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XX

»Wissen Sie, Jurissimus, ich verspüre nicht die geringste Müdigkeit«, sagte der Gelehrte. Nach einem kurzen Frühstück wurde ihm und Jura ein Zimmer zur Erholung zur Verfügung gestellt. Der Gelehrte fühlte sich auf dem Zehnten ganz heimisch. Es schien ihm sogar, daß dieses Zimmer eine überraschende Ähnlichkeit mit dem hatte, das er im vorigen Sommer im Sanatorium von Kislowodsk bewohnt hatte. »Und ich habe gar keine Lust, hier zu sitzen«, fügte er hinz.

»Es ist anzunehmen, daß unsere Gastgeber uns den stärksten Kaffee kredenzt haben«, bemerkte Jura, sich vor dem Spiegel zurechtmachend. »Gleich werden sie uns abholen und uns umherfahren, damit wir Bekanntschaft mit dem Zehnten machen. Wir müssen uns beeilen, unsere Kleider in Ordnung zu bringen. Ich selbst habe auch keine Lust, hier im Hotel zu hocken. Aber ich glaube, meine Bekanntschaft mit dem Zehnten hinausschieben zu müssen . . .«

»Warum?« staunte der Gelehrte, der durch das Fenster die à-jour-Spitzen der Türme und die majestätischen Kuppeln der Gebäude bewunderte, die hinter den dichten Baumkronen hervorragten.

»Mich beunruhigt das Schicksal des Planetoplans. Ich befürchte, er braucht meine Hilfe. Ich bin keineswegs geneigt, für immer hier zu bleiben.«

Jura trat auf den Gelehrten zu und fuhr mit unverhüllter Sorge fort:

»Ich möchte den mir nahestehenden Menschen nicht unangenehme Minuten verursachen. Bestimmt macht man sich um uns schon Sorgen.«

Der Gelehrte erinnerte sich daran, daß auch er eine Familie und gute Freunde besitze. Gleichzeitig wünschte er aber sehr, eine Reise durch den Zehnten zu machen.

»Sie haben recht«, sagte er, »aber was soll man tun?«

»Ganz einfach, Michail ’Sergejewitsch, Sie werden sich auf die Exkursion begeben, und ich werde bitten, mich zum Planetoplan zu bringen . . .«

»Und wenn man bittet, den Planetoplan zu Ihnen zu bringen?« entgegnete der Gelehrte.

»Nein, es ist besser, ich besorge das selbst, sonst macht man noch etwas daran entzwei. Dann kommen wir gar nicht heraus . . . Das ist doch mein erster Fern-Experimentalflug . . . Nein, ich selbst. Übrigens können wir von einer solchen Aufteilung der Exkursionen durch den Zehnten nur profitieren, jeder von uns wird seine Beobachtungen machen, und dann werden wir unsere Eindrücke austauschen.«

»Selbstverständlich«, gab der Gelehrte zu.

Zwei der ihnen schon bekannten Bewohner des Zehnten betraten das Zimmer.

Der Gelehrte konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß der Ältere Professor Larion Petrowitsch erstaunlich ähnelte, der zur Zeit auf dem dritten Planeten weilte. Übrigens kam dieser Umstand dem Gelehrten sehr zugute. Er war diesem Mann gegenüber von denselben Gefühlen einer alten Freundschaft erfüllt, die ihn während vieler Jahre mit dem irdischen Professor, dem Direktor des Physikalischen Institutes, verbanden.

Jura erklärte den Erschienenen seinen Wunsch. Bei dieser Gelegenheit erfuhr der Gelehrte auch den Namen des Ältesten, und das machte ihm eine besondere Freude. Laut wiederholte er mehreremaclass="underline"

»Lari . . . Lari . . .«

Jura ging nun mit dem Jüngeren fort. Sie begaben sich auf die Suche nach dem Planetoplan. Der Gelehrte blieb mit Lari allein.

»Ich bin beauftragt«, sagte dieser freundlich, »Sie mit Sjalme bekannt zu machen. Leider haben wir wenig Zeit zur Verfügung. Die Sache ist nämlich so: gerade für heute ist hier bei uns eine interessante Maßnahme festgesetzt worden. Daher wollen wir uns beeilen. Ihr Begleiter kann sich uns später anschließen; er wird sicher nicht aufgehalten werden.«

Der Gelehrte erinnerte sich genau, wie sie den Raum verließen, wobei Lari seine Erklärungen fortsetzte. Sie bewegten sich auf dem breiten, von Sonne überfluteten Fußweg; irgendwie kamen dem Gelehrten die Bäume, die Blumen und das angenehme Plätschern des Springbrunnens bekannt vor. Sonderbar war es nur, daß außer Lari keine Bewohner des Zehnten zu sehen waren.

