Diane versuchte, so ruhig wie möglich zu klingen. »In welchem Krankenhaus ist sie?«
»Im Hospital der University of Colorado. In der Spezialabteilung für Brandverletzungen.«
»Tut mir Leid«, sagte die Schwester an der Anmeldung der Universitätsklinik, »aber Miss Reynolds darf keine Besucher empfangen.«
»Können Sie uns sagen, in welchem Zimmer sie liegt?«, fragte Kelly.
»Nein, das kann ich leider nicht.«
»Es handelt sich um einen Notfall«, sagte Diane. »Wir müssen mit ihr sprechen und .«
»Niemand darf ohne eine schriftliche Genehmigung mit ihr sprechen«, erwiderte sie mit Entschiedenheit.
Diane und Kelly blickten sich an.
»Na dann, vielen Dank.«
Die beiden Frauen gingen weg. »Was machen wir nun?«, fragte Kelly. »Das ist unsere letzte Chance.«
»Ich habe eine Idee.«
Ein Bote in Uniform, der ein großes, mit Schleifen versehenes Paket trug, ging zur Anmeldung. »Ich habe ein Paket für Lois Reynolds.«
»Ich nehme es entgegen«, sagte die Schwester.
Der Bote schüttelte den Kopf. »Tut mir Leid. Aber ich habe den Auftrag, es persönlich zu übergeben. Es ist sehr wertvoll.«
Die Schwester zögerte einen Moment. »Dann muss ich mitkommen.«
»Meinetwegen.«
Er folgte der Schwester zum Ende des Ganges. Als sie zu Zimmer 391 kamen, blieb die Schwester stehen und wollte die Tür öffnen, worauf ihr der Bote das Paket übergab. »Sie können es ihr bringen«, sagte er.
Der Bote ging zu Diane und Kelly, die eine Etage tiefer auf einer Bank warteten.
»Zimmer 391«, teilte er ihnen mit.
»Danke«, sagte Diane und reichte ihm ein paar Geldscheine.
Die beiden Frauen stiegen die Treppe in den zweiten Stock hinauf, traten auf den Korridor und warteten, bis die Schwester ein Telefongespräch entgegennahm und ihnen den Rücken zukehrte. Dann liefen sie rasch den Flur entlang und traten in Zimmer 391.
Lois Reynolds lag im Bett, umgeben von Schläuchen und Kabeln, die an ihrem Körper angebracht waren. Sie hatte die Augen geschlossen, als Diane und Kelly an ihr Bett traten.
»Miss Reynolds«, sagte Diane leise. »Ich bin Diane Stevens, und das ist Kelly Harris. Unser Männer haben bei der KIG gearbeitet.«
Lois Reynolds schlug langsam die Augen auf und versuchte, den Blick auf sie zu richten. »Was?« Sie brachte kaum mehr als ein gehauchtes Flüstern zustande.
»Unsere Männer haben bei der KIG gearbeitet«, sagte Kelly. »Sie wurden beide umgebracht. Wir dachten, Sie können uns vielleicht helfen, weil Ihrem Bruder ebenfalls etwas zugestoßen ist.«
Lois Reynolds versuchte den Kopf zu schütteln. »Ich kann Ihnen nicht helfen ... Gary ist tot.« Tränen traten ihr in die Augen.
Diane beugte sich zu ihr. »Hat Ihnen Ihr Bruder vor dem Unfall irgendetwas gesagt?«
»Gary war ein wunderbarer Mann.« Sie sprach langsam und mit gequälter Stimme. »Er kam bei einem Flugzeugabsturz um.«
»Hat er irgendetwas gesagt«, fragte Diane geduldig, »das uns helfen könnte herauszufinden, was vorgefallen ist?«
Lois Reynolds schloss die Augen.
»Miss Reynolds, bitte schlafen Sie nicht wieder ein. Bitte. Es ist sehr wichtig. Hat Ihr Bruder irgendetwas gesagt, das uns weiterhelfen könnte?«
Lois Reynold schlug die Augen wieder auf und blickte Diane fragend an. »Wer sind Sie?«
»Wir glauben, dass Ihr Bruder ermordet wurde«, sagte Diane.
Lois Reynolds murmelte: »Ich weiß es .«
»Weshalb?«, fragte Kelly.
»Prima .« Es war nur ein Flüstern.
Kelly beugte sich näher zu ihr. »Prima?«
»Gary hat mir . hat mir ein paar . ein paar Tage vor seinem Tod . davon erzählt. Ihre Maschine kann . kann das Wetter beeinflussen. Armer Gary. Er ... er ist nicht mehr nach Washington gekommen.«
»Nach Washington?«, fragte Diane.
