chirurgen, der alle mit der Fortpflanzung in Verbindung stehenden Tätigkeiten ungeheuer gern mochte. Aus diesem Grund wirkt Ihre DBDG-Frau auf mich äußerst beunruhigend. Sie besitzt die — vielleicht unbewußte — Fähigkeit, sich ohne Worte und allein durch den Gang zu verständigen, und die Brustpartie ist besonders.“

„Bei mir ist es die hudlarische Krankenpflegeschülerin auf der Kinderstation für FROBs“, unterbrach ihn Conway hastig. Rasch stellte sich heraus, daß gleich mehrere der anwesenden Diagnostiker hudlarische Physiologiebänder im Kopf gespeichert hatten und sie alles andere als abgeneigt waren, die Fachkompetenz und die körperlichen Merkmale der Schwester lang und breit zu erörtern, doch der SNLU schnitt ihnen schließlich das Wort ab.

„Durch diese Diskussion muß Conway ja einen völlig falschen Eindruck von uns bekommen“, sagte Semlic, wobei seine Außenkamera umherschwenkte, um alle Anwesenden im Raum einzubeziehen. „Das setzt Conways hohe Meinung von Diagnostikern, deren Debatten er wohl eher auf einer vergeistigten und rein fachlichen Ebene vermutet hatte, womöglich stark herab. Lassen Sie mich ihm in unser aller Namen versichern, daß wir unserem neuesten möglichen Mitglied lediglich beweisen wollen, daß der Großteil seiner Probleme keineswegs neu und entweder auf die eine oder andere Art gelöst worden ist, und zwar gewöhnlich mit der Hilfe von Kollegen, die nur allzu gerne dazu bereit sind, ihm jederzeit zur Seite zu stehen.“

„Danke“, sagte Conway.

„Nach dem anhaltenden Schweigen des Chefpsychologen zu urteilen, scheinen Sie die Lage bis jetzt ziemlich gut gemeistert zu haben“, fuhr Semlic fort. „Aber es gibt eine kleine Hilfestellung, die ich Ihnen vielleicht geben kann, und die hat mehr mit Umweltbedingungen als mit persönlichen Angelegenheiten zu tun. Sie können meinen Ebenen jederzeit einen Besuch abstatten, unter der einen Bedingung, daß Sie auf der Zuschauergalerie bleiben.

Denn die warmblütigen Sauerstoffatmer, die sich beruflich für meine Patienten interessieren, sind wirklich dünn gesät“, fügte der SNLU hinzu. „Falls Sie jedoch die Ausnahme sein sollten, müssen besondere Vorkehrungen getroffen werden.“

„Nein, danke“, entgegnete Conway. „Ich könnte gerade jetzt, falls überhaupt, keinen nützlichen Beitrag zur Medizin kristalliner und unter Minustemperaturen lebender Wesen leisten.“

„Trotzdem sollten Sie uns besuchen“, fuhr der Methanatmer unbeirrt fort. „Vergessen Sie nicht, die Ohren zu spitzen und den Translator abzuschalten, und dann hören Sie zu. Aus den Resultaten haben mehrere Ihrer warmblütigen Kollegen einen gewissen Trost geschöpft.“

„Einen mageren und vor allem kalten Trost“, warf O'Mara trocken ein und fügte hinzu: „Außerdem widmen wir meiner Meinung nach einen großen Teil unserer Zeit unrechtmäßigerweise Conways persönlichen Problemen anstatt denen der Patienten.“

Conway musterte die Diagnostiker der Reihe nach und fragte sich, wie viele von ihnen FROB-Physiologiebänder im Kopf gespeichert hatten. „Dann gibt es noch das Problem mit den alterskranken FROBs“, sagte er schließlich an alle gewandt. „Insbesondere die Entscheidung, ob an einem Patienten eine gefährliche mehrfache Amputation vorgenommen werden soll, die, wenn sie glückt, das Leben um eine verhältnismäßig kurze Zeitspanne verlängert, oder ob man der Natur lieber freien Lauf lassen sollte. Im ersten Fall läßt die Qualität des verlängerten Lebens viel zu wünschen übrig.“