Als hätte er diese seine Gedanken erraten, sagte Lari:

»Wir begeben uns jetzt gerade zu der Stelle, wo Sie Sjalme zum ersten Male betreten haben. An diesem Ort sind die Einrichtungen und Gegenstände der längst vergangenen Zeiten erhalten geblieben, als . . .«

»Als die Affen hier wüteten?« fragte der Gelehrte.

»Ich verstehe nicht, was ‚die Affen‘ sind«, sagte Lari achselzuckend. »Die Wesen, die Sie in den dokumentarischen Lichtaufzeichnungen gesehen haben, sind früher auch Menschen gewesen.«

»Dann sind sie Mißgeburten!« rief der Gelehrte aus und erklärte mit einigen Worten, was er von der Artentstehung auf der Erde wußte.

»Wir nennen sie Submenschen«, sagte Lari. »Jetzt existieren sie nicht mehr. Sie bevölkerten die Gegend, die unsere Historiker ‚Land der wahnsinnigen Menschenfresser‘ nannten. Seitdem hat Sjalme tausendmal ihren Weg um diesen winzigen Stern zurückgelegt . . .«

Und er zeigte auf die Sonne.

»Sjalme war damals dicht bevölkert. Alle lebten ziemlich friedlich, und jede Völkerschaft war mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt. Aber die Walinsinnigen hatten die Absicht, die ganze Oberfläche unseres Planeten zu erobern. Sie werden fragen: ‚Warum?‘ Es steht fest, daß unter ihnen ein Führer nach dem andern auftauchte, die zu überzeugen suchten, daß auf Sjalme nur sie, die Affen, herrschen und alle andern ihre ewigen Sklaven sein müßten.«

»Was für eine ekelhafte Dummheit!« empörte sich der Gelehrte, nervös mit den Achseln zuckend.

»Jeder Mensch würde dasselbe sagen wie Sie«, entgegnete Lari. »Aber dieser böse Einfluß stammte von den wilden Überbleibseln der fernen Vergangenheit und fiel auf den fruchtbaren Boden der in bezug auf die Vernunft zurückgebliebenen Kreaturen. Im Grunde genommen waren sie faul und stumpfsinnig. Ihre Entwicklung ist in dem Stadium stehengeblieben, daß der ganze Lebenssinn nur in einem Ziel gipfelt, die Früchte fremder Arbeit für sich zu ernten. Noch mehr sogar: in ihrer Entwicklung erfolgte ein bestimmter Rückschritt. Sie behielten einige Züge ihres früheren Aussehens, aber die fernen, primitiven Instinkte der Urräuber fingen an, ihr ganzes inneres Wesen zu beherrschen. Der Instinkt der Grausamkeit und der Zerstörung überkam diese Bestien. Sie hörten auf, harmlos zu sein; sie wurden zu Submenschen. Sie fielen in die benachbarten Länder ein und wandten mannigfaltige Vernichtungsmittel an, immer neue Grausamkeiten erfindend. Anfangs eroberten sie einen Teil des Planeten. Während der Jahre nach den Niederlagen tarnten sie sich als Friedliebende; sie betrogen die friedlichen Völkerschaften, riefen Zänkereien unter ihnen hervor. Ihr grundsätzlicher Plan, die andern einzeln zu vernichten, wurde nicht gleich offenkundig. Genau vor dreihundert Jahren begannen die wahnsinnigen Menschenfresser den Allplanetarischen Krieg. Lange Zeit tobten die blutigsten Schlachten. Endlich vereinigten sich alle vernünftigen Wesen gegen die Submenschen. Unsere Vorfahren haben die Freiheit sehr geliebt; sie haben für den Sieg gearbeitet, ohne sich Ruhe zu gönnen . . .«

»Und haben sie gesiegt? Auf welche Weise?« fragte der Gelehrte, der Lari mit größter Aufmerksamkeit zugehört hatte.

»Das werden Sie gleich sehen«, antwortete Lari. »Wir sind gerade an der Stelle angelangt, wo ich Ihnen das zeigen kann.«

Sie standen auf dem Platz, der mit dem ihm bereits bekannten niedrigen Zaun umgeben war. Lari führte ihn an das Geländer heran.

»Sie haben hier Lichtaufzeichnungen von historischen Begebenheiten, genau in ihrem Ablauf, vor sich. Wir sind imstande, sie so wieder erstehen zu lassen, wie sie sich vor langer Zeit abgespielt haben.«

»Ich habe Ihr erstaunliches Kino schon bewundert«, bemerkte der Gelehrte.

Fragend schaute Lari ihn an:

»Ich verstehe nicht. Was ist ein Kino?«

Der Gelehrte erklärte die Prinzipien und die Vorrichtungen einer Kinoapparatur. Lari schüttelte mit dem Kopf: