zu denen Sie dank Ihres höheren Dienstalters berechtigt wären. Lehren und forschen, die eigene Erfahrung an andere weitergeben, statt auf Rettungseinsätzen durch die gesamte Galaxis zu rasen und.“
„Die personelle Veränderung werde also ich sein“, unterbrach ihn Conway verärgert. „Aber wer soll denn mein Nachfol.?“
„Die Leitung des medizinischen Teams der Rhabwar wird Prilicla übernehmen“, unterbrach ihn O'Mara. „Allerdings hat er die neue Aufgabe nur unter der Bedingung akzeptiert, daß er seinem Freund Conway dadurch keinen ernsthaften Kummer bereitet. In dem Punkt ist er für einen Cinrussker ziemlich unerbittlich gewesen. Obwohl ich ihn gebeten habe, Ihnen gegenüber kein Wort zu erwähnen, bis Sie offiziell davon unterrichtet worden sind, habe ich damit gerechnet, daß er mit der Neuigkeit direkt zu Ihnen läuft.“
„Das ist er allerdings wirklich. Aber er hat nur etwas von einer Beförderung erwähnt, sonst nichts. Ich bin gerade mit einer neuen Studentengruppe zusammengewesen. Prilicla interessierte sich mehr für einen vielgestaltigen Empathen namens Danalta, aber daß unserem kleinen Freund etwas zu schaffen machte, konnte ich deutlich sehen.“
„Prilicla haben mehrere Dinge zu schaffen gemacht“, klärte O'Mara ihn auf. „So wußte er nicht nur, daß er in Ihre Position aufsteigen würde, als Sie das letztenmal die Rhabwar verließen, sondern auch, daß Danalta bereits dafür ausgewählt worden war, seine Stelle einzunehmen. Doch der TOBS weiß bisher noch nichts davon, deshalb konnte Ihnen Prilicla keine Einzelheiten erzählen. Hätte Danalta nämlich von seiner Ernennung aus zweiter Hand erfahren, hätte er zu der Überzeugung gelangen können, durch die selbstverständliche Voraussetzung seines Einverständnisses beleidigt worden zu sein. Bei den TOBS handelt es sich um eine sehr begabte Spezies, die zu Recht auf ihre Fähigkeiten stolz ist, und Danaltas psychologisches Persönlichkeitsdiagramm deutet darauf hin, daß er an solchen Verfahrensweisen zweifellos Anstoß nehmen würde. Aber die Stelle, die wir ihm anbieten, bedeutet für jemanden, der verschiedene Gestalten annehmen kann, eine physiologische Herausforderung, und ich rechne fest damit, daß Danalta sofort zugreifen wird.
Haben Sie gegen diese Veränderungen irgendwelche ernsthaften Bedenken anzumelden, Doktor?“ beendete O'Mara seine Ausführungen.
„Nein.“ Conway wunderte sich selbst, warum er über den Verlust einer Position, um die ihn seine Kollegen beneideten und die er selbst für aufregend und beruflich anspruchsvoll hielt, keine größere Verärgerung und Enttäuschung empfand. Mürrisch fügte er hinzu: „Wenn solche Veränderungen überhaupt notwendig sind.“
„Sie sind notwendig“, erwiderte O'Mara in ernstem Ton. „Wie Sie wissen, liegt es mir nicht besonders, Komplimente zu verteilen. Meine Aufgabe besteht darin, die Leute auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen und nicht, sie abheben zu lassen. Und über die Gründe, aus denen ich bestimmte Maßnahmen oder Entscheidungen treffe, diskutiere ich nicht. Aber der Fall, um den es sich hier dreht, ist keine alltägliche Angelegenheit.“
Seine fast quadratischen Hände hatte der Chefpsychologe mit gespreizten Fingern vor sich auf den Schreibtisch gelegt und betrachtete sie beim Sprechen mit vorgeschobenem Gesicht.
„Zunächst einmal sind Sie schon auf dem Jungfernflug der Rhabwar Leiter des medizinischen Teams gewesen“, fuhr er fort. „Seitdem haben Sie viele erfolgreiche Rettungsaktionen durchgeführt, die Bergungs- und Behandlungsmethoden von Überlebenden sind perfektioniert worden, und Sie verlassen ein äußerst gut funktionierendes Ambulanzschiff, auf dem lediglich aufgrund einer unbedeutenden Veränderung der Besatzung überhaupt nichts Ernsthaftes passieren kann. Vergessen Sie nicht, Prilicla, Murchison und Naydrad werden ja immer noch an Bord sein. Und Danalta. Also, mit zwei Empathen im Team, von denen einer über Muskeln verfügt, nach Belieben die Gestalt verändern und in normalerweise unzugängliche Bereiche eines Schiffswracks vordringen kann, könnte es sogar zu einer Verbesserung der für die Bergungen benötigten Zeit kommen.
