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„Prilicla?“ fragte Conway.

„Der Patient wird immer zorniger und ängstlicher und hat zunehmend stärkere Schmerzen. Anscheinend ist ihm nichts anderes bewußt, als daß er brutal angegriffen wird und sich verteidigt. Daß er sich nicht bewegt, ist ihm offenbar nicht klar, und für eine Funktionsstörung der inneren Sekretion gibt es keine emotionalen Anzeichen.

Auf das Ungeborene wirkt sich der Angriff durch ein merklich gesteigertes Empfindungsvermögen und eine erhöhte Gehirntätigkeit aus“, fuhr der Empath fort. „Das Bewußtsein ist geschärft, und die Anstrengungen sind enorm. Es strengt sich wirklich nach allen Kräften an, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen, mein Freund.“

„Das beruht auf Gegenseitigkeit“, entgegnete Conway. Aber wie er wußte, beschäftigte er sich in Gedanken zu sehr mit dem chirurgischen Aspekt und zu wenig mit der Verständigung, als daß irgendeine Hoffnung auf Erfolg bestanden hätte.

Beim FSOJ befand sich das Herz nicht zwischen den Lungenflügeln, doch dafür durchzogen diesen Bereich mehrere große Blutgefäße, die zusammen mit den mit ihnen verbundenen Verdauungsorganen ohne Schnitt aus dem Weg befördert werden mußten — wenn der Patient bereits Minuten nach dem Abschluß der Operation wieder auf den Beinen war, hatten chirurgische Eingriffe auf das absolute Minimum beschränkt zu werden. Als Conway die Gefäße vorsichtig auseinanderdrückte und die Dehnsonden in Position brachte und fixierte, war ihm klar, daß die Blutversorgung mehrerer dieser Gefäße schwer beeinträchtigt wurde, zumal er einen der Lungenflügel zusammenschnüren mußte, wodurch dessen Leistungsvermögen auf sechzig Prozent herabgesetzt wurde.

„Das ist nur für kurze Zeit“, verteidigte er sich und kam so einer Bemerkung von Thornnastor zuvor. „Außerdem atmet der Patient ja reinen Sauerstoff, was ein voller Ausgleich für den Mangel an.“

Als seine tastenden Finger tiefer drangen und auf einen langen, flachen Knochen stießen, der dort nichts zu suchen hatte, verstummte er. Schnell sah er sich die Stelle, an der sich seine Hand befand, auf dem Scanner an und stellte fest, daß er in Wirklichkeit keinen Knochen, sondern einen der Muskeln einer Rückententakel berührte. Als der Patient versucht hatte, die festgehaltene Gliedmaße freizubekommen, hatte sich dieser Muskel krampfartig versteift. Aber vielleicht war das Ganze auch nur eine Reaktion auf die unerträglichen Schmerzen — wie bei den Mitgliedern anderer Spezies, die zum Beispiel die Zähne zusammenbissen oder die Fäuste ballten.

Als all seine medizinisch ausgebildeten und mitfühlenden Alter ego auf diesen Gedanken reagierten, zitterten Conways Hände plötzlich.

„Freund Conway!“ rief Prilicla, dessen Stimme nicht nur durch den Kommunikator verzerrt war. „Sie beunruhigen mich. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Arbeit und nicht auf Ihre Gefühle!“

„Tyrannisieren Sie mich gefälligst nicht, Prilicla!“ schnauzte Conway zurück. Dann lachte er, als ihm klar wurde, wie albern seine Äußerung gewesen war, und machte sich wieder an die Arbeit. Wenige Minuten später tastete er die Formen des oberen Panzerteils und der kraftlosen Rückententakel des Ungeborenen ab. Er packte einen der Tentakel und begann, sanft zu ziehen.

„Dieses Wesen soll eigentlich kämpfend aus der Gebärmutter herauskommen und mit diesen Gliedmaßen in der Lage sein, schwere Schäden anzurichten“, knurrte ihn Thornnastor an. „Ich glaube nicht, daß die Tentakel abreißen, wenn Sie ein bißchen fester ziehen, Conway.“

Er zog ein wenig fester, und das Ungeborene bewegte sich, allerdings nur ein paar Zentimeter. Bei dem jungen FSOJ handelte es sich um kein Leichtgewicht, und Conway schwitzte bereits vor Anstrengung. Er schob auch die andere Hand in die Öffnung und fand einen zweiten Rückententakel; dann stemmte er sich mit einem Knie gegen das Operationsgestell und zog mit beiden Händen.

Zwar hatte er in seinem Leben schon weit heiklere Meisterleistungen mit Skalpell und Händen vollbracht, aber selbst bei diesem groben Vorgehen weigerte sich das kleine Biest, sich zu rühren.

