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Mit der Faust hieb er auf die Aus-Taste, schlug dann die Hände vors Gesicht und weinte wie ein Kind.

Über Laska war das Todesurteil gesprochen.

Unterdessen suchten Kommissar Verschuren und seine Männer systematisch die Gegend ab. Petelo Nsombo stand vor der Tür seiner Steinhütte und sah ihnen zu. Frau und Kindern hatte er verboten, vor die Hütte zu kommen. Er rauchte eine selbstgedrehte Zigarette nach der anderen und stand bald in einem Kreis von Zigarettenenden.

«Der Schwarze weiß mehr, als er sagt«, meinte einer der Polizisten zu Verschuren.»Wir sollten ihn mal in die Mangel nehmen.«

«Warum? Verlorene Zeit. «Verschuren winkte ab.»Ich kenne Nsom-bo. Wenn er freiwillig nichts sagt, könnt ihr ihn mit dem Kopfnach unten an einen Ast hängen — er wird keinen Ton von sich geben.«

In der Felsenhöhle präparierte Lokwa eine Decke mit dem Pflanzensaft Loa-loa. Es war ein uraltes Negermittel, das man zur Beseitigung unliebsamer Nachbarn angewendet hatte. Die Methode war einfach, sicher und grausam: Man tränkte ein Stück Stoff mit dem Saft dieser kakteenähnlichen Pflanze, wickelte den Gegner darin ein und wartete einen Tag, bis das Schreien des Gequälten erstarb. Dann rollte man ihn aus dem Tuch, wobei sich die gesamte Haut löste. Bisher hatte noch niemand diese Behandlung überlebt.

Lokwa handelte genau nach dem Befehl seines Herrn. Bei Einbruch der Dunkelheit, als der Hubschrauber wieder auf der Farm gelandet war, köpfte er mit einer Machete einige Loa-loa-Pflanzen, ließ vorsichtig den Saft auf eine alte Decke fließen, dann ergriff jeder der vier Bantus eine Ecke, und sie warfen die Decke mit einem Schwung über Laskas Rücken. Damit die Decke nicht verrutschte, band Lokwa noch einen Strick darum und löste dann vorsichtig die Fesseln. Mit einem Sprung rettete er sich vor dem befreiten Pferd.

Laska blieb zunächst stehen. Sie bewegte die Füße, hob den Kopf, ging zwei Schritte zurück, zwei Schritte vor. Wartete, was weiter geschah, und als niemand kam, drehte sie sich langsam um. Die Ladeklappe war heruntergelassen, vor ihr lag die Freiheit. Fahle, warme Dunkelheit. Felsen, Sand, wasserlose Einöde — der Tod. Vorn am Wagen, hinter dem Kühler versteckt, warteten die fünf Bantus.

Mit ein paar Schritten war Laska am Rand der Ladefläche. Sie witterte in die Nacht, sah sich um, schätzte den Boden unter sich ab und sprang dann. Es klapperte laut, als ihre Hufeisen auf die Steine prallten. Die Bantus hinter dem Kühler bekreuzigten sich. Der Teufel ist 'raus! Nun renn weg, du Satan von einem Pferd!

Sie sprangen ins Führerhaus, drängten sich aufdie Sitzbank, Lok-wa zündete den Motor, trat auf das Gas, der Wagen schoß unter dem überhängenden Felsen hervor, begrub Laska unter einer Wolke von Staub und Sand und hüpfte dann den engen Pfad hinun-ter.

Laska lief ein paar Minuten hinter dem Lastwagen her, dann blieb sie stehen und schabte ihren Rücken an einer Felsnase. Ein unerträglicher Juckreiz breitete sich über ihren Körper aus, der bald in ein heißes Brennen überging.

Das Loa-loa begann zu wirken. Erst die Körpertemperatur, die Verbindung mit dem Schweiß, ließ es zum Gift werden.

Laska drehte sich um, versuchte, mit den Zähnen die Decke zu fassen. Vergeblich. Das juckende Feuer fraß sich in sie hinein.

Da begann sie zu galoppieren. Immer geradeaus, einem unergründlichen Instinkt folgend. Geradeaus — das war in diesem Falle nach Süden. Zurück zu den Menschen, nicht in die Wüste, die im Norden lag. Die fürchterliche Kalahari, die wasserärmste Wüste der Welt.

Und das Feuer rund um Laskas Leib breitete sich aus. Sie wieherte laut, wälzte sich ein paarmal im Sand, aber es wurde nicht besser davon, sondern das Brennen verstärkte sich. Es war, als fräßen sich glühende Kohlen durch das Fell.

