Sein Gesicht wurde kreidebleich. Er warf einen Blick auf das nächste Blatt. »>Vielen Dank für die Einladung zur Besichtigung von Prima, Ihrem Computer zur Wetterbeeinflussung, in der KIG-Zentrale. Wir freuen uns bereits darauf.< Unterzeichnet vom Chefredakteur von Newsweek.«
Er überflog die übrigen Papiere. »CBS, NBC, CNN, das Wall Street Journal, die Chicago Tribune und die Londoner Times, und alle wollen bei der Einweihung von Prima zugegen sein.«
Pauline saß sprachlos da.
Tanner war so wütend, dass er kaum ein Wort herausbrachte. »Was zum Teufel geht da vor?« Er stockte. »Diese verdammten Weiber!«
Unterdessen war Diane in Irma’s Internetcafe fieberhaft am Computer beschäftigt. Sie blickte zu Kelly auf. »Haben wir irgendjemanden vergessen?«
»Elle, Cosmopolitan, Vanity Fair, Mademoiselle, Reader’s Digest...«, sagte Kelly.
Diane lachte. »Ich glaube, das reicht. Hoffentlich hat Kingsley einen guten Partyservice. Er wird ein Riesenfest geben.«
Vince Carballo schaute Grace Seidel gespannt an. »Sie kennen Kelly?«
»O ja«, sagte Grace. »Sie ist das berühmteste Model der Welt.«
Vince Carballo strahlte übers ganze Gesicht. »Wo ist sie?«
Grace blickte ihn verdutzt an. »Das weiß ich nicht. Ich bin ihr nie begegnet.«
Sein Gesicht lief rot an. »Sie haben doch gesagt, Sie kennen sie.«
»Na ja, ich meine - jeder kennt sie. Sie ist berühmt. Ist sie nicht wunderschön?«
»Sie haben also keine Ahnung, wo sie ist?«
»Doch, ich habe eine leise Ahnung.«
»Und wo?«
»Ich habe heute Morgen eine Frau, die ausgesehen hat wie sie, in einen Bus einsteigen sehen. Sie war mit jemandem unterwegs .«
»Was für ein Bus war das?«
»Der Bus nach Vermont.«
»Danke.«
Vince Carballo stürmte davon.
Tanner warf den Stapel Faxe und E-Mails auf den Boden und wandte sich an Pauline. »Weißt du, was diese Weiber angerichtet haben? Wir können nicht zulassen, dass irgendjemand Prima zu Gesicht bekommt.« Er dachte eine Zeit lang nach. »Ich glaube, Prima wird am Tag vor der Party aufgrund einer technischen Störung in die Luft fliegen.«
Pauline blickte ihn einen Moment lang an und lächelte.
»Prima II.«
Tanner nickte. »Ganz recht. Wir unternehmen eine Weltreise, und wenn wir Lust haben, begeben wir uns nach Tamoa und nehmen Prima II in Betrieb.«
Kathy Ordonez meldete sich über die Gegensprechanlage. Ihre Stimme klang hektisch. »Mr. Kingsley, die Telefone spielen verrückt. Ich habe die New York Times, die Washington Post und Larry King am Apparat. Alle wollen Sie sprechen.«
»Sagen Sie ihnen, dass ich in einer Konferenz bin.« Tanner wandte sich an Pauline. »Wir müssen von hier weg.« Er tätschelte Andrews Schulter. »Andrew, komm mit.«
»Ja, Tanner.«
Alle drei gingen zu dem roten Ziegelgebäude. »Du musst etwas sehr Wichtiges für mich erledigen, Andrew.«
»Alles, was du willst«, sagte Andrew.
Tanner führte sie in den roten Ziegelbau und begab sich zu Prima. Dann drehte er sich zu Andrew um. »Ich habe folgenden Wunsch an dich. Die Prinzessin und ich müssen jetzt aufbrechen, aber ich möchte, dass du um sechs Uhr diesen Computer abschaltest. Es ist ganz einfach. Siehst du den großen roten Knopf dort?« Er deutete hin.
Andrew nickte. »Ich sehe ihn.«
»Du musst ihn lediglich dreimal drücken, um Punkt sechs Uhr. Dreimal. Kannst du dir das merken?«
»Ja, Tanner«, sagte Andrew. »Um sechs Uhr. Dreimal drücken.«
»Gut. Bis später.«
Tanner und Pauline gingen zur Tür.
