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„So etwas Ähnliches habe ich schon befürchtet“, entgegnete Conway lachend.

„Also schön“, meldete sich Thornnastor zu Wort. „Jetzt sollten wir über die dringende Angelegenheit mit den Unfallopfern aus dem Meneldensystem nachdenken. Wenn Sie bitte alle so freundlich wären, Ihren Monitor zu betrachten, werden wir den klinischen Zustand, die geplante Behandlung und die Zuweisungen der chirurgischen Verantwortlichkeiten besprechen.“

Mit den höflichen Nachfragen, dem Mitgefühl und den Ratschlägen, die eine eingehende Untersuchung seiner Gefühle und seiner beruflichen Einstellung bemäntelt hatten, war es, wie Conway jetzt merkte, erst einmal vorbei. Die Leitung der Versammlung hatte Thornnastor übernommen, der erfahrenste und ranghöchste Diagnostiker des Hospitals.

„…wie Sie feststellen können, wurde der Großteil der Fälle Chefärzten verschiedener physiologischer Klassifikationen übertragen, deren Fähigkeiten den Aufgaben mehr als gewachsen sind. Sollten sich unvorhersehbare Schwierigkeiten ergeben, wird einer von uns aufgefordert werden zu assistieren. Unserer direkten Verantwortung werden wesentlich weniger Verletzte unterstehen, nämlich die wirklich schlimmen Fälle. Einigen von Ihnen ist aus Gründen, die Ihnen klarwerden, wenn Sie sich mit den Anmerkungen zu den Fällen befassen, nur ein Patient zugewiesen worden, andere haben mehrere erhalten. Hat noch jemand von Ihnen irgend etwas zu sagen, bevor Sie damit beginnen, Ihre Operationsteams zusammenzustellen und die Maßnahmen im einzelnen zu planen?“

Während der ersten paar Minuten waren alle Diagnostiker viel zu sehr damit beschäftigt, die Einzelheiten der ihnen übertragenen Fälle zu überprüfen, um irgend etwas Brauchbares sagen zu können, und die ersten Bemerkungen hatten eher den Charakter von Beschwerden.

„Die zwei Fälle, die Sie mir gegeben haben, Thornnastor“, meldete sich Ergandhir zu Wort, wobei er mit einer seiner harten, spitz zulaufenden Zangen auf den Bildschirm tippte, „weisen derart viele komplizierte Frakturen und Splitterbrüche auf, daß die Patienten, falls sie überhaupt überleben, mit so viel Drähten, Nägeln und Platten in den Knochen herumlaufen werden, daß ihre Körpertemperatur jedesmal, wenn sie in die Nähe eines Energiegenerators kommen, vom Induktionsstrom in die Höhe getrieben wird. Was haben überhaupt zwei orligianische DBDGs im Meneldensystem zu suchen gehabt?“

„Die beiden sind im Wrack verunglückt“, antwortete der Pathologe. „Sie haben zu einem Rettungsteam von dem nahegelegenen orligianischen Metallverarbeitungswerk gehört. Aber sonst beklagen Sie sich doch immer, daß Sie nie genügend chirurgische Erfahrungen mit DBDGs sammeln können, Ergandhir.“

„Mir haben Sie nur einen einzigen Fall zugeteilt“, beschwerte sich der Diagnostiker Vosan. Der creppelianische Oktopode musterte Thornnastor von oben bis unten, gab dann einen Laut von sich, der nicht übersetzt wurde, und fügte hinzu: „Ein derart entmutigendes klinisches Bild habe ich selten gesehen, und bestimmt habe ich alle acht Hände voll mit diesem Patienten zu tun.“

„Gerade die Anzahl und Geschicklichkeit Ihrer Glieder hat mich in erster Linie dazu veranlaßt, Ihnen diesen Fall zu übertragen“, entgegnete Thornnastor. „Aber für Diskussionen bleibt uns allmählich keine Zeit mehr. Gibt es noch irgendwelche weiteren Anmerkungen, bevor wir uns über die Verfahrenstechniken unterhalten?“

Schnell sagte Ergandhir: „Bei der Arbeit im Schädelbereich, insbesondere bei einem meiner Patienten, wäre eine Überwachung der emotionalen Ausstrahlung ausgesprochen vorteilhaft.“

„Und ich fände es nützlich“, fügte Vosan hinzu, „in der präoperativen Phase den Grad der Bewußtlosigkeit und der erforderlichen Betäubung zu überprüfen.“

„Und ich! Und ich!“ schrien gleich mehrere der anderen Diagnostiker, und einen Moment lang riefen zu viele Stimmen durcheinander, als daß der Translator seine Aufgabe hätte bewältigen können. Mit einer energischen Tentakelbewegung sorgte Thornnastor schließlich für Ruhe.