Bis zum Morgen war Verschurens Polizeitrupp auf der Suche. Aber auch Heerekamp schlief nicht, er ließ sich einen Sessel vors Haus tragen und blieb dort sitzen, bis der Morgen graute. Müde, verschwitzt und dreckig kamen die Polizisten zurück. Auch Verschuren kapitulierte. Er hatte den Lastwagen untersucht, der gegen Mitternacht auf der Farm eingetroffen war. Lokwa sagte im Verhör, er habe draußen nach zwei verlaufenen Rindern gesucht, sie aber nicht gefunden. Die vier anderen Bantus bestätigten das lebhaft nickend.

«Im Wagen riecht es aber nach Pferd!«brüllte Verschuren.»Ihr habt ein Pferd transportiert.«

«Vorgestern. Ja. Der Wagen wird für alles benutzt. «Lokwa war nicht zu erschüttern. Heerekamp kam herüber, klopfte Lokwa auf die Schulter und ging wieder, ohne ein Wort gesagt zu haben.

«Aus!«sagte Verschuren resignierend.»Jetzt können wir den Schwar-zen vierteilen, er sagt nichts mehr. Sein Bwana hat ihn gelobt. Scheiße!«

Als die Morgensonne schien und der Sand wie Messing glänzte, stand Heerekamp wieder von seinem Sessel auf und ging zu Ver-schuren.

«Na?«fragte er ironisch.»Sie großer Kriminalist! Wo ist Laska? Sie suchen am falschen Ende, Verschuren. Wenn Sie nach Johannesburg zurückkommen, haben Sie viel Zeit, man wird Sie nämlich zwangspensionieren. Ein Heerekamp kauft sich alles, aber er stiehlt nicht! Guten Flug.«

Verschuren antwortete nicht. Nach zehn Minuten waren beide Hubschrauber in der Luft, drehten noch eine Runde um die HeerekampFarm und schwirrten dann nach Süden davon. Heerekamp starrte ihnen nach. Er schwankte wie ein Betrunkener. Das war seine erste Niederlage — und Laska war tot.

Unter Verschuren lag das teils öde, von Sandfeldern durchzogene Land, teils Felshänge mit mattgrünen Weiden, so wie die Natur das Wasser spendete, das Wasser, das hier allein Leben bedeutete.

Leben — das war auch der einzige Gedanke, der Laska beherrschte. Das Brennen auf ihrem Fell machte sie verrückt, sie rannte durch Sand und Steinschluchten, und je mehr sie schwitzte, um so grausamer fraß sich das Feuer in sie hinein. In einer Senke sah sie einen kleinen Tümpel, Wasser, das aus einer unterirdischen Quelle kam und das sich jetzt am frühen Morgen eine Herde Springböcke versammelt hatte. Mit lautem Wiehern stürzte sich Laska in den Tümpel, wälzte sich im Wasser und spürte, wie das Brennen sofort nachließ und nur noch das Jucken blieb. Die Springböcke stoben davon, erschreckt von dem unbekannten schreienden Laut.

Laska wälzte sich weiter im Wasser, blieb dann auf der Seite liegen und atmete schwer. Diese herrliche Kühle! Und kein Feuer mehr, kein Feuer!

«Verdammt, da ist doch etwas los!«sagte Verschuren und zeigte nach unten. Eine Springbockherde jagte in panischer Flucht über das Land.

«Löwen!«rief der Pilot durch den Lärm der Rotoren.

«Hier? Nie! Geh 'runter, James. Zurück, wo die Böcke herkommen.«

Nur ein paar hundert Meter weiter sahen sie den Tümpel und einen braunen Körper, der halb im Wasser lag. Er strampelte mit den Beinen und wälzte sich hin und her.

«Ein Pferd!«brüllte Verschuren.»Laska! Laska!«Er hieb mit den Fäusten gegen die Glaskuppel des Hubschraubers.»Wir haben sie! Wir haben sie!«

Waghalsig setzte der Hubschrauber zur Landung an.

Zwei Tage später stand Laska wieder im Stallzelt des Turf-Clubs von Johannesburg. Dr. Rölle und vier südafrikanische Tierärzte, die besten Spezialisten aus Johannesburg, Pretoria und Durban, umringten Laska und wußten keinen Rat.

Das Fell war auf dem Rücken, an den Seiten und am Bauch in großen Partien zerstört. Die Haare fielen aus, als hätten sie keine Wurzeln mehr. Darunter kam das rohe Fleisch zum Vorschein, über das Dr. Rölle Penicillinpuder geschüttet hatte. Aus Laska war ein häßliches Pferd geworden, aber sie lebte. Weinend saß Angela unter Laskas Kopfund streichelte ihre Nüstern. Hartung rauchte nervös eine Zigarette nach der anderen, obwohl im Zelt Rauchen verboten war.