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«Hinaus!«sagte Fallersfeld scharf. Er sprang auf und stand drohend vor dem Tisch.»Wir verhandeln nicht weiter!«

Die beiden ehrenwerten Männer blieben sitzen. Cabuzzi betrachtete seine Fingernägel. Der Commendatore hüstelte anhaltend und leise vor sich hin.

«Ich habe es von Anfang an erkannt, der Baron stört. Mit Ihnen hätte man reden können, Signor Hartung. Schließlich geht es um

Laska, und die gehört Ihnen und nicht dem deutschen Staat. Ihre Antwort ist uns wichtig.«

«Sie werden erstaunt sein, Commendatore — nein!«

Hartung schlug die Beine übereinander und trank mit einer Ruhe, die der am ganzen Körper bebende Fallersfeld bewunderte. Lam-bordano schien diesen Satz nicht zu begreifen, Cabuzzi riß erschrocken die Augen auf.

«Sie lehnen ab?«fragte er als erster.

«Ja.«

«Sie wissen, was das bedeutet?«

«Natürlich. «Hartung winkte lässig ab, als Lambordano etwas sagen wollte.»Laska wird bewacht wie ein Kronschatz. Sie kommen an sie nicht heran.«

«Wer sagt ihnen, daß wir an sie heranwollen?«Der Commenda-tore tippte mit dem Zeigefinger in die Luft.»Man könnte das Pferd beim Training erschießen, zum Beispiel.«

«Der Platz ist abgesperrt.«

«Es gibt hohe Bäume und Gewehre mit Zielfernrohren. Und es gibt hervorragende Schützen.«

«Jetzt wird es Zeit, daß wir die Polizei holen!«schrie Fallersfeld.»Ich bin Zeuge dieser infamen Erpressung.«

«Sie sind zwei und wir sind zwei — wem, glauben Sie, wird die Polizei zuhören? Sie sind Ausländer, ich bin Commendatore — wer wird wohl hier recht bekommen? Ihre Chancen sind gleich Null, wenn Sie nicht zahlen. «Lambordano stand auf. Cabuzzi folgte seinem Beispiel.»Sie haben noch drei Tage Zeit. Bis morgens um zehn am Turniertag ist unsere Kasse geöffnet. Später können wir leider nicht mehr für Ihren Schutz sorgen.«

An der Tür verbeugte sich der Commendatore höflich, Cabuzzi grinste und schwenkte seinen weißen Hut.

«Wir werden in diesen Tagen ein paarmal wegen Ihrer Entscheidung nachfragen«, sagte er.»Sogenannte letzte Worte spricht nur ein Sterbender. Auf Wiedersehen, Signori.«

Die Tür klappte zu. Fallersfeld ließ sein Monokel aus dem Auge fallen und fing es geschickt auf. Das war bei ihm der äußerste Ausdruck des Mißmutes.

«Unerhört!«sagte er heiser.»Wirklich unerhört! Verhältnisse wie zu Al Capones Zeiten.«

«Seine Nachkommen sind nicht ausgestorben. «Hartung schenkte sich ein neues Glas Campari ein.»Auch der seriöse Commen-datore ist nur ein kleiner Fisch, ein Zwischenglied. Die Zentrale ist unsichtbar, unangreifbar.«

«Mafia«, sagte Fallersfeld gepreßt.

«Ja. Ich überlege mir, wie wir aus diesem Druck herauskommen. Die Amerikaner haben bereits bezahlt, die anderen Nationen werden folgen — stillschweigend, denn wer hier den Mund aufmacht, kann sich gleich einen Sarg anmessen lassen. Die Polizei ist machtlos, die Behörden haben selbst Angst, Rom, das der Mafia mit Zerschlagung droht, ist weit, Zeugen sterben plötzlich, selbst hinter dik-ken Gefängnismauern werden sie vergiftet oder sogar auf offener Straße erschossen.«

«Und dagegen wollen Sie anrennen?«Fallersfeld stand der Schweiß auf der Stirn.»Sie kennen mich, Horst. Ich lasse mich zu nichts zwingen, ich kenne auch keine Angst, aber Laska zuliebe sollten wir zahlen. Stillschweigend, wie die anderen.«

«Das würden Sie für Laska tun?«

«Ja.«

«Das Biest, das Sie nicht leiden kann?«

«Es ist ein Pferd. «Fallersfelds Gesicht zuckte.»Ihr Verstand steht im umgekehrten Verhältnis zu der Größe ihres Kopfes. Der Intelligentere muß verzeihen. Sagen Sie den Halunken, sie könnten die zwei Millionen Lire abholen, morgen nachmittag.«

«Nein!«Hartung trat ans Fenster. Der Blick war zauberhaft. Unten der Hotelpark mit den Sonnenschirmen um den Swimming-pool; hinter der hohen Hecke die zerklüfteten Felsen, dann das tiefblaue Meer mit den leichten Schaumkronen an den Klippen. Ein goldorangefarbener Streifen durchschnitt das Wasser. Das Strahlenbündel der untergehenden Sonne.»Ich beuge mich keinem Terror. Vor allem kennen wir jetzt unsere Geschäftspartnern Kommen Sie, Baron, ich locke sie heraus.«

