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das Handgelenk gebrochen.«

»Ach du liebe Zeit!«, rief Susan aus.

»Der Polizist wollte den Mann in ein Krankenhaus bringen, aber der alte Kanadier war fuchsteufelswild – er hat gesagt, eher würde er zu Fuß nach Kanada zurücklaufen, als sich noch einmal auf dieses verdammte Motorrad zu setzen. Da ist dem Polizisten nichts anderes übrig geblieben, als den Verletzten zu Fuß zu einer Klinik in der Nähe des Parks zu begleiten, wo er ihn abgeliefert hat, damit er versorgt

wird.«

»Damit wäre auch die Frage beantwortet, wohin David jetzt unterwegs ist«, sagte Susan stirnrunzelnd.

KAPITEL 17

David trat hinaus auf die glühende Plaza de Espana. Vor ihm erhob sich hinter Baumgruppen der Palacio de Espana aus einer über zwölftausend Quadratmeter großen Fläche weißblauer Fayencekacheln, den Olambrillas. Die arabischen Türmchen und die reich gestaltete Fassade gaben dem Bau eher das Aussehen eines Herrscherpalastes als eines öffentlichen Gebäudes. Das prächtige Bauwerk wurde von den Touristen vor allem deshalb besucht, weil das Fremdenverkehrsbüro damit warb, dass es in dem Film Lawrence von Arabien die Staffage für das Armee-Hauptquartier der Engländer abgegeben hatte. Für die Filmgesellschaft Columbia Pictures war es billiger gewesen, in Spanien zu drehen als in Ägypten, und außerdem war der maurische Einfluss im Stadtbild von Sevilla immer noch markant genug, um beim Zuschauer die Illusion zu wecken, er hätte

Kairo vor sich.

Becker stellte auf seiner Seiko die Ortszeit ein – einundzwanzig Uhr dreißig, nach lokalen Vorstellungen immer noch so etwas wie Spätnachmittag. Ein echter Spanier nahm die Abendmahlzeit nie vor Sonnenuntergang ein, und die träge andalusische Sonne sank selten

vor zehn Uhr abends hinter den Horizont.

Obwohl es so früh am Abend noch mächtig heiß war, strebte Becker im Eiltempo durch den Park. Strathmores Ton war weitaus ungeduldiger gewesen als am Morgen. Seine neuen Direktiven ließen für Interpretationen keinen Spielraum: Machen Sie den Kanadier ausfindig, und beschaffen Sie sich den Ring. Egal, wie Sie es

anstellen: Beschaffen Sie sich diesen Ring!

Becker fragte sich, was es mit diesem buchstabenübersäten Ring auf sich hatte. Strathmore hatte keine Erklärung geliefert, und Becker hatte ihn nicht danach gefragt. NSA, dachte Becker, niemand soll's

ahnen.

Die Klinik auf der anderen Seite der Avenida Isabela Católica war anhand des auf das Dach gemalten internationalen

Erkennungszeichens inzwischen deutlich auszumachen: ein rotes Kreuz in einem weißen Kreis. Der Polizist hatte den Kanadier schon vor Stunden dort eingeliefert. Gebrochenes Handgelenk, Beule am Kopf – der Patient war bestimmt längst versorgt und nach Hause geschickt worden. Becker hoffte, dass die Klinik Entlassungspapiere ausgestellt hatte, aus denen ein Hotel in der Stadt oder eine Telefonnummer hervorging, wo man den Mann erreichen konnte. Mit ein bisschen Glück, dachte Becker, hast du ihn schnell gefunden und

kannst dich mit dem Ring in der Tasche auf den Heimflug machen.

»Wenn es sein muss, nehmen Sie eben die zehn Riesen und kaufen dem Mann den Ring ab«, hatte Strathmore gesagt. »Das Geld

bekommen Sie von mir zurück.«

»Das ist nicht nötig«, hatte Becker geantwortet. Er hätte das Geld ohnehin zurückgegeben. Er war nicht des Geldes wegen nach Spanien gefahren, sondern für Susan. Commander Trevor Strathmore war Susans Mentor und Schutzengel. Susan hatte ihm sehr viel zu verdanken. Einen Tag zu opfern, um für Strathmore etwas zu

besorgen, war das Mindeste, was Becker tun konnte.

