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Mark reichte Kelly die Schachtel. »Die ist für Sie.«

Die Schachtel enthielt zweieinhalb Kilogramm Pralinen. Im Lauf der Jahre hatte man Kelly alle möglichen Geschenke angeboten, seien es Diamanten, Pelze oder Penthousewohnungen, aber noch nie Pralinen. Genau das Richtige für ein Model, dachte sie belustigt.

Kelly lächelte. »Vielen Dank.«

Mark hielt ihr die Tüte hin. »Und das sind ein paar Leckereien für Angel.«

Wie auf ein Stichwort kam Angel angeflitzt und blieb mit wedelndem Schwanz vor Mark stehen.

Mark nahm Angel auf den Arm und kraulte sie. »Sie erinnert sich an mich.«

»Ich möchte mich noch mal für sie bedanken«, sagte Kelly. »Sie ist eine wunderbare Gefährtin. Ich hatte noch nie eine.«

Mark schaute Kelly an, und sein Blick sagte alles.

Der Abend verlief unerwartet angenehm. Mark war ein charmanter Begleiter, und Kelly fand seine offensichtliche Begeisterung darüber, dass er mit ihr zusammen war, geradezu rührend. Er war intelligent und ein guter Gesprächspartner, und die Zeit verging viel schneller, als Kelly gedacht hatte.

Als sich der Abend dem Ende zuneigte, sagte Mark: »Ich hoffe, wir können das mal wieder machen.«

»Ja. Von mir aus gern.«

»Was machen Sie am liebsten, Kelly?«

»Ich schaue mir gern Fußballspiele an. Mögen Sie Fußball?«

Mark wirkte einen Moment lang verblüfft. »Oh ... äh ... ja ... sehr sogar.«

Er ist ein schlechter Lügner, dachte Kelly. Dann kam ihr ein hinterhältiger Gedanke. »Am Samstagnachmittag findet ein Pokalspiel statt. Hätten Sie Lust hinzugehen?«

Mark schluckte. »Klar, gern«, sagte er. Aber es klang alles andere als begeistert.

Als sie zu Kellys Apartmenthaus zurückkehrten, stellte Kelly fest, wie sie sich verkrampfte. Das war immer der kritische Augenblick.

Wie wär’s mit einem Gutenachtkuss? ...

Darf ich noch auf ein letzten Glas mit reinkommen? ...

Du willst doch die Nacht nicht etwa allein verbringen ...

Dann das ständige Betatschen ...

Als sie vor Kellys Wohnungstür standen, schaute Mark sie an und sagte: »Wissen Sie, was mir zuallererst an Ihnen aufgefallen ist, Kelly?«

Kelly hielt den Atem an. jetzt kommt es.

Du hast einen tollen Hintern ...

Ich liebe deinen Busen .

Ich möchte deine langen Beine um meinen Hals spüren ...

»Nein«, sagte Kelly mit eisigem Tonfall. »Was ist Ihnen denn zuallererst aufgefallen?«

»Ihr schmerzlicher Blick.«

Und ehe sie etwas erwidern konnte, sagte Mark: »Gute Nacht.«

Kelly blickte ihm noch lange nach.

13

Als Mark am Samstagmittag eintraf, brachte er wieder eine Schachtel Pralinen und eine große Papiertüte mit. »Die Pralinen sind für Sie, die Leckereien für Angel.«

Kelly nahm die Tüte. »Ich danke Ihnen, und Angel bedankt sich ebenfalls.«

Sie sah zu, wie er Angel kraulte, und fragte dann ganz unschuldig: »Freuen Sie sich auf das Spiel?«

Mark nickte. »O ja«, sagte er begeistert.

Kelly lächelte. »Gut. Ich mich auch.« Sie war sich ganz sicher, dass Mark noch nie ein Fußballspiel gesehen hatte.

Das Stadion von Paris St. Germain war bis zum letzten Platz ausverkauft, und die siebenundsechzigtausend Fans warteten gespannt darauf, dass das Pokalspiel zwischen Olympique Lyon und Marseille angepfiffen wurde.

Als Kelly und Mark ihre Plätze unmittelbar auf Höhe der Mittellinie einnahm en, sagte Kelly: »Ich bin beeindruckt. Für diese Plätze bekommt man nur schwer Karten.«

»Wenn Sie Fußball so sehr mögen wie ich, ist nichts unmöglich«, erwiderte Mark lächelnd.

Kelly musste sich auf die Lippen beißen, um nicht laut loszulachen. Sie konnte den Anpfiff kaum erwarten.

