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Das Ungeborene wird kämpfend zur Welt kommen und benötigt die gleichen Lebenserhaltungsmaßnahmen wie sein Elternteil“, fügte Conway hinzu. „Wegen seiner geringen Größe muß es allerdings ein klein bißchen weniger heftig geschlagen werden.“

Auf der Galerie stießen mehrere Zuschauer ungläubige Laute aus. Thornnastor knurrte in gebieterischem Ton und verlieh Conways vorherigen Erklärungen sowohl körperlich als auch geistig zusätzliches Gewicht.

„Sie müssen sich klarmachen und sich ohne jeden Zweifel damit abfinden, daß für dieses Lebewesen ständige Gewalt etwas ganz Normales ist“, erklärte der Diagnostiker schwerfällig. „Der FSOJ muß fortwährend großen Belastungen ausgesetzt sein, damit das recht komplizierte innere Sekretionssystem richtig funktioniert. Für seinen Organismus ist die permanente Freisetzung eines Hormons erforderlich, das dem Thullis der Kelgianer oder dem Adrenalin der Terrestrier entspricht, und er hat die Fähigkeit entwickelt, damit zu leben.

Hemmt man den Ausstoß dieses Hormons, indem man die ständig drohende Verletzungs- oder Todesgefahr ausschaltet, werden die Bewegungen des Beschützers schwerfällig und ungleichmäßig, und wenn der Angriff nicht rasch fortgesetzt wird, verliert der FSOJ das Bewußtsein“, fuhr der Tralthaner fort. „Dauert die Bewußtlosigkeit länger an, treten sowohl im inneren Sekretionssystem des Beschützers als auch in dem des Ungeborenen bleibende Schäden auf, die schließlich zum Tod führen.“

Diesmal folgte den Ausführungen ein gebanntes Schweigen. Conway deutete von der Galerie auf die Station hinunter und sagte zu den Zuschauern: „Wir werden Sie jetzt so nahe an den Patienten heranführen, wie es ohne Gefahr möglich ist. Sie werden die Einzelheiten des Lebenserhaltungsmechanismus des Beschützers und die der kleineren Version auf der Nebenstation zu sehen bekommen, auf der das Junge nach der Geburt untergebracht wird. Beide Mechanismen besitzen eine geradezu erschreckende Ähnlichkeit mit Instrumenten, die in einem höchst unerfreulichen Abschnitt der terrestrischen Geschichte beim Verhör eingesetzt wurden. Die neuen Mitglieder der Teams machen sich bitte mit diesen Mechanismen und mit der von ihnen geforderten Arbeit vertraut und stellen so viele Fragen wie nötig, damit gewährleistet ist, daß ihnen ihre Pflichten vollkommen klar sind. Gehen Sie aber vor allem nicht rücksichtsvoll oder sanft mit dem Patienten um. Das würde ihm überhaupt nicht weiterhelfen.“

Als man sich dem Ausgang der Galerie zuwandte, schlurften, rutschten und scharrten die diversen Füße, Tentakel und Zangen über den Boden.

Conway hob die Hand und ermahnte die Anwesenden in sehr ernstem Ton: „Ich möchte Sie noch einmal daran erinnern, daß es nicht Sinn und Zweck der Operation ist, dem FROB bei der Geburt zu helfen. Die findet aufjeden Fall statt, mit oder ohne unsere Hilfe, das können Sie mir glauben. Mit dem Eingriff wollen wir vielmehr sicherstellen, daß das Ungeborene, das bald ein neuer Beschützer sein wird, den Intelligenzgrad und die telepathischen Fähigkeiten, über die es jetzt im Leib des Elternteils verfügt, beibehält.“

Thornnastor stieß einen leisen Ton aus, der dem tralthanischen Teil von Conways Gehirn eine pessimistische und besorgte Grundhaltung zu erkennen gab. Nach den zweitägigen Beratungen mit dem tralthanischen Diagnostiker mußten die genauen Einzelheiten des bevorstehenden operativen Eingriffs noch endgültig geklärt werden. Indem er eine Zuversicht ausstrahlte, die er in Wirklichkeit gar nicht empfand, sprach Conway über die Funktion der Kombination aus Operationsgestell und kardanisch aufgehängtem Käfig, in dem sich der Beschützer befand, bevor er die Zuschauer durch die für den Nachkommen bestimmte Nebenstation führte.