„Die Öffnung ist zu eng“, stellte er keuchend fest. „Und zwar so eng, daß das Junge meiner Meinung nach durch den Unterdruck festgehalten wird. Können Sie eine lange Sonde zwischen der Innenseite der Dehnsonde und der Innenfläche des Panzers hineinschieben, genau da, damit wir.“

„Der Beschützer kommt allmählich zu sich“, berichtete Prilicla, wobei die bloße Tatsache, daß er unhöflich genug war, seine Vorgesetzten zu unterbrechen, die Dringlichkeit seiner Meldung unterstrich.

Doch bevor der Empath den Satz beendete, hatte Thornnastor schon statt der Sonde das dünne, spitz zulaufende Ende eines Greiftentakels in die Öffnung gesteckt. Als der Unterdruck ausgeglichen wurde, zischte es kurz.

Der Tentakel des Tralthaners drang tiefer ein, ringelte sich um die Hinterbeine des Ungeborenen und half Conway, es herauszuheben und — zuziehen. Binnen weniger Sekunden war es befreit, aber immer noch durch die Nabelschnur mit dem Elternteil verbunden.

„Schön“, sagte Conway, während er das Neugeborene auf die von Murchison schon für diesen Zweck bereitgestellte Schale legte. „Das war der einfache Teil. Wenn wir jemals einen Patienten gebraucht haben, der bei Bewußtsein und zur Mitarbeit bereit ist, dann jetzt.“

„Das Neugeborene ist so niedergeschlagen, daß es schon an Verzweiflung grenzt, Freund Conway“, berichtete Prilicla. „Es dürfte sich immer noch bemühen, mit Ihnen in Verbindung zu treten. Die emotionale Ausstrahlung des Beschützers hingegen wird schwächer, und die Struktur verändert sich, was darauf hindeutet, daß er sich allmählich seiner Reglosigkeit bewußt wird.“

„Wenn wir die jetzt nach der Geburt unnötige Erweiterung durch die Dehnsonden verringern, kann der zusammengeschnürte Lungenflügel wieder effektiver arbeiten“, stellte Conway fest. „Wieviel Platz brauchen wir für die Arbeit im Operationsfeld?“

Thornnastor gab einen Laut von sich, der nicht übersetzt wurde, und antwortete: „Erstens benötige ich für die Arbeit nur eine ziemlich kleine Öffnung, und zweitens bin ich hier der Endokrinologe. Die albernen Fingerknöchel und Handgelenke von euch DBDGs sind für eine solche Spezialaufgabe vollkommen ungeeignet. Bei allem Respekt, ich schlage vor, daß Sie sich auf das Neugeborene konzentrieren.“

„In Ordnung“, willigte Conway ein. Er wußte es zu schätzen, daß der Tralthaner die Tatsache anerkannte, daß er, Conway, die Verantwortung trug, obwohl er bestenfalls für kurze Zeit ein Diagnostiker war, dessen jüngstes Verhalten bei der Operation mit ziemlicher Sicherheit für die vorübergehende Natur des Dienstgrads sorgen würde. Ohne aufzusehen fuhr er fort: „Alle Mitglieder des OP-Personals und des Hilfsteams, die nicht zur Klassifikation DBDG gehören, ziehen sich bitte zum Stationseingang zurück. Sprechen Sie nicht und versuchen Sie, an so wenig wie möglich zu denken, indem Sie eine freie Stelle an der Wand oder Decke anstarren und sich ausschließlich darauf konzentrieren. Auf diese Weise wird es für den Telepathen einfacher, sich auf uns drei hier einzustellen. Machen Sie bitte schnell.“

Auf dem Scannerdisplay war bereits zu erkennen, wie sich zwei der dünnen Tentakel des Tralthaners zu beiden Seiten der Nabelschnur in die Gebärmutter schoben.

Über zwei ovalen Schwellungen, die im Laufe der vergangenen Tage das Ausmaß und die Farbe großer roter Pflaumen angenommen hatten, kamen sie zum Stillstand. In der mittlerweile leeren Gebärmutter war genügend Platz, um verschiedene chirurgische Verfahren durchzuführen, aber Thornnastor unternahm notgedrungen nichts.

„Die beiden Drüsen sind vollkommen identisch, Conway, und es gibt keinen schnellen Weg zu sagen, welche den Wirkstoff zur Aufhebung der Lähmung und welche das Mittel zur Auslöschung des Verstands absondert“, sagte der Tralthaner. „Die Chancen stehen fünfzig zu fünfzig. Soll ich vorsichtig auf eine der beiden Drüsen drücken, und wenn ja, auf welche?“