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Greenburg ergriff wieder das Wort. »Mr. Kingsley, da ist noch etwas anderes. Soweit wir wissen, beging vor sechs Jahren ein japanischer Wissenschaftler namens Akira Iso in Tokio Selbstmord. Vor drei Jahren verübte eine Schweizer Wissenschaftlerin namens Madeleine Schmider in .«

Tanner unterbrach ihn. »In Zürich. Keiner von beiden beging Selbstmord. Sie wurden ermordet.«

Die beiden Kriminalpolizisten blickten ihn überrascht an.

»Woher wollen Sie das wissen?«, fragte Praegitzer.

Tanners Tonfall wurde eine Spur härter. »Sie wurden meinetwegen umgebracht.«

»Sie wollen sagen ...?«:

»Akira Iso war ein glänzender Wissenschaftler. Er war für einen japanischen Elektronikkonzern tätig, die Tokyo First International Group. Ich bin Iso bei einer internationalen Industriemesse in Tokio begegnet. Wir verstanden uns auf Anhieb, und ich hatte das Gefühl, dass ihm die KIG bessere Arbeitsbedingungen bieten konnte als die Firma, bei der er angestellt war. Deshalb bot ich ihm an, hier zu arbeiten, und er nahm an. Er war regelrecht begeistert.« Tanner war sichtlich bemüht, nicht die Fassung zu verlieren. »Wir einigten uns darauf, dass wir die Angelegenheit vertraulich behandeln wollten, bis er unter Wahrung aller Fristen kündigen konnte. Aber offensichtlich hat er es irgendjemandem gegenüber erwähnt, denn in einer Zeitung wurde eine Nachricht darüber veröffentlicht und . « Wieder stockte Tanner einen Moment lang, dann fuhr er fort. »Einen Tag, nachdem die Nachricht erschien, wurde Iso in einem Hotelzimmer tot aufgefunden.«

»Mr. Kingsley«, fragte Robert Praegitzer, »gibt es möglicherweise noch andere Erklärungen für seinen Tod?«

Tanner schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe nicht geglaubt, dass er Selbstmord begangen hat. Deshalb habe ich Privatdetektive engagiert und sie mit einigen meiner Mitarbeiter nach Japan geschickt, damit sie herausfinden, was vorgefallen sein könnte. Sie konnten keinerlei Hinweise auf eine Straftat entdecken, und ich dachte, dass ich mich möglicherweise geirrt hätte, dass ihn vielleicht irgendetwas Furchtbares belastet hatte, von dem ich nichts wusste.« »Und warum sind Sie sich inzwischen so sicher, dass er ermordet wurde?«, wollte Greenburg wissen.

»Wie Sie bereits erwähnten, beging vor drei Jahren eine Wissenschaftlerin namens Madeleine Schmider in Zürich angeblich Selbstmord. Sie wissen jedoch vermutlich nicht, dass auch Madeleine Schmider bei ihrem Arbeitgeber kündigen und zu unserem Unternehmen kommen wollte.«

Greenburg runzelte die Stirn. »Wie kommen Sie darauf, dass die beiden Todesfälle etwas miteinander zu tun haben könnten?«

Tanners Miene wirkte wie versteinert. »Weil das Unternehmen, für das sie arbeitete, ein Ableger der Tokyo First international Group ist.«

Danach herrschte einen Moment lang betroffenes Schweigen.

»Irgendwas begreife ich dabei nicht«, sagte Praegitzer schließlich. »Warum sollten sie eine Angestellte ermorden, nur weil sie kündigen will? Wenn .«

»Madeleine Schmider war keine einfache Angestellte. Ebenso wenig wie Iso. Sie waren hervorragende Physiker, die unmittelbar vor ein paar Problemlösungen standen, die dem Unternehmen ein unvorstellbares Vermögen eingebracht hätten.«

»Hat die Schweizer Polizei Ermittlungen im Fall Schmider angestellt?«

»Ja. Wir ebenfalls. Aber wir konnten wieder nichts beweisen. Allerdings befassen wir uns nach wie vor mit all diesen rätselhaften Todesfällen, und ich rechne damit, dass wir sie aufklären werden. Die KIG verfügt über weit reichende Beziehungen in aller Welt. Wenn ich irgendwelche nützlichen Auskünfte erhalte, reiche ich sie gern an Sie weiter. Ich hoffe doch, dass es umgekehrt genauso sein wird.«

»Dagegen ist nichts einzuwenden«, sagte Greenburg.

Ein vergoldetes Telefon auf Tanners Schreibtisch klingelte.