»Ja . Sie wollten alle hin . mit einer Senatorin über . über Prima sprechen . Gary hat gesagt . Prima wäre gefährlich .«
»Können Sie sich an den Namen der Senatorin erinnern?«, fragte Kelly.
»Nein.«
»Denken Sie bitte nach.«
Lois murmelte etwas vor sich hin. »Senatorin soundso .«
»Senatorin wie?«, fragte Kelly.
»Levin . Luven . van Luven. Er wollte sie sprechen. Er wollte sich mit .«
Die Tür flog auf, und ein Arzt, der einen weißen Kittel trug und ein Stethoskop um den Hals hängen hatte, kam mit energischen Schritten in das Zimmer. Er musterte Diane und Kelly mit funkelnden Blicken. »Hat man Ihnen nicht gesagt, dass hier keine Besucher zugelassen sind?«
»Tut mir Leid«, sagte Kelly. »Wir mussten . wir mussten mit .«
»Gehen Sie bitte.«
Die beiden Frauen blickten zu Lois Reynolds. »Auf Wiedersehen. Gute Besserung.«
Der Mann blickte ihnen hinterher, als sie das Zimmer verließen. Sobald die Tür geschlossen war, trat er ans Bett, beugte sich über Lois Reynolds und ergriff ein Kissen.
40
Kelly und Diane gingen durch das Foyer des Krankenhauses.
»Deswegen wollten Richard und Mark also nach Washington«, sagte Diane. »Weil sie mit Senatorin van Luven sprechen wollten.«
»Wie kommen wir an sie ran?«
»Ganz einfach.« Diane holte ihr Handy heraus.
Kelly hob die Hand und hielt sie zurück. »Nein. Wir nehmen lieber ein Münztelefon.«
Sie besorgten sich bei der Auskunft die Telefonnummer des Senatsbürogebäudes, worauf Diane dort anrief.
»Senatorin van Luvens Büro.«
»Ich würde gern mit der Senatorin sprechen.«
»Darf ich ihr ausrichten, wer sie sprechen möchte?«
»Es handelt sich um eine persönliche Angelegenheit«, sagte Diane.
»Ihren Namen, bitte.«
»Den kann ich Ihnen nicht nennen - bestellen Sie ihr bitte, dass es sehr wichtig ist.«
»Tut mir Leid. Das kann ich nicht.« Die Verbindung wurde unterbrochen.
Diane wandte sich an Kelly. »Wir dürfen unsere Namen nicht nennen.« Diane wählte die Nummer noch einmal.
»Senatorin van Luvens Büro.«
»Hören Sie bitte. Ich will Sie nicht mit irgendwelchem Unsinn behelligen. Ich muss mit der Senatorin sprechen, aber ich kann Ihnen meinen Namen nicht nennen.«
»Dann kann ich Sie leider nicht mit der Senatorin sprechen lassen.« Wieder wurde die Verbindung unterbrochen.
Diane rief ein weiteres Mal an.
»Senatorin van Luvens Büro.«
»Bitte legen Sie nicht auf. Ich weiß, dass Sie nur Ihre Pflicht tun, aber bei dieser Sache geht es um Leben und Tod. Ich rufe von einem Münztelefon aus an. Ich gebe Ihnen die Nummer. Bitte sehen Sie zu, dass die Senatorin zurückruft.«
Sie nannte der Sekretärin die Nummer und hörte, wie sie den Hörer auf die Gabel knallte.
»Was machen wir jetzt?«, sagte Kelly.
»Wir warten.«
Sie warteten zwei Stunden, bis Diane schließlich sagte:
»Das klappt nicht. Wir .«
Das Telefon klingelte. Diane atmete tief durch und nahm ab.
Eine gereizt klingende Frauenstimme sagte: »Hier ist Senatorin van Luven. Wer ist am Apparat?«
Diane hielt Kelly das Telefon hin, sodass sie beide hören konnten, was die Senatorin sagte. Diane war so aufgeregt, dass sie kaum ein Wort hervorbrachte. »Senatorin, ich heiße Diane Stevens. Ich bin in Begleitung von Kelly Harris. Wissen Sie, wer wir sind?«
»Nein, das weiß ich nicht, und ich fürchte .«
»Unsere Männer wurden ermordet, als sie sich mit Ihnen treffen wollten.«
Am anderen Ende war ein kurzes Aufkeuchen zu vernehmen. »O mein Gott. Richard Stevens und Mark Harris.«
»Ja.«
»Ihre Männer hatten einen Gesprächstermin mit mir vereinbart, aber meine Sekretärin erhielt einen Anruf, bei dem man ihr mitteilte, dass sie ihre Pläne geändert hätten. Und dann ... starben sie.« »Der Anruf kam nicht von ihnen, Senatorin«, sagte Diane. »Sie wurden ermordet, weil man verhindern wollte, dass sie mit Ihnen sprechen.«