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«Es ist an siebter Stelle«, sagte Angela. Die Tränen liefen ihr über die Wangen, so lachte sie.»Und Pedro reitet wie ein germanischer Gott!«

«Hören Sie auf, Angela. «Fallersfeld faßte sich ans Herz, als er das tausendstimmige Gelächter hörte.»Davon erhole ich mich nie wieder.«

Romanowski brüllte und heulte, beugte sich vor zu Laskas Ohren und schrie hinein:»Ick vergifte dir! Bei Jott, ick schlachte dir! Mir det anzutun! Mir, deinem Freund! Laska, hör uff damit, ick flehe dir an!«

Die Kurve, die Gegengerade. Die halbe Distanz war gelaufen — Las-ka lag in fünfter Position. Die Jockeys hinter Romanowski, die er überholt hatte, schrien ihm zu. Schimpfworte, die Pedros Kopf anschwellen ließen.

Als sie in die Gegengerade einbogen, liefen ihm vor Scham die Tränen über die Wangen. Er hatte keine andere Aufgabe mehr, als sich im Sattel zu halten. Mit Laska war nicht mehr zu reden, sie reagierte auf keinen Zügel mehr, auf keinen Schenkeldruck, auf keinen Zuruf. Sie lief auf der Außenbahn, auf der ungünstigsten Position, und überholte doch langsam alle.

Laska überholte das fünfte Pferd, einen Rappen mit dem schmalen Kopf eines Engländers. Der Jockey auf dem edlen Pferd versuchte, mit seiner Peitsche nach Laska zu schlagen. Sie wich ihm aus, schlug im vollen Lauf nach hinten aus, traf den Hengst und warf ihn damit aus dem Rennen.

Romanowski schluchzte auf, sah sich um, klammerte sich an seinem wilden Pferd fest und ergab sich in sein Schicksal. Als sie das vierte Pferd überholten, begann es ihm sogar Spaß zu machen. Beim Bogen in die Zielgerade beugte er sich vor und legte das Gesicht auf Laskas Kopf.

«Du verfluchtes Luder«, sagte er.»Det vajesse ick dir nie, aber ick nehm's zurück. Du bist keene Küchenmamsell! Loofen kannste wie keene andere. Nu blamiere mir nich und jewinn ooch.«

Die Zielgerade. In der Ferne die Tribünen mit den tobenden und schreienden Menschen. Sie warfen ihre Zylinder hoch und trampelten wie die Irren. Fernsehen und Film nahmen dieses einmalige Ereignis für alle Zeiten auf: Ein Springpferd, die berühmte Laska, läuft ein Galopprennen mit — natürlich außer Konkurrenz, außerhalb jeder Wertung.

Auf der Zielgeraden.

Romanowski überholte Nummer 3. Der Jockey, an dem Laska nahe vorbeiraste, spuckte Romanowski ins Gesicht.

Der Turm der Zeitnehmer. Die Rennleitung. Die Fahnen. Die Tribünen. Köpfe von Tausenden von Menschen. Hochgeworfene Hüte, Winken von Taschentüchern, wo Laska vorbeiflog. Ein Höllenlärm

aus Schreien und Klatschen.

Fasziniert starrten Fallersfeld, Angela und Hartung auf Laska. Romanowski, der wie ein Affe auf ihr hockte, übersahen sie ganz.

«An dritter Stelle«, stammelte Fallersfeld.»Horst, was ist das bloß für ein Pferd!«

«Jetzt weiß ich es — ein ungarisches!«

«Die Komplikationen, die noch kommen. Schadensersatzansprüche!«

«Ich bezahle alles!«schrie Hartung und warf die Arme hoch.»Sie ist an zweiter Stelle!«

«Neben >Feueratem<. Der ist Favorit! Ich träume«, sagte Fallersfeld matt.

Romanowski strahlte über das ganze Gesicht. Er war stolz aufLas-ka. Wenn auch alle lachten, wenn er auch der Clown sein würde, über den die ganze Welt lachte — Laskas Beine wirbelten über die Bahn, daß man sie kaum sah. Wo gibt es ein solches Pferd noch einmal?

Noch dreihundert Meter.

Laskas Körper wurde ganz flach. Romanowskis Lippen zuckten. Jetzt — jetzt, das erste Pferd.

Sie jagen Kopf an Kopf. Der Jockey, Billi Doll hieß er, riß an den Zügeln. Dann drosch er seinem Pferd auf die Kruppe.

«Idiot!«schrie er zu Romanowski hinüber.

«Affe!«schrie Pedro zurück.

Noch fünfzig Meter.

Laska wandte den Kopf zur Seite. Der Hengst neben ihr schnaubte und flockte weiß, als spucke er Schnee. Ein Anglo-Ara-ber, vierjährig, groß, ein Muskelpaket und doch von einer unvergleichlichen Schönheit. Er kostete neunhunderttausend Mark und hatte einen eigenen Stall mit italienischen Kacheln.