„Offenbar muß Sie der Chefpsychologe erneut an die physiologischen und psychologischen Fähigkeiten unseres einzigen medizinisch qualifizierten Empathen erinnern“, stellte der Tralthaner fest. „Major?“

O'Mara räusperte sich und sagte auf seine typisch unterkühlte Art: „Ich habe keinen Zweifel, daß Doktor Prilicla Ihnen allen bereitwillig und gerne helfen würde, aber als Chefarzt, der bereits für die Beförderung zum Diagnostiker in Betracht gezogen wird, ist er selbst am besten in der Lage zu beurteilen, wann und wo seine empathischen Fähigkeiten am wirkungsvollsten eingesetzt werden können. Außerdem, auch wenn es nützlich ist, über einen für Emotionen empfänglichen Empathen zu verfügen, der während einer Operation ständig den Zustand eines sich in tiefer Bewußtlosigkeit befindlichen Patienten überwacht, hat der Patient so etwas keinesfalls nötig. Der einzige Vorteil beruht fast immer nur auf der psychischen Erleichterung und der Beruhigung des Chirurgen.

Darüber hinaus funktioniert unser Empath am besten, wenn er sich unter Lebewesen befindet, die ihn mögen und ihm vollstes Verständnis entgegenbringen“, fuhr der Chefpsychologe ungerührt fort, ohne auf die unübersetzbaren Protestbekundungen zu achten, die sich rund um den Tisch herum erhoben. „Und da dies so ist, sollte Ihnen allen klar sein, daß Prilicla große Wahlfreiheit eingeräumt wird, und zwar nicht nur in der Frage, welche Fälle er annimmt, sondern auch, mit welchen Chirurgen er zusammenarbeiten will. Falls also derjenige Arzt, der mit Chefarzt Prilicla seit dessen Anfängen als Assistenzarzt am Orbit Hospital zusammengearbeitet und ihm bei seiner frühen medizinischen Ausbildung geholfen hat, um die Assistenz Priliclas bei einer Operation bäte, würde ihm das keinesfalls abgeschlagen werden. Oder sehe ich das falsch, Conway?“

„Ich. ehm. ich nehme an, Sie sehen das ganz richtig“, stammelte Conway. Die letzten paar Minuten hatte er nicht genau zugehört, weil ihm seine Fälle, diese nahezu hoffnungslosen Fälle, durch den Kopf gegangen waren und er mit dem Gedanken an einen offenen beruflichen Aufstand gespielt hatte.

„Brauchen Sie Prilicla?“ fragte O'Mara leise. „Sie haben als erster das Anrecht auf ihn. Wenn Sie die Hilfe Ihres empathischen Freunds zwar gerne in Anspruch nehmen würden, aber nicht wirklich benötigen, dann sagen Sie das. Auf der linken Seite wird sich in Null Komma nichts eine Schlange Ihrer Kollegen bilden, die ihn brauchen.“

Conway dachte nach und versuchte, die Meinungen seiner Gehirnpartner zu ordnen und abzuwägen.

Selbst die freundliche und ständig erschreckte Khone betrachtete seine Fälle mit Wohlwollen, und dabei hatte früher schon der bloße Anblick eines unverletzten Hudlarers ausgereicht, um bei ihr eine Panikreaktion auszulösen. „Ich glaube nicht, daß mir bei diesen Fällen ein Empath eine große Hilfe wäre“, antwortete er schließlich. „Prilicla kann keine Wunder vollbringen, und wenn die Fälle gemeistert werden sollen, sind wenigstens drei verschiedene übernatürliche Eingriffe erforderlich. Und selbst dann bezweifle ich es noch sehr, daß es uns die Patienten oder deren Angehörige danken werden.“

„Sie können die Fälle ablehnen“, sagte O'Mara leise, „aber Sie müssen uns schon einen besseren Grund dafür nennen, warum es sich dabei um anscheinend hoffnungslose Krankheitsbilder handelt. Wie schon zuvor erwähnt worden ist, wird Ihnen als Diagnostiker auf Probe ein scheinbar ungerecht hoher Anteil von solchen Fällen zugeteilt. Das soll Sie an den Gedanken gewöhnen, daß das Hospital sich nicht nur mit schönen, sauberen und vollkommenen Heilungen beschäftigen kann, sondern auch mit Teilerfolgen und Fehlschlägen fertig werden muß. Bisher haben Sie sich noch nie mit den Problemen der Nachbehandlung befassen müssen, nicht wahr, Conway?“

„Das ist mir durchaus bewußt“, antwortete der Diagnostiker auf Probe verärgert, weil sich O'Maras Erklärung für ihn so angehört hatte, als würde er ihn aufgrund seiner früheren Erfolge kritisieren und ihn bezichtigen, es in irgendeiner merkwürdigen Weise auf Effekthascherei abgesehen zu haben. Dann stellte er sich allerdings selbst die Frage, ob er lediglich deshalb wütend war, weil die Beschuldigung ein gewisses Maß an Wahrheit enthielt. Leiser fuhr er fort: „Vielleicht habe ich bisher das Glück gehabt.“