Unglücklicherweise hatte am Vormittag nicht alles geklappt wie von Becker geplant. Er hatte gehofft, Susan vom Flugzeug aus anrufen zu können, um alles zu erklären. Er hatte sogar erwogen, den

Piloten zu bitten, über Funk eine Nachricht an Strathmore abzusetzen, damit der Commander Susan unterrichten konnte, aber er wollte den stellvertretenden Direktor der NSA dann doch nicht mit seinen

privaten Beziehungsproblemen belasten.

Becker hatte inzwischen drei Mal versucht, Susan anzurufen – zuerst vom Flugzeug aus mit einem nicht funktionierenden Bordtelefon, dann aus einer Telefonzelle am Flughafen und zuletzt noch einmal aus dem Leichenschauhaus. Susan war jedes Mal nicht zu Hause. David fragte sich, wo sie stecken mochte. Der Anrufbeantworter war angesprungen, aber Becker hatte keine Nachricht hinterlassen. Ein derartiges Gerät war nicht der geeignete

Empfänger für das, was er zu sagen hatte.

Als er sich am Ende des Parks der Straße näherte, sah er eine Telefonzelle. Er lief hin, riss den Hörer von der Gabel, schob die Telefonkarte in den Schlitz und wählte. Es dauerte ewig, bis die

Verbindung zustande kam. Schließlich hörte er es klingeln. Nun mach schon! Und sei gefälligst zu Hause.

Nach fünf Klingelzeichen knackte es im Hörer.

»Hallo, hier spricht Susan Fletcher. Leider bin ich im Moment nicht zu Hause, aber wenn Sie Ihren Namen und ...«

Becker hörte sich die Ansage an. Wo zum Teufel steckt sie nur? Susan war inzwischen wohl der Panik nahe. Ob sie vielleicht nach

Stone Manor vorausgefahren war? Der Piepston kam.

»Hallo, hier ist David.« Er wusste nicht, was er sagen sollte, und verstummte. An Anrufbeantwortern hasste er am meisten, dass sie einen abwürgten, sobald man nicht mehr weiterwusste. »Tut mir Leid, dass ich dich nicht anrufen konnte«, sagte er gerade noch so rechtzeitig, dass das Gerät nicht abschaltete. Er überlegte, ob er Susan sagen sollte, was los war, ließ es aber sein. »Ruf Commander Strathmore an. Er wird dir alles erklären.« Beckers Herz pochte. Oh, wie verfahren das alles ist!, dachte er. »Ich liebe dich!«, setzte er noch schnell hinzu und hängte ein. Susan nahm inzwischen bestimmt schon

das Schlimmste an. Es war überhaupt nicht seine Art, sich nicht zu melden, zumal wenn er es versprochen hatte.

Becker wartete eine Lücke im Verkehr ab, um die Avenida Borbolla zu überqueren. Er trat hinaus auf den vierspurigen Boulevard. Rein und raus, murmelte er vor sich hin. Rein und raus. Er war zu sehr mit seinen Gedanken beschäftigt, um den Mann mit der Nickelbrille zu bemerken, der ihn von der anderen Straßenseite aus

beobachtete.

KAPITEL 18

Tokugen Numataka stand vor dem riesigen Panoramafenster eines Wolkenkratzers in der Innenstadt von Tokio. Lächelnd nahm er einen tiefen Zug von seiner Zigarre. Unglaublich, wie sehr ihn das Glück begünstigt hatte! Er hatte inzwischen ein zweites Mal mit dem Amerikaner gesprochen. Wenn alles nach Plan verlaufen war, war

Ensei Tankado schon eliminiert und sein Key geborgen.

Welch eine Ironie, dachte Numataka, dass das Schicksal ausgerechnet ihm am Ende Tankados Schlüssel zuspielen sollte. Vor vielen Jahren war er Ensei Tankado schon einmal begegnet, als sich der damals noch sehr junge Programmierer frisch vom College bei der

Numatech Corporation beworben hatte.

Numataka hatte ihn nicht genommen. Tankados fachliche Kompetenz stand außer Frage, aber zu jener Zeit spielten noch andere Überlegungen eine Rolle. Japan befand sich zwar schon im Wandel, aber Numatako war in der alten Schule groß geworden und lebte noch nach dem Verhaltenscode des menboku – der Ehre und des Gesichtwahrens. Unvollkommenes konnte nicht geduldet werden. Einen Krüppel einzustellen hätte Schande über sein Unternehmen gebracht. Tankados Bewerbungsunterlagen hatte er beiseite gelegt,

ohne einen Blick darauf zu werfen.

Numataka schaute wieder auf die Uhr. Der Anruf des