«Wohin?«

«Zur Polizei. Damit rechnen sie nicht.«

Polizeikommissar Enrico Portaldi hörte sich Hartungs Bericht mit schief geneigtem Kopf und ungläubigen Augen an. Er unterbrach ihn nicht mit Zwischenfragen, er notierte sich aber auch nichts. Es war, als lausche er einem literarischen Vortrag. Erst als Hartung schwieg, sagte er mit hochgezogenen Brauen:

«Commendatore Lambordano genießt den besten Ruf. Wissen Sie, was Sie da gegen ihn vorbringen?«

«Natürlich.«

«Ihre Anzeige ist Unsinn. Ich nehme sie gar nicht erst auf.«

«Das habe ich erwartet. Und Piero Cabuzzi kennen Sie auch?«

«Er ist ein angesehener Rechtsanwalt und Mitglied des Golfclubs.«

«Das genügt?«

«Wer im Golfclub spielt, ist ein Ehrenmann. Soll ich mich lächerlich machen, indem ich Ihre Anzeige aufnehme?«

«Es entspricht alles den Tatsachen!«

«Können Sie es beweisen?«Portaldi winkte ab.»Ich weiß, der Herr Baron. Was besagt das? Gegen einen Eid des Commendatore sind Sie machtlos, werden wegen übler Nachrede verurteilt, und ich werde strafversetzt. Glauben Sie, der Ätna hört auf zu spucken, wenn Sie sich auf den Krater setzen? Vergessen Sie das Ganze, Signor Hartung.«

«Das heißt, die Polizei rät mir, an die Mafia zu zahlen?«

«Ich habe kein Wort von Zahlungen gehört. «Portaldi blickte auf die Uhr. Ein Wink, daß er keine weitere Zeit an diesen Fall verschwenden wollte.»Denken Sie einmal nach, Signore. Ich bestelle den Commendatore auf die Wache. Cabuzzi kommt mit und erklärt sofort, daß dieser Verdacht eine ganz gemeine Schikane der Polizei sei. Beschwerde in Catania. Beschwerde in Rom. Wie stehe ich da ohne Beweise, nur mit Aussagen eines Ausländers, die kaum Beweiskraft haben? Na? Wie ein Idiot, der in die Hose pinkelt und ruft: Es regnet! Nein. Gehen Sie fort mit Ihrer Anzeige. Ich werde die Wachen verstärken, ich werde überall Patrouillen durchs Gelände gehen lassen, mehr kann ich nicht tun, Signore.«

Hartung ging. Mit vorgeschobener Unterlippe sah ihm Portaldi nach. Er glaubte Hartung alles, er wußte sogar, daß er recht hatte, der Commendatore war ein Mafioso, wie er im Bilderbuch steht — aber Beweise, eindeutige Beweise, die fehlten. Und so lange ist ein Mann wie Lambordano eben ein Ehrenmann mit blütenweißer Weste.

Die erste Warnung erfolgte bereits am gleichen Abend.

Romanowski ging hinüber zu den Badezellen im Stadion, nachdem er zwei Stallburschen der deutschen Equipe zu Laska geholt hatte,»'ne halbe Stunde«, sagte er.»Eenmal brausen, det mach ick imma alle halbe Jahr.«

Er lachte, klemmte sich ein zusammengerolltes Handtuch unter den Arm und trottete los.

In einem der vielen Gänge unter der Tribüne, wo Umkleideräume, Duschkabinen, Massagezimmer, Pressezimmer und einige Gymnastiksäle lagen, kamen ihm vier unscheinbare Männer entgegen, schwarzlockig, mit offenen Hemden und Goldkettchen aufder Brust. Sie gingen nebeneinander, eine lebende Wand, die sich durch den Gang schob. Romanowski blieb stehen und sah sich um. Er war allein. Und da ein Romanowski nie rückwärts geht, wartete er, was nun geschehen würde. Zwei Meter noch waren die vier jungen Burschen entfernt, kräftige Kerle mit grinsenden Gesichtern.

«Ick bin wie 'n Panzer«, sagte Romanowski und ließ seine Handtuchrolle fallen.»Überlegt euch det, ihr Heinis.«

Plötzlich waren sie über ihm. Lautlos, geschmeidig, wie Katzen. Sie fielen über ihn her, drückten ihn zu Boden und schlugen auf ihn ein. Romanowski wehrte sich, er hörte Stöhnen und Schmer-zensschreie, aber gegen acht Fäuste war auch er machtlos. Einer der Burschen machte ein schnelles Ende — er trat Romanowski mit aller Wucht gegen das Kinn. Es war, als zerplatze der Kopf in winzige, feurige Teile.