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»Aber der wirklich komische Teil ist das, was danach geschah. Oh, hob’ ich schon erwähnt, daß Argotz alle seine Kräuter zusammenpackte und es mächtig eilig zu haben schien, irgendwohin zu kommen? Natürlich dachten wir uns nichts dabei, bis wir zwei Tage später an unserem letzten Morgen in Hyssop erwachten. Das war der Tag, an dem wir aufbrechen wollten, und wir sind auch aufgebrochen, aber vorher kam noch ein Mann in das Gasthaus gerannt, der allen erzählte, was dem minotaurischen Kräuterhändler am Ortsrand zugestoßen war. Wir sind selbst hinausgegangen, um nachzusehen, und wirklich, was der Mann gesagt hatte, stimmte: Eine ganz gewaltige Explosion hatte die Höhle zerrissen und den Berghang in die Luft gejagt. Das Hab und Gut des Minotaurus war zerfetzt und überall verstreut. ›Argotz hat bestimmt einen Fehler gemacht und die falschen Kräuter zusammengeschüttet‹, sagte einer der Schlauberger aus dem Ort. Aber wenn das wahr sein sollte, hatte ich geantwortet, warum steckte dann sein Kopf sauber abgehackt und bluttriefend auf einer Pike am Rand des Pfads, der von der Hauptstraße zur Höhle führte? Sturm und Caramon und ich fanden, daß es teuflisch interessant war, aber wahrscheinlich nichts mit uns zu tun hatte, und wir wollten sowieso los, darum haben wir die langweilige Rückreise nach Osthafen angetreten und Kapitän Murloch mit seinem Schiff angeheuert, uns nach Abanasinia zu bringen. Kapitän Murloch erinnert mich an Flint, obwohl er viel bulliger und natürlich ein Mensch ist, aber Kapitän Murloch glaubt, daß er immer weiß, wie alles zu machen ist, und er ist nicht immer dankbar für meine Ratschläge.

Jedenfalls ist das die Geschichte von dem kräuterkundigen Minotaurus und dem Jalopwurzpulver, die dir hoffentlich gefällt, da ich dafür diese magische Flasche einsetzen mußte. Ich muß mich jetzt beeilen, weil sich ein mächtiger Sturm zusammenbraut – ziemlich ungewöhnlich dunkel und schauerlich, wenn du mich fragst –, und ich will die Botschaft in die See werfen, wenn hoher Seegang aufkommt.P.S.: An den, der diese Flasche findet und entkorkt – du wirst die Botschaft hören, aber das macht nichts. Bring die Flasche zu Raistlin Majere aus Solace, dann gibt er dir mindestens fünfzig Kupferstücke dafür, vielleicht sogar mehr, denn er ist großzügig und schert sich sowieso nicht um Geld. Frag im Ort herum. Da kennt ihn fast jeder.

Schöne Grüße,

dein Tolpan Barfuß aus Kenderheim,
neuerdings aus Solace«

Geschwind steckte Raistlin den Korken wieder auf die Flasche und ließ sie wieder in den Falten seines Umhangs verschwinden. Der Magier warf einen Blick auf Flint und Tanis, um ihre Reaktion zu beobachten. »Die Magie steckt mehr im Korken als in der Flasche«, erklärte ihnen der junge Zauberer gnädig.

Flint, den die Vorstellung von Tolpan in der Flasche immer noch begeisterte, konnte nur verwundert den Kopf schütteln.

»Wo hast du sie her?« Mit zusammengekniffenen Augen wiederholte Tanis seine vorherige Frage.

»Ein Glücksfall«, erwiderte Raistlin. »Ein ehrenhafter Trödler hat sie in der Nähe der Docks aus dem Wasser gezogen, als er in einem kleinen Hafen namens Rachebucht an der Küste von Abanasinia landete. Nachdem er sie entkorkt und die Botschaft gehört hatte, beschloß er, mich aufzusuchen. Er wollte sowieso in diese Gegend, aber zum Glück ist er direkt nach Solace gekommen. Er ist gestern eingetroffen und hat im Gasthaus Zur Letzten Bleibe nach mir gefragt. Otik hat ihm den Weg beschrieben, und«, betonte der Magier, »ich habe dem Trödler fünfundsiebzig Kupferstücke gegeben, nur um zu beweisen, daß der Kender recht hatte.«

»Fünfundsiebzig Kupferstücke!« rief der geizige Zwerg.

