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„Gehen wir in Ihr Büro oder in meins?“ wollte Thornnastor wissen.

19. Kapitel

Der Erstkontakt mit der als Beschützer des Ungeborenem bekannten Spezies war von der Rhabwar geknüpft worden, als das Ambulanzschiff auf ein Notsignal von einem Schiff reagiert hatte, das zwei gefangene Mitglieder dieser Spezies transportierte. Wie man herausfand, waren die Beschützer ausgebrochen und hatten die Schiffsbesatzung getötet, wobei auch einer der beiden Ausgebrochenen ums Leben gekommen war.

Der überlebende Beschützer hatte, kurz bevor er ebenfalls vom Tod ereilt worden war, sein Ungeborenes zur Welt gebracht. Bei diesem frisch geborenen Beschützer handelte es sich um den Patienten, der — nach über einjährigem Aufenthalt im Orbit Hospital — nun seinerseits kurz vor einer Niederkunft stand.

Der Leichnam seines Elternteils war in der Pathologie eingehend untersucht worden und hatte zu Kenntnissen verhelfen, durch die es vielleicht möglich werden würde, das Ungeborene ohne den vollständigen Verlust der höheren Gehimfunktionen zur Welt zu bringen.

„Die bevorstehende Operation dient hauptsächlich dem Zweck, die Intelligenz des Ungeborenen zu bewahren“, wiederholte Conway, wobei er einen Blick auf die gefüllte Zuschauergalerie warf, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder der Station darunter zuwandte, auf der der wild kämpfende Beschützer sein Lebenserhaltungssystem und zwei hudlarische Wärter in einen totalen Krieg verwickelte. „Dabei gibt es körperliche und chirurgische Schwierigkeiten sowie Probleme mit der inneren Sekretion. Diagnostiker Thornnastor und ich haben in den vergangenen zwei Tagen fast über nichts anderes gesprochen. Und nun werde ich sowohl für die Mitglieder des technischen Hilfs- und des Nachbehandlungspersonals, das gerade zu uns gestoßen ist, als auch für die Zuschauer und alle anderen, die später die Aufzeichnungen studieren werden, die vorhandenen Informationen über diesen Fall kurz zusammenfassen.

Der erwachsene, nichtintelligente Beschützer gehört zur physiologischen Klassifikation FSOJ“, fuhr Conway fort. „Wie Sie sehen, handelt es sich bei ihm um ein riesiges, ungeheuer kräftiges Lebewesen mit einem starken geschlitzten Panzer, aus dem vier dicke Tentakel hervorragen, einem schweren gezackten Schwanz und einem Kopf. Die Tentakel enden in mehreren scharfen, knochigen Spitzen und ähneln dadurch mit Nägeln versehenen Keulen. Die Hauptmerkmale des Kopfs bestehen in tiefliegenden, gut geschützten Augen, dem Ober- und Unterkiefer sowie Zähnen, die imstande sind, mit Ausnahme der härtesten Metalllegierungen wortwörtlich alles zu zermalmen.

Drehen Sie ihn bitte um“, bat Conway die beiden Hudlarer, die den Patienten mit dünnen Stahlstangen bearbeiteten. „Und schlagen Sie fester zu! Damit tun Sie ihm nicht weh. Im Gegenteil, so erhalten Sie ihn kurz vor der Geburt bei bester Verfassung.“ An die Zuschauer gewandt fuhr er fort: „Auch die vier Beine besitzen knöcherne Auswüchse und können folglich ebenfalls als natürliche Waffen eingesetzt werden. Obwohl die Körperunterseite nicht wie der Rücken gepanzert ist, bietet sie nur selten eine Angriffsfläche und ist von einer dicken Hautschicht bedeckt, die offenbar ausreichenden Schutz bietet. In der Mitte dieses Bereichs können Sie einen schmalen länglichen Spalt erkennen, die Öffnung des Geburtskanals, die sich jedoch erst wenige Minuten vor der Niederkunft vergrößern wird.

Doch zunächst einen Überblick über die Evolutionsgeschichte und die Umweltbedingungen dieses Lebewesens.“

Die Beschützer hatten sich in einer Welt aus flachen, dampfenden Meeren, Sümpfen und Urwäldern entwickelt, in der es, was körperliche Beweglichkeit und Angriffslust anging, keine eindeutige Grenze zwischen tierischem und pflanzlichem Leben gab. Um überhaupt zu überleben, mußte eine Lebensform verbissen kämpfen und sich schnell fortbewegen, und die dominante Spezies hatte sich auf diesem abscheulichen Planeten ihren Platz erobert, indem sie sich mit größerem Überlebenspotential wehrte, fortbewegte und vermehrte als sämtliche anderen Lebensformen.