Zweitens ist da Prilicla. Sie wissen genausogut wie ich, daß er zwar zu unseren besten Chefärzten gehört, aber auch, daß er aus rein psychologischen Gründen sowie Ursachen, die mit der Evolution der cinrusskischen Spezies zusammenhängen, ungeheuer schüchtern und feige ist und überhaupt kein Durchsetzungsvermögen besitzt. Prilicla in eine Position zu versetzen, in der er — am Schauplatz einer Katastrophe — die ganze Verantwortung und Machtbefugnis in Händen hält, wird ihn mit der Vorstellung vertraut machen, ohne die Hilfe von Vorgesetzten Befehle zu erteilen und Entscheidungen zu treffen. Daß Priliclas Befehle womöglich nicht nach Befehlen klingen werden und man sie nur befolgen wird, weil niemand seine Gefühle durch Einwendungen verletzen will, ist mir klar. Aber mit der Zeit müßte ihm das Befehlen zur Gewohnheit werden, und in den Pausen zwischen den Rettungseinsätzen wird sich diese Gewohnheit auf seine Arbeit im Krankenhaus übertragen. Sehen Sie das auch so?“
Conway versuchte zu lächeln, als er antwortete: „Ich bin froh, daß unser kleiner Freund nicht hier ist, denn meine emotionale Ausstrahlung ist alles andere als angenehm. Aber ansonsten sehe ich das auch so.“
„Dann ist ja gut“, entgegnete der Major und fuhr lebhaft fort: „Und drittens haben wir da den Chefarzt Conway. In diesem Fall sollten wir uns um Objektivität bemühen, was auch der Grund ist, weshalb ich von Ihnen in der dritten Person spreche. In mancher Hinsicht ist dieser Conway ein merkwürdiger Mensch, und das ist er bereits, seit er damals bei uns angefangen hat. In der Anfangszeit legte er ein wenig ein Verhalten wie ein ungezogenes Gör an den Tag und war sehr von sich selbst überzeugt, aber er hat auch gewisse Ansätze gezeigt. Trotz dieser Eigenschaften ist er ein Einzelgänger geblieben, pflegte kaum zwischenmenschliche Kontakte und zog es offenbar vor, sich in der Gesellschaft seiner extraterrestrischen Kollegen zu befinden. Psychologisch gesehen ist das zwar ein höchst verdächtiges Verhalten, aber in einem Hospital mit vielen verschiedenen Spezies bietet ein solches Vorgehen entscheidende Vorteile, weil.“
„Aber Murchison ist doch.“, begann Conway.
„… keine Extraterrestrierin“, beendete O'Mara den Satz für ihn. „Das ist mir klar. So weit ist die Altersschwäche bei mir noch nicht fortgeschritten,
daß ich nicht bemerken würde, daß es sich bei ihr um eine terrestrische Frau der Klassifikation DBDG handelt — und um was für eine! Aber abgesehen von Murchison setzen sich Ihre Freunde aus Wesen wie der kelgianischen Oberschwester Naydrad, dem melfanischen Chefarzt Edanelt, Prilicla und natürlich dem SNLU-Ernährungswissenschaftler mit dem unaussprechlichen Namen von Ebene dreihundertzwei und sogar dem Diagnostiker Thornnastor zusammen. Das ist höchst bezeichnend!“
„Wofür denn?“ fragte Conway, wobei er inständig hoffte, der Chefpsychologe würde aufhören zu reden und ihm Zeit zum Nachdenken lassen.
„Eigentlich sollten Sie in der Lage sein, selbst darauf zu kommen“, entgegnete O'Mara in scharfem Ton und fahr dann fort: „Hinzu kommt, daß Conway über all die Jahre ausgezeichnete Arbeit geleistet hat, viele wichtige und ungewöhnliche Fälle erfolgreich zum Abschluß brachte und sich nicht scheute, für seine fachlichen Entscheidungen die persönliche Verantwortung zu übernehmen. Und nun gibt es erste Anzeichen dafür, daß er womöglich seinen Biß verliert.