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Vielleicht ist das hier das falsche, dachte Conway grimmig, während er vorsichtig das Ablaßventil öffnete und zusah, wie das ölige, gelbliche Sekret langsam durch den Schlauch kroch, aber jetzt stehen die Chancen viel besser als fünfzig zu fünfzig.

„Prilicla“, wandte er sich über den Kommunikator an den Empathen, „ich stehe mit dem Neugeborenen in telepathischem Kontakt und hoffe, es wird in der Lage sein, mir alle durch die Infusion hervorgerufenen physischen oder psychologischen Veränderungen mitzuteilen. Das Sekret wird wegen der endgültigen Wirkung in winzigen Dosen verabreicht, bis ich genau weiß, daß ich das richtige erwischt habe. Aber ich brauche Sie, mein kleiner Freund. Sie müssen mich über Veränderungen der emotionalen Ausstrahlung des Neugeborenen auf dem laufenden halten, über Veränderungen, die ihm selbst womöglich nicht bewußt sind. Falls das Neugeborene den Kontakt abbricht oder das Bewußtsein verliert, sind Sie womöglich seine einzige Hoffnung.“

„Ich verstehe, mein Freund“, entgegnete Prilicla, wobei er an der Decke entlang auf sie zukam, um den Abstand zu verringern. „Von hier aus kann ich auch ganz feine Veränderungen der Ausstrahlung wahrnehmen, jetzt, wo sie nicht mehr von den Gefühlen des Beschützers verdrängt wird.“

Thornnastor hatte sich wieder an das Verschließen des Panzers des Elternteils gemacht, dabei jedoch ein Auge auf den Scanner und ein zweites auf Conway geheftet, als sich dieser über die Inlüsionsapparatur beugte und die erste winzige Dosis verabreichte.

Außer einer zunehmenden Schwierigkeit — der Schwierigkeit, mit Ihnen in Kontakt zu bleiben — bin ich mir keiner Veränderungen in meinem Denken bewußt, berichtete die leise Stimme in Conways Kopf. Genausowenig weiß ich von irgendeiner Muskeltätigkeit.

Conway versuchte es mit einer zweiten winzigen Dosis und ließ dann voller Verzweiflung eine weitere folgen, die nicht mehr so winzig war.

Keine Änderung, gab das Neugeborene zu verstehen.

Die Gedanken besaßen keine Tiefe mehr, und die Bedeutung der Worte war durch einen plötzlichen Ausbruch telepathischer Nebengeräusche kaum noch wahrzunehmen. Allmählich stellte sich wieder der Juckreiz irgendwo zwischen den Ohren ein, der dem Kontakt sonst immer vorausging.

„Ich kann Angst wahrnehmen.“, begann Prilicla.

„Ich weiß, daß er Angst hat“, fiel ihm Conway ins Wort. „Schließlich stehe ich mit ihm in telepathischem Kontakt, verdammt noch mal.“

„…und zwar sowohl auf bewußter als auch auf unterbewußter Ebene, mein Freund“, fuhr der Cinrussker fort. „Bewußt macht dem Neugeborenen die körperliche Schwächung und der Verlust des Empfindungsvermögens durch die anhaltende Reglosigkeit angst. Aber auf einer tieferen Ebene nehme ich. vielleicht kann sich ein Gehirn selbst nur aus einem subjektiven Blickwinkel betrachten, Freund Conway, und möglicherweise ist ein den Dienst versagender oder gelähmter Verstand nicht imstande, dieses Versagen wahrzunehmen.“

„Mein kleiner Freund, Sie sind ein Genie!“ lobte Conway den Cinrussker, während er den Schlauch vom eben benutzten Behälter löste und nun mit dem anderen verband.

Diesmal war die Dosis ganz und gar nicht klein, denn die Zeit wurde rasch für beide Patienten knapp. Conway richtete sich auf, um die Wirkung auf das Neugeborene besser beobachten zu können, und duckte sich dann blitzschnell, um einer der Tentakel auszuweichen, die auf seinen Kopf zuraste.

„Halten Sie ihn fest, bevor er von der Schale fällt!“ rief Conway. „Vergessen Sie den Transportkäfig. Der junge FSOJ ist immer noch teilweise gelähmt, halten Sie ihn also an den Tentakeln fest, und tragen Sie ihn in den Kraftraum. Ich würde Ihnen gerne helfen, aber ich muß auf diesen Behälter aufpassen.“

Ich bin mir eines ständig zunehmenden körperlichen Wohlbehagens bewußt, meldete sich das Neugeborene.