Andrew blickte ihnen hinterher. »Nehmt ihr mich nicht mit?« »Nein. Du bleibst hier. Aber denk dran: um sechs Uhr dreimal drücken.«
»Ich werd’s mir merken.«
Als sie hinausgingen, fragte Pauline: »Was ist, wenn er nicht daran denkt?«
Tanner lachte. »Das spielt keine Rolle. Ich habe den Sprengsatz so eingestellt, dass er um sechs Uhr von selbst explodiert. Ich wollte nur sichergehen, dass er hier ist, wenn er hochgeht.«
45
Es herrschte herrliches Flugwetter. Die Boeing 757 der KIG düste am azurblauen Himmel hoch über dem Pazifischen Ozean dahin. Pauline und Tanner saßen zusammengekuschelt auf einer Couch in der Kabine.
»Weißt du, Liebling«, sagte Pauline, »eigentlich ist es ein Jammer, dass die Menschen nie erfahren werden, wie genial du bist.«
»Wenn sie’s jemals herausfinden, bekomme ich großen Ärger.«
Sie schaute ihn an und sagte: »Kein Problem. Wir könnten uns irgendein Land kaufen und uns zu seinen Herrschern ernennen. Dann kann uns keiner etwas anhaben.«
Tanner lachte.
Pauline streichelte seine Hand. »Weißt du, dass ich dich schon von Anfang an haben wollte?«
»Nein. Soweit ich mich erinnern kann, warst du ziemlich unverschämt.«
»Aber es hat geklappt, nicht wahr? Du musstest mich unbedingt wiedersehen, um mir eine Lektion zu erteilen.«
Sie küssten sich lange und innig.
In der Ferne flackerte ein Blitz auf.
»Du wirst von Tamoa begeistert sein«, sagte Tanner. »Wir bleiben ein, zwei Wochen dort und spannen aus, und danach reisen wir um die Welt. Wir werden all die Jahre nachholen, in denen wir nicht zusammen sein konnten.«
Sie blickte auf und grinste schelmisch. »Darauf kannst du dich verlassen.«
»Und einmal im Monat kehren wir nach Tamoa zurück und setzen Prima II ein. Wir suchen die Ziele gemeinsam aus.«
»Tja«, sagte Pauline, »wir könnten ja ein Unwetter in England auslösen, aber dort fällt es vermutlich niemandem auf.«
Tanner lachte. »Wir können uns die ganze Welt aussuchen.«
Ein Steward kam zu ihnen. »Darf ich Ihnen etwas bringen?«, fragte er.
»Nein«, sagte Tanner, »wir haben alles, was wir brauchen.« Und er war davon überzeugt, dass es stimmte.
In der Ferne zuckten weitere Blitze über den Himmel.
»Hoffentlich geraten wir nicht in ein Gewitter«, meinte Pauline. »Ich ... ich hasse es, bei schlechtem Wetter zu fliegen.«
»Keine Sorge, Liebling«, sagte Tanner beruhigend. »Es ist kein Wölkchen am Himmel zu sehen.« Er dachte einen Moment lang nach und lächelte. »Wir müssen uns keine Gedanken über das Wetter machen. Wir beherrschen es.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Prima ist vor einer Stunde hochgegangen und .«
Plötzlich trommelten Regentropfen auf die Maschine.
Tanner zog Pauline an sich. »Ist schon gut. Es regnet bloß ein bisschen.«
Er hatte den Satz kaum ausgesprochen, als sich der Himmel verdunkelte und lautes Donnergrollen durch die Kabine hallte. Die große Maschine sackte durch und wurde wieder emporgeschleudert. Tanner blickte verdutzt aus dem Fenster, wusste nicht recht, wie ihnen geschah. Der Regen draußen ging in schweren Hagel über.
Tanner sagte: »Schau dir .« Dann wurde ihm mit einem Mal alles klar. »Prima!« Es klang wie ein Jubelruf, und in seinen Augen lag ein triumphales Funkeln. »Wir können .«
In diesem Moment wurde die Maschine von einer Orkanbö erfasst, die sie wie wild umherschleuderte.
Pauline schrie laut auf.
Andrew Kingsley saß in dem roten Ziegelbau hinter der KIG-Zentrale und bediente Prima, ließ die Finger über die Knöpfe und Tasten huschen, an deren Funktion er sich nach und nach wieder erinnerte. Er warf einen Blick auf den Bildschirm, der das Zielgebiet zeigte, und sah, wie das Flugzeug seines Bruders von Orkanböen mit einer Windgeschwindigkeit von bis zu dreihundert Stundenkilometern durchgeschüttelt wurde. Er drückte auf einen weiteren Knopf.