Noch einmal streckte sich Laska. Unter dem Gebrüll von allen Menschen, die die Rennbahn umstanden, zog sie an dem Hengst vorbei und übernahm die Spitze.

«Sie siegt!«schrie Hartung und boxte Fallersfeld in die Seite.»Sie

siegt!«Er spürte, wie Angela ihn küßte. Laska! Laska!

«Das kostet Sie ein Vermögen!«

Mit zwei Längen Vorsprung rannte Laska über die Ziellinie. Um sie herum brach die Hölle los, und auch Romanowski begriff wieder, daß etwas Ungeheuerliches geschehen war. Er ließ sich aus dem Sattel fallen, als Laska zur Seite auf dem Grünstreifen auslief, legte sich auf die Erde und bedeckte sein Gesicht mit beiden Händen. Er hörte nur noch, wie sich Laska keuchend daneben legte, dann brachen Hunderte von Stimmen und die Blitzlichter der Fotografen über ihn herein.

Baden-Baden stand buchstäblich kopf.

Während Fallersfeld bei der Rennleitung erschien und mit ihr verhandelte, rieben Hartung und Angela mit schnell herbeigebrachten Strohbüscheln die schweißtriefende Laska ab. Sie stand auf schwankenden Beinen neben Romanowski und leckte ihm über das Gesicht. Er lag noch immer im Gras, völlig ausgepumpt und ohne Knochen — so fühlte er sich wenigstens.

«Laß det, Olle«, sagte er, als Laska ihn weiter leckte.»Det hilft nu ooch nischt mehr. Ick werde entlassen, det Jenick haste mir jebro-chen, det moralische Jenick. Ohne dir jehe ick ein wie'n Primelpott in der Wüste.«

Am Abend übernahm Dr. Rölle die taumelige Laska. Er horchte sie ab, maß den Puls und schüttelte den Kopf.»Die ist fertig«, sagte er zu Fallersfeld.»Wenn die morgen springt, versuche ich's auch! Die hat eine Kraftleistung hinter sich, an der sie noch Monate zu tragen hat.«

«Amen, dein Onkel Emil!«sagte Fallersfeld.»Baden-Baden wird mir immer, wenn ich daran denke, den Hut vom Kopf reißen.«

An diesem Abend sprach Hartung auch mit Luisa Gironi. Sie war verzweifelt, weil Piero Camerino seit dem Rennen verschwunden war, und wollte die Polizei einschalten.

Als Hartung sie verließ, lag sie auf dem Bett und weinte lautlos.

Sie hatte die Wahrheit ertragen, aber nur, weil Hartung sie ihr sagte.

In der Halle kaufte er einen großen Strauß roter Rosen und ließ ihn auf Luisas Suite schicken. Ohne Worte. Sie verstand ihn auch so.

Auch Angela verstand es.

«Wenn man ihr nur helfen könnte«, sagte sie leise.

«Keiner kann ihr helfen. Sie hat Millionen, aber ihr Gesicht wird sie nie wiederbekommen. «Hartung faßte Angela unter. Im Speisesaal war zum Abendessen gedeckt.»Es gibt eben Dinge, wo selbst Geld nichts wert ist.«

Am nächsten Nachmittag war der Tag der Springreiter. Mehr als sonst waren Presse und Fernsehen vertreten. Laska, die außerplanmäßige Siegerin beim Goldenen Pokal von Baden-Baden, sprang jetzt um den Großen Preis von Baden-Baden. Wenn das keine Sensation ist.

Das Stadion war ausverkauft. Für alle, die keine Karten mehr bekommen hatten, übertrug das Fernsehen außerhalb des Parcours den großen Kampf. Dreißig Fernsehgeräte standen auf den Wiesen herum. Vor ihnen ballten sich Menschentrauben.

Dr. Rölle hatte alles getan, um Laska fit zu machen. Sie ging zwar herum, latschte über die Cavalettis, aber es war keine Kraft mehr in ihr. Hartung ritt ein paar Hindernisse an, sie kam 'rüber, aber nur um Zentimeter über die Stangen. Fallersfeld winkte ab.

«Gut! Reiten Sie, Hartung. Schon wegen der Presse und der Sensation. Es ist doch alles vorbei.«

Das schien es wirklich.

Während die anderen sprangen, lehnte Laska vor dem Einlaß einer Fahnenstange und schlief. Sie schlief wirklich, mit geschlossenen Augen, und reagierte auf keinen Zuruf. Romanowski stand daneben, biß in seine Mütze und war wie gelähmt vor Kummer.

«Det sieht wie'n Herzschlag aus«, stammelte er, als Hartung kam, um aufzusitzen. Noch zwei Reiter, dann mußte er auf den Parcours.

«Herrchen, reiten Se det Luder nich. Sie stirbt uns uffn Platz.«