Um 14 Uhr liefen beide Mannschaften in das Stadion ein und stellten sich auf, während die Kapelle die »Marseillaise« spielte, die französische Nationalhymne. Als sich die beiden Mannschaften vor der Tribüne aufbauten, trat ein Spieler im blau-weißen Trikot von Lyon einen Schritt vor.

Kelly beschloss, Gnade walten zu lassen und Mark zu erklären, worum es ging. Sie beugte sich zu ihm. »Das ist der Torhüter«, sagte sie. »Er ist .«

»Ich weiß«, sagte Mark. »Gregory Coupet. Er ist der beste Tormann der Liga. Letzten April hat er im Meisterschaftsspiel gegen Bordeaux seinem Verein den Sieg gerettet. Und in den beiden Jahren zuvor hat er mit seiner Mannschaft den UEFA-Cup und die Champions League gewonnen. Er ist einunddreißig Jahre alt, eins fünfundachtzig groß und wiegt neunzig Kilo.«

Kelly schaute Mark verwundert an.

Der Ansager fuhr fort. »Und im Sturm Sidney Gouvou .«

»Die Nummer vierzehn«, rief Mark. »Er ist unglaublich. Letzte Woche hat er gegen Auxerre in der letzten Minute noch ein Tor erzielt.«

Kelly hörte erstaunt zu, als Mark zu jedem einzelnen Spieler einen fachmännischen Kommentar abgab.

Dann wurde das Spiel angepfiffen, und das Publikum geriet außer Rand und Band.

Es war ein schnelles und spannendes Spiel, und die Torhüter beider Mannschaften hatten alle Hände voll zu tun, doch Kelly konnte sich nur mühsam konzentrieren. Ein ums andere Mal blickte sie zu Mark und wunderte sich über sein Wissen. Wie konnte ich mich nur so irren?

Kurz nach dem Wiederanpfiff rief Mark: »Gouvou versucht einen Fallrückzieher! Gut gemacht!«

Ein paar Minuten später sagte er: »Pass auf! Carriere bekommt eine gelbe Karte wegen Handspiels.«

Und er hatte Recht.

Als Lyon gewann, strahlte Mark vor Freude. »Was für ein Klasseteam!«

Als sie das Stadion verließen, fragte Kelly: »Mark, wie lange interessieren Sie sich schon für Fußball?«

Er schaute Kelly treuherzig an und sagte: »Seit drei Tagen. Ich habe mich am Computer sachkundig gemacht. Da Sie sich so dafür begeistern, dachte ich, ich sollte mich auch ein bisschen damit befassen.«

Kelly war tief gerührt. Sie konnte kaum glauben, dass Mark so viel Zeit und Mühe aufgewandt hatte, nur weil sie Fußball mochte.

Sie verabredeten sich für den nächsten Tag, sobald Kelly ihren Fototermin hinter sich gebracht hatte.

»Ich kann Sie in Ihrer Garderobe abholen .«

»Nein!« Sie wollte nicht, dass er den anderen Models begegnete.

Mark blickte sie verwundert an.

»Ich meine . Männer haben keinen Zugang zu den Garderoben.«

»Oh.«

Ich will mich nicht verlieben .

»Sehr verehrte Damen und Herren, legen Sie bitte die Sicherheitsgurte an, klappen Sie Ihre Tische hoch, und bringen Sie Ihre Sitzlehnen in eine aufrechte Position. Wir befinden uns im Anflug auf den John F. Kennedy Airport und setzen in wenigen Minuten zur Landung an.«

Kelly wurde aus ihrem Tagtraum gerissen und musste sich wieder der Gegenwart stellen. Sie war in New York, um sich mit Tanner Kingsley zu treffen, dem Mann, für den Mark gearbeitet hatte.

Irgendjemand hatte die Medien verständigt. Als die Maschine landete, wurde Kelly bereits von Reportern erwartet, die sie im Nu mit ihren Kameras und Mikrofonen umringten.

»Kelly, können Sie mal hierher schauen?«

»Können Sie uns sagen, was Ihrer Meinung nach mit Ihrem Mann passiert ist?«

»Stellt die Polizei Ermittlungen an?«

»Hatten Sie und Ihr Mann vor, sich scheiden zu lassen?«

»Ziehen Sie wieder in die Vereinigten Staaten?«

»Wie war Ihnen zumute, als Sie erfahren haben, was passiert ist?«

Die dümmste aller Fragen.

Kelly sah einen freundlich und aufgeweckt wirkenden Mann, der sich im Hintergrund hielt. Er lächelte und winkte ihr zu, worauf sie ihm bedeutete, zu ihr zu kommen.