Schon auf einer sehr frühen Evolutionsstufe hatte sie die große Härte ihrer Umwelt in eine physiologische Form gezwungen, die den lebenswichtigen Organen größtmöglichen Schutz bot. Gehirn, Herz, Lunge, Gebärmutter — sie alle befanden sich tief in dem unglaublich muskulösen und phantastisch gepanzerten Körper und waren auf ein relativ geringes Volumen zusammengepreßt. Während der Schwangerschaft kam es zu einer beachtlichen Verschiebung der Organe, weil der Embryo vor der Geburt fast bis zur Reife heranwachsen mußte. Es kam nur höchst selten vor, daß einer der Beschützer mehr als drei Geburten überlebte, weil ein alterndes Elternteil normalerweise zu schwach war, um sich gegen den Angriff des hungrigen Letztgeborenen zu verteidigen.

Aber der Hauptgrund für den Aufstieg der Beschützer zur dominanten Lebensform des Planeten war, daß die Jungen schon vor der Geburt über Erfahrungen mit den Überlebenstechniken verfügten.

Am Anfang ihrer Evolution hatte diese Entwicklung auf genetischer Ebene als einfache Vererbung von vielen komplexen Überlebensinstinkten begonnen, aber das enge Nebeneinander der Gehirne des Elternteils und des sich entwickelnden Embryos führte zu einer ähnlichen Wirkung wie bei der Auslösung der mit Gedanken in Verbindung gebrachten elektrochemischen Vorgänge.

Die Embryos entwickelten die Fähigkeit zur Telepathie über kurze Strecken und empfingen alles, was das Elternteil sah oder spürte oder in irgendeiner anderen Weise wahrnahm.

Und noch vor dem Wachstumsende des Embryos entstand in diesem der nächste Embryo, der sich ebenfalls in zunehmendem Maße der Welt außerhalb seines selbstbefruchtenden Großelternteils bewußt war. Schließlich vergrößerte sich nach und nach die telepathische Reichweite und ermöglichte die Kommunikation zwischen Embryos, deren Elternteile sich in Sichtweite zueinander befanden.

Um die Schäden an den inneren Organen des Elternteils auf ein Minimum zu reduzieren, war der heranwachsende Embryo in der Gebärmutter gelähmt, was sich jedoch nicht negativ auf die spätere Funktion der Muskeln auswirkte. Durch die vor der Geburt stattfindende Aufhebung der Lähmung oder möglicherweise auch durch die Geburt selbst verlor der Embryo allerdings sowohl die Intelligenz als auch die Fähigkeit zur Telepathie. Denn ein neugeborener Beschützer mit durch die Fähigkeit zu denken getrübten Überlebensinstinkten hätte in seiner unglaublich grausamen Umwelt nicht lange überleben können.

„Da sie nichts anderes zu tun haben, als Eindrücke von der Außenwelt zu gewinnen, Gedanken mit anderen Ungeborenen auszutauschen und zu versuchen, die Grenzen ihrer telepathischen Fähigkeiten durch den Kontakt mit verschiedenen nichtintelligenten Lebewesen in ihrer Umgebung auszuweiten, haben die Embryos einen Verstand von großer Kraft und Intelligenz entwickelt“, fuhr Conway fort. „Sie können jedoch nichts Gegenständliches erschaffen, sich nicht gemeinsam körperlich betätigen, sich keine schriftlichen Aufzeichnungen machen oder überhaupt etwas zur Beeinflussung ihrer Elternteile tun, die zur Versorgung der immer wachen Embryokörper und den in ihnen enthaltenen Ungeborenen unaufhörlich kämpfen, töten und fressen müssen.“

Einen Moment lang herrschte Stille, die nur durch das gedämpfte Klirren und Klopfen des mechanischen Lebenserhaltungssystems und der Hudlarer unterbrochen wurde, die gemeinsam hart arbeiteten, um es dem kurz vor der Niederkunft stehenden FSOJ so richtig behaglich zu machen. Da meldete sich der Leiter des technischen Hilfsteams, ein Lieutenant, zu Wort.

„Zwar habe ich diese Frage schon einmal gestellt, aber ich habe Schwierigkeiten, mich mit der Antwort abzufinden“, sagte er leise. „Stimmt es wirklich, daß wir auch während der Geburt weiterhin auf den Patienten einschlagen müssen?“

„So ist es, Lieutenant“, antwortete Conway. „Vor, während und nach der Geburt. Denn die Niederkunft kündigt sich uns lediglich durch eine merklich zunehmende Lebhaftigkeit des Beschützers etwa eine halbe Stunde vorher an. Auf seinem Heimatplaneten würde diese Lebhaftigkeit dazu dienen, Raubtiere aus der unmittelbaren Umgebung zu verscheuchen, um dem Jungen eine größere Überlebenschance zu sichern.