»Die Flaschenpost ist wirklich etwas Besonderes«, stimmte Tanis zu, der aufstand, um sich zu räkeln. Er blickte über den Krystallmirsee und erinnerte sich an ein Picknick, das er einst mit Kitiara an dessen Ufer erlebt hatte. »Aber ich verstehe nicht, warum du deswegen an Gefahr glaubst. Das war doch bloß Tolpan auf einem Schiff, der einen seiner ewig langen Briefe geschrieben hat. Der Teil mit dem kräuterkundigen Minotaurus ist etwas seltsam, aber – «

»Der Trödler hatte noch etwas zu berichten«, warf Raistlin ein. »Er ist selbst in Osthafen gewesen, wo in den Docks darüber geredet wurde, daß die Venora in einem ungewöhnlich plötzlichen und heftigen Sturm verschwunden ist. Der Trödler ist viele Male zwischen Südergod und Abanasinia in See gestochen, darum kennt er Kapitän Murloch vom Sehen, und er schwor, daß er ein paar Matrosen des Kapitäns in den Tavernen von Rachebucht hat trinken sehen. Und sie bezahlten ihre Zeche mit Minotaurengeld.«

»Eigenartig«, stimmte Tanis zu, der sich mit den Fingern durch die rötlichbraunen Haare fuhr.

»Noch eigenartiger«, fügte Raistlin hinzu, »ist, daß die Leiche von Kapitän Murloch im Laufe der Woche an den Felsen angespült wurde. Sein Körper war aufgetrieben, das Gesicht unkenntlich. Er war angefressen und von komischen Verbrennungen und Stichen bedeckt. Trotzdem erkannte die Besatzung ihren Kapitän und lief in Windeseile auseinander.«

Tanis setzte sich schwerfällig. Flint runzelte die Stirn.

»Es ist über sieben Wochen her, seit die Venora Osthafen verlassen hat«, ergänzte Raistlin bedeutsam.

»Woher willst du wissen, daß das nicht eine Art Trick oder einer von Tolpans Streichen ist?« bellte Flint argwöhnisch. »Wie kannst du diesem Trödler trauen?«

»Das ist kein Trick!« antwortete Raistlin ungeduldig. »Der Trödler wollte sich nur die Kupfermünzen verdienen. Das konnte ich sehen. Er hat es gut gemeint. Die Flaschenpost an sich war ihm gleichgültig.«

Flint seufzte. Er stand auf und ließ einen Stein über die Oberfläche des friedlichen Krystallmirsees flitschen. Siebenmal setzte er auf. Nicht schlecht, fand der Zwerg mit einem gewissen Stolz.

Sturm und Caramon – diese großen Kerle waren wirklich nicht viel mehr als hochgeschossene Bengel. Man konnte nicht damit rechnen, daß sie sich vernünftig verhielten, überlegte Flint. Schließlich hatte er sich mit ihnen stundenlang in den Wäldern um diesen See hier – und in ganz Solace –, herumgetrieben, weil er ihnen die Gesetze des Waldes beibringen wollte. Willige Schüler, das schon, aber einmal mit Tolpan zusammen, und…

»Gut, dann sind sie eben ein paar Wochen überfällig«, sagte Flint vorsichtig. »Ich verstehe nicht, was die ganze Aufregung soll.«

Raistlin wurde ernst. »Es gibt da noch etwas… etwas, das mir viel früher hätte auffallen müssen. Ihr wißt doch, daß ich zufällig mit Tolpan zusammen war, als sein Freund Asa ihm erzählte, daß es in Südergod einen kräuterkundigen Minotaurus gäbe, der in seinem Laden Jalopwurzpulver verkaufte.

Obwohl diese Information so unwahrscheinlich erschien, hörte ich genau zu, weil ich gerade in einem von Morats Zauberbüchern auf einen alten Spruch gestoßen war. Das Papier war teilweise schon zerbröselt, so daß ich nicht mehr alle Sätze entziffern konnte, aber der Spruch hat mich gefesselt.«

Tanis sah Raistlin prüfend an. Wie damals, als er die Geschichte zum ersten Mal gehört hatte, dachte der Halbelf, daß Raistlin bei seinem Bericht etwas für sich behielt.

»Ich wußte, daß man für den Spruch Jalopwurz brauchte«, fuhr Raistlin fort, »und daß es Jalopwurz hierzulande kaum gibt. Das war die Gelegenheit, etwas davon zu bekommen. Sturm und Caramon boten sich an, Tolpan auf der Reise nach Südergod zu begleiten, der etwas für mich holen wollte.«

»Und?« hakte Flint ein, der allmählich fand, daß Raistlin neuerdings furchtbar umständlich wurde. Der Zwerg wußte genau, was es mit diesem Was-auch-immer-Pulver auf sich hatte, und kannte die Gründe, die zu der Reise nach Südergod geführt hatten. Er zielte und warf einen weiteren Stein. Neunmal setzte er auf, wie der Zwerg befriedigt feststellte.