Der von Murchison an einem Tentakel und von Thornnastor an den übrigen dreien getragene junge Beschützer schwang aufgrund seiner Bemühungen, sich zu befreien, zwischen der Terrestrierin und dem Tralthaner abwechselnd nach oben und unten. Conway folgte den dreien zur Tür des kleineren FSOJ-Lebenserhaltungskomplexes.

Mit Hilfe tralthanischer Tentakel, weiblicher DBDG-Hände und einem von Conways großen Füßen waren sie in der Lage, das Neugeborene ruhigzustellen, während der Diagnostiker auf Probe den Rest des Sekrets verabreichte, das die Lähmung aufhob. Danach schoben sie den Patienten in den Raum und verschlossen die Tür.

Sofort raste der junge Beschützer, der vor kurzem noch ein Ungeborenes gewesen war, durch den hohlen Zylinder und ging auf die Stangen, Keulen und Spieße los, die nach ihm schlugen und stießen.

„Wie geht's?“ fragte oder vielmehr dachte Conway besorgt.

Gut. Wirklich blendend. Das ist äußerst anregend, lautete die Antwort. Aber ich mache mir Sorgen um mein Elternteil.

„Das geht uns genauso“, erwiderte Conway und ging, gefolgt von Murchison und Thornnastor, zum Operationsgestell zurück, wo Prilicla direkt über dem Beschützer an der Decke klebte. Der minimale Abstand, in dem sich der Empath befand, war sowohl ein Zeichen für seine Besorgnis aufgrund des Zustands des Patienten als auch wegen der schwachen emotionalen Ausstrahlung des FSOJ.

„Lebenserhaltungsteam!“ rief Conway den Wesen zu, die am anderen Ende der Station warteten. „Kommen Sie sofort wieder hierher! Lockern Sie die Fesseln der Gliedmaßen. Lassen Sie ihnen ein wenig Bewegungsfreiheit, aber nicht so viel, daß das Operationsteam gefährdet wird.“

Die Naht des Panzers mußte immer noch fertiggestellt werden, und da Thornnastor und Conway zusammen daran arbeiteten, dauerte die ganze Arbeit nur knapp eine Viertelstunde. In dieser Zeit rührte der Beschützer keinen Muskel, nur hin und wieder durchlief ihn ein leichtes Zittern, das von den Schlägen und Stößen herrührte, die ihm der Lebenserhaltungsmechanismus versetzte. Aus Rücksicht auf den stark geschwächten postoperativen Zustand des Patienten hatte Conway angeordnet, die Anlage auf halber Kraft laufen zu lassen und der Lunge des FSOJ durch Druck reinen Sauerstoff zuzuführen. Doch auch nachdem alle noch fehlenden Nähte angelegt waren und man mit dem Scanner eine eingehende Untersuchung des vorherigen Eingriffs im Körperinnern durchgeführt hatte, erfolgte immer noch keine körperliche Reaktion.

Irgendwie mußte er den Beschützer wachbekommen und zu dem in tiefer Bewußtlosigkeit befindlichen Gehirn durchdringen. Für dieses Vorhaben stand nur ein Weg zur Verständigung offen, nämlich Schmerz.

„Schalten Sie den Lebenserhaltungsmechanismus auf volle Kraft“,

ordnete Conway an, wobei er seine Verzweiflung hinter einer zuversichtlichen Miene verbarg. „Gibt es schon eine Veränderung, Prilicla?“

„Keinerlei Anzeichen für eine Veränderung“, antwortete der Empath und zitterte aufgrund eines Gefühlsausbruchs, der nur von dem Diagnostiker auf Probe stammen konnte.

Plötzlich verlor Conway die Geduld.

„Beweg dich, verdammt noch mal!“ brüllte er und schlug mit der Handkante nach unten auf die Innenseite des Ansatzes des nächsten Tentakels, der immer noch schlaff zu voller Länge ausgestreckt dalag. Die Stelle, die er getroffen hatte, war rosa und relativ weich, weil es nur wenigen der natürlichen Feinde des Beschützers gelungen wäre, so nah heranzukommen, und die Haut dort dünn war. Aber auch so schmerzte Conway die Hand.

„Noch mal, mein Freund“, sagte Prilicla. „Schlagen Sie ihn noch mal, aber fester!“