Mehr als die Hälfte dieser Station, die von den für ihren Bau verantwortlichen Wartungsingenieuren den Spitznamen Kraftraum erhalten hatte, nahm eine hohle zylindrische Konstruktion ein, die breit genug war, um dem FSOJ-Jungen einen ungehinderten Durchgang zu ermöglichen, und serpentinenartig verlief, damit der junge Beschützer die gesamte Bodenfläche der Station zur Bewegung nutzen konnte. Der Eingang in diesen endlosen Zylinder bestand aus einer kräftig verstärkten Tür in der Seitenwand, die ansonsten aus einem äußerst stabilen Metallgitter konstruiert war. Der Zylinderboden bildete von der Form her die unebene Oberfläche und die natürlichen Hindernisse wie zum Beispiel die beweglichen und gefräßigen Wanderwurzeln nach, die man auf dem Heimatplaneten des Beschützers gefunden hatte, und durch die Öffnungen zwischen den Gitterstäben hatte der Patient ständig Sicht auf die rings um die Außenfläche des Zylinders aufgestellten Bildschirme, über die bewegte dreidimensionale Bilder einheimischer tierischer und pflanzlicher Lebensformen liefen, denen der Patient auf seinem Herkunftsplaneten normalerweise begegnen würde.

Dem medizinischen Team ermöglichte die offene Zylinderkonstruktion zudem, den Patienten in den Genuß der positiveren Seiten des Lebenserhaltungssystems zu bringen, nämlich in den des zwischen den Bildschirmen aufgestellten, furchteinflößend aussehenden Mechanismus, durch den der Patient so rasch und so heftig geschlagen, gerupft und gestoßen werden konnte, wie man wollte.

Um es dem Neuankömmling so richtig gemütlich zu machen, hatte man alles Erdenkliche getan.

„Wie Sie bereits wissen“, fuhr Conway fort, „ist sich das Ungeborene aufgrund seiner telepathischen Fähigkeiten stets der Vorgänge außerhalb des Körpers des Elternteils bewußt. Wir sind keine Telepathen und womöglich nicht imstande, die Gedanken des Ungeborenen zu empfangen, auch nicht in der Phase äußerster geistig-seelischer Belastung, die der Geburt unmittelbar vorausgeht und in der das Ungeborene all seine telepathischen Kräfte zusammennimmt, weil es weiß, daß sein Verstand und seine Persönlichkeit kurz vor der Auslöschung stehen.

Der Föderation sind mehrere telepathische Lebensformen bekannt“, setzte er seine Ausführungen fort, wobei er sich an den einzigen Kontakt mit dem telepathischen Ungeborenen zurückerinnerte. „Dabei handelt es sich im allgemeinen um Spezies, die diese Kräfte entwickelt haben, damit ihre gemeinsamen organischen Sender und Empfänger automatisch miteinander übereinstimmen. Aus diesem Grund ist der telepathische Kontakt zwischen Mitgliedern verschiedener telepathischer Spezies nicht immer möglich. Kommt zwischen einem dieser Wesen und einem Nichttelepathen eine geistige Verbindung zustande, bedeutet das normalerweise, daß der Nichttelepath entweder über schlummernde oder verkümmerte telepathische Kräfte verfügt. Ein derartiger Kontakt kann zwar ein äußerst unangenehmes Erlebnis sein, aber an dem betroffenen Gehirn treten weder physische Veränderungen noch bleibende psychologische Schäden auf“

Als Conway die Bildschirme im Kraftraum einschaltete und auf ihnen die Videoaufzeichnung jener ersten, unglaublich gewaltsamen Geburt laufen ließ, kam bei ihm gleichzeitig die übersinnliche Dimension des eigenen mehrminütigen Kontakts mit dem Ungeborenen hinzu, dessen Geburt schon bald auf den Monitoren zu sehen sein würde.

Seiner geballten Fäuste war sich Conway bewußt, und er bemerkte auch, wie bleich Murchisons Gesicht war, während sie auf einen der Bildschirme schaute. Gerade versuchte der tobende Beschützer wieder einmal, zu ihnen zu gelangen, indem er sich heftig gegen die zum Teil offenstehende Innenluke der Luftschleuse warf. Der Spalt war etwa fünfzehn Zentimeter breit, reichte für die Pathologin, den verletzten Kapitän der Rhabwar und Conway also gerade aus, um alle Vorgänge zu beobachten, zu hören und aufzuzeichnen. Aber an einem sicheren Standort befanden sie sich nicht. Die mit harten Spitzen bewehrten Tentakel des Beschützers hatten in der Schleusenvorkammer durch das Herausreißen ganzer Teile der Metallverkleidung und das Verbeulen der Wandkonstruktion dahinter bereits schwere Zerstörungen angerichtet, und so dick war die Innenluke der Schleuse nun auch wieder nicht.