Ergandhirs Körper mit dem prächtig gezeichneten Ektoskelett beugte sich im Sitzgestell vor, und der Unterkiefer bewegte sich im Rhythmus mit der Übersetzung. „Das ist eine Situation, mit der ich, wie fast alle von uns, schon oft konfrontiert worden bin, und zwar bei ganz anderen Spezies als bei den Hudlarern. In meinem Fall ist das Ergebnis, um eine melfanische Metapher zu benutzen, ein stark angeschlagener Panzer gewesen. Im wesentlichen ist das jedenfalls eine moralische Entscheidung, Conway.“

„Natürlich!“ rief einer der Kelgianer, bevor Conway antworten konnte. „Diese Entscheidung wird knapp ausgehen und ist ganz persönlich. Wie ich Conway kenne, wird er sich jedoch wahrscheinlich eher zu einem operativen Eingriff entschließen, als den Patienten bis zum Zeitpunkt des Todes unter klinische Beobachtung zu stellen.“

„Dem kann ich nur zustimmen“, sagte Thornnastor, der sich zum erstenmal zu Wort meldete. „Wenn eine Situation schon an sich hoffnungslos ist, ist es besser, wenigstens das Machbare zu tun als überhaupt nichts. Und bei äußeren Operationsbedingungen, unter denen andere Spezies nur mit Schwierigkeiten gute Arbeit leisten können, darf ein erfahrener terrestrischer Chirurg vielleicht mit ordentlichen Ergebnissen rechnen.“

„Terrestrische DBDGs gehören nicht zu den besten Chirurgen der Galaxis“, mischte sich der Kelgianer erneut ein, wobei sein kräuselndes Fell denjenigen, die DBLF-Bänder im Kopf gespeichert hatten, die Empfindungen verriet, die durch die plumpe Sprechweise kaschiert wurden. „Unter gewissen Umständen sind Tralthaner, Melfaner, Cinrussker und wir Kelgianer chirurgisch sehr viel geschickter. Jedoch treten ab und an Situationen auf, in denen diese Geschicklichkeit aufgrund der Umweltbedingungen nicht zum Tragen gebracht werden kann.“

„Der Operationssaal muß auf den Patienten abgestimmt sein, nicht auf den Arzt“, warf irgendeine Stimme ein.

„…oder aufgrund von psychologischen Einflüssen seitens des Chirurgen gehemmt wird“, fuhr der Kelgianer fort. „Die zum Arbeiten unter schädlichen Umweltbedingungen benötigten Schutzanzüge oder — fahrzeuge behindern die feineren Bewegungen von Greiforganen oder Fingern, und ferngesteuerte Greifer arbeiten entweder nicht genau genug oder haben in den kritischsten Momenten eine Fehlüinktion. Die Hand eines DBDGs kann jedoch gegen viele schädliche Umweltbedingungen durch einen lachhaft dünnen Handschuh geschützt werden, der die Fingerbewegungen nicht behindert. Und die Stützmüskulatür des terrestrischen Körpers ist so beschaffen, daß die DBDGs unter erhöhtem Druck und gesteigerter Schwerkraft mit nur minimal verringerter Leistungsfähigkeit arbeiten können. Selbst wenn sich die Hände ein kleines Stück außerhalb des Schwerkraftneutralisatorenfelds befinden, bleiben sie voll funktionsfähig. Obwohl sie eine grobe Form haben und in ihren Bewegungen verhältnismäßig eingeschränkt sind, kommen die terrestrischen Hände überallhin — natürlich rein chirurgisch gesehen — und.“

„Nicht überallhin, Conway“, unterbrach Semlic den Kelgianer. „Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre überhitzten Hände von meinen Patienten ließen.“

„Für einen Kelgianer ist Diagnostiker Kursedth diplomatisch“, sagte Ergandhir. „Er macht Ihnen Komplimente und erklärt gleichzeitig, weshalb Sie von den unangenehmen Arbeiten wahrscheinlich mehr als Ihren verdienten Anteil abbekommen werden.“