»Entschuldigen Sie mich.« Er ging zu seinem Schreibtisch und nahm den Hörer ab. »Hallo . ja . Die Ermittlungen verlaufen bislang sehr zufrieden stellend. Im Moment sind zwei Detectives bei mir, die sich bereit erklärt haben, mit uns zu kooperieren.« Er warf einen kurzen Blick zu Praegitzer und Greenburg. »Gut . Ich sage Ihnen Bescheid, wenn wir weitere Nachrichten erhalten.« Er legte den Hörer wieder auf.

»Mr. Kingsley«, fragte Greenburg, »sind Sie hier mit Projekten befasst, die der Geheimhaltung unterliegen?«

»Meinen Sie damit, ob wir mit etwas beschäftigt sind, das so geheim ist, dass man deswegen ein halbes Dutzend Menschen ermordet? Detective Greenburg, es gibt über hundert Denkfabriken auf der Welt, darunter einige, die sich mit genau den gleichen Problemen befassen wie wir. Wir bauen hier keine Atombomben. Die Antwort auf Ihre Frage lautet Nein.«

Die Tür ging auf, und Andrew Kingsley kam mit einem Stapel Unterlagen ins Büro. Andrew Kingsley hatte nur wenig Ähnlichkeit mit seinem Bruder. Seine Augen wirkten trüb und glanzlos. Er hatte schüttere graue Haare, ein zerfurchtes Gesicht und ging leicht gebeugt. Neben Tanner, der vor Vitalität und Intelligenz strotzte, wirkte Andrew Kingsley begriffsstutzig und apathisch. Er sprach stockend und hatte sichtlich Mühe, einen zusammenhängenden Satz zu bilden.

»Hier sind die, du weißt schon, die Unterlagen, um die du gebeten hast, Tanner. Tut mir Leid, dass ich sie . , dass ich nicht früher damit fertig geworden bin.«

»Das ist völlig in Ordnung, Andrew.« Tanner wandte sich den beiden Kriminalpolizisten zu. »Das ist mein Bruder Andrew. Andrew, das sind die Detectives Greenburg und Praegitzer.«

Andrew musterte sie mit unstetem Blick und zwinkerte dann.

»Andrew, willst du ihnen von deinem Nobelpreis erzählen?«

Andrew schaute Tanner an und sagte dann versonnen:

»Ja, der Nobelpreis . der Nobelpreis .«

Sie blickten ihm hinterher, als er sich abwandte und hinausschlurfte.

Tanner seufzte. »Wie ich schon erwähnt habe, war Andrew der Gründer dieses Unternehmens, ein wahrhaft brillanter Mann. Vor sieben Jahren verlieh man ihm für eine seiner Entdeckungen den Nobelpreis. Bedauerlicherweise war er an einem Experiment beteiligt, das missglückte, und das ... das hat ihn verändert.« Tanner klang verbittert.

»Er muss ein bemerkenswerter Mann gewesen sein.«

»Das können Sie sich gar nicht vorstellen.«

Earl Greenburg stand auf und streckte die Hand aus. »Tja, dann wollen wir Sie nicht weiter behelligen, Mr. Kingsley. Wir melden uns wieder.«

»Meine Herren .« Tanners Tonfall war hart wie Stahl.

»Sehen wir zu, dass diese Verbrechen aufgeklärt werden, und zwar rasch.«

16

Sämtliche Morgenzeitungen brachten die Geschichte auf der ersten Seite. Eine Hitzewelle in Deutschland hatte mindestens hundert Todesopfer gefordert und Ernteschäden in Millionenhöhe verursacht.

Tanner rief Kathy per Summer zu sich. »Schicken Sie diesen Artikel an Senatorin van Luven, und legen Sie eine Notiz bei: >Weitere Neuigkeiten zur globalen Erwärmung. Mit freundlichen Grüßen< .«

Tanner grübelte ununterbrochen über die Frau nach, die er insgeheim Prinzessin nannte. Und je mehr er darüber nachdachte, wie unverschämt sie gewesen war und wie sie sich über ihn lustig gemacht hatte, desto wütender wurde er. Wir müssen an Ihren Sprüchen ein bisschen feilen. Sind Sie sich darüber im Klaren, wie abgedroschen die sind? ... Sind Sie etwa spitz, mein Lieber? ... Holen Sie Ihr kleines schwarzes Buch raus, dann wollen wir doch mal sehen, ob wir jemanden finden, der heute Nacht zu Ihrer Verfügung steht ... Er hatte das Gefühl, als müsste er sie austreiben, wie einen bösen Geist. Er wollte sie noch einmal sehen, und sei es auch nur, damit er ihr die Abfuhr erteilen konnte, die sie verdiente, um sie danach zu vergessen.