Выбрать главу

Schichten überhaupt nichts erwähnt.«

Charturkian bekam einen Kloß im Hals, der immer dicker wurde. Eine peinliche Stille entstand.

»Na gut«, sagte Strathmore schließlich und seufzte. »Hier liegt wohl ein unglückliches Missverständnis vor.« Er legte dem Techniker den Arm um die Schulter und schob ihn sanft zur Tür. »Sie dürfen sich jetzt darüber freuen, dass Sie hier nicht mehr gebraucht werden. Miss Fletcher und ich werden den ganzen Tag hier sein und die

Stellung halten. Machen Sie sich ein angenehmes Wochenende.«

Charturkian zögerte. »Commander, ich glaube wirklich, dass wir...«

»Phil«, sagte Strathmore nun schon etwas gereizt, »der TRANSLTR ist in Ordnung! Wenn Sie bei Ihrer Überprüfung auf etwas Merkwürdiges gestoßen sind, dann deshalb, weil Miss Fletcher und ich es so gewollt haben. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen...« Strathmore verstummte. Charturkian verstand. Seine Zeit war

abgelaufen.

Ein Diagnoseprogramm?, murmelte Charturkian vor sich hin, während er wütend in die Sys-Sec-Abteilung zurücktrottete. Die wollen dich wohl verarschen! Eine Schleifenfunktion, an der drei

Millionen Prozessoren sechzehn Stunden lang herumknacken!

Charturkian überlegte, ob er seinen Abteilungsleiter anrufen sollte. Verdammtes Kryptographenpack! Von Computertechnik keine

Ahnung!

Der Diensteid ging ihm durch den Kopf, den er zu Beginn seiner Anstellung in der Sys-Sec-Abteilung geleistet hatte. Er hatte gelobt, nach besten Kräften Können, Wissen und Instinkt zum Schutz der

Milliardeninvestition der NSA einzusetzen.

Instinkt! Man braucht kein Hellseher zu sein, um zu wissen, dass das kein vermaledeites Diagnoseprogramm ist! Das sagt einem doch schon der Instinkt!

Charturkian stapfte trotzig zu seinem Terminal und rief alles auf, was er an Systemüberwachungs- Software auf Lager hatte.

Mein lieber Commander, Ihr Spielzeug ist in Gefahr!, schimpfte er vor sich hin. Mein Instinkt ist Ihnen nicht seriös genug? Ich werd's

Ihnen beweisen!

KAPITEL 20

La Clinica de Sanidad Pública war eigentlich eine zweckentfremdete Volksschule. Das lang gestreckte einstöckige Backsteingebäude mit großen Fenstern und rostigen Kinderschaukeln im Hof hatte mit der landläufigen Vorstellung von einem Krankenhaus wenig zu tun. Becker stieg die bröckelnden Stufen

hinauf.

Drinnen war es düster und laut. Das Wartezimmer bestand aus einer Reihe von Klappstühlen, die in einem schmalen und endlos langen Korridor herumstanden. In einem hölzernen Bock klemmte ein Pappschild mit der Aufschrift OFICINA und einem Pfeil, der den

Korridor hinunterwies.

Becker ging den spärlich beleuchteten Flur hinunter. Er kam sich vor wie in der Szenerie eines drittklassigen Horrorfilms. Es roch nach Urin, und auf den letzten zwölf bis fünfzehn Metern war auch noch der letzte Rest der Beleuchtung kaputt. Seine Wahrnehmung reduzierte sich auf schemenhafte Silhouetten –eine blutende Frau... ein heulendes Pärchen... ein betendes kleines Mädchen. Becker hatte das Ende des Korridors erreicht. Links war eine angelehnte Tür. Er stieß sie auf. Der Raum war vollkommen leer bis auf eine nackte

Greisin, die mit ihrem Nachtgeschirr kämpfte.

Na prächtig! Becker schloss die Tür. Wo zum Teufel ist die Aufnahme?

Der Korridor machte einen Knick. Becker hörte laute Stimmen. Er folgte dem Geschrei und gelangte zu einer Milchglastür, hinter der ein Streit in Gang zu sein schien. Zögernd drückte er die Tür auf. Die

Aufnahme. Totales Chaos. Wie schon befürchtet.

Drängelnd, schreiend und gestikulierend standen etwa zehn Personen an. Eine einzige Schwester saß hinter dem Empfangstresen und versuchte, der zeternden Patienten Herr zu werden. Spanien war

nicht gerade für zügige Abfertigung bekannt. Bis Becker die Entlassungspapiere des Kanadiers zu Gesicht bekam, konnte er sich hier vermutlich die ganze Nacht die Beine in den Bauch stehen. Er stand unschlüssig zwischen Tür und Angel und überlegte, was er

machen sollte. Gab es keine bessere Möglichkeit?

»jCon permiso!«, schrie ein Pfleger, der im Eiltempo eine Krankenbahre herbeischob.

Becker fuhr herum und sprang aus dem Weg. »iDonde esta el teléfono?«, rief er dem bereits wieder entschwindenden Pfleger

hinterher.

Ohne das Tempo im Geringsten zu verringern, deutete der Mann auf eine Schwingtür und war schon um die Ecke verschwunden.

Becker ging zu der Tür und trat durch die wippenden Flügel.

Vor ihm lag ein riesiger Saal - die ehemalige Turnhalle. Der blassgrüne Boden verschwamm unter den summenden Leuchtstoffröhren vor seinen Augen. An der Wand hing ein schlapper Basketballkorb an seinem Brett. Ein paar Dutzend Patienten lagen auf niedrigen, willkürlich über den Raum verteilten Feldbetten. In der hintersten Ecke hing unter einer blind gewordenen Anzeigetafel ein alter Münzfernsprecher an der Wand. Becker konnte nur hoffen, dass

er noch funktionierte.

In der Tasche wühlend, ging er darauf zu. Er fand das Wechselgeld vom Taxi - gerade genug für drei Ortsgespräche. Becker hob den Hörer von der Gabel und wählte die Auskunft. Dreißig Sekunden

später hatte er die Nummer der Aufnahme dieser Klinik.

Weltweit schien es für öffentliche Dienststellen eine allgemeinverbindliche Regel zu geben: Ein Telefon darf nicht unbeantwortet klingeln! Stets wurde sofort abgehoben und alles andere stehen und liegen gelassen, gleichgültig, wie viele Leute auf

ihre Abfertigung warteten.

Becker wählte die sechsstellige Nummer. Die Aufnahme der Klinik würde umgehend mit ihm sprechen. Heute war bestimmt nur ein einziger Kanadier mit gebrochenem Handgelenk und Gehirnerschütterung eingeliefert worden. Die Unterlagen mussten leicht zu finden sein. Becker rechnete zwar damit, dass man einem Unbekannten nur ungern den Namen des Patienten und die

Entlassungsadresse nennen würde, aber er hatte einen Plan.

Das Telefon begann zu klingeln. Beckers Erwartung, dass man nach längstens fünf Klingelzeichen abheben würde, wurde herb

enttäuscht. Es läutete neunzehn Mal.

»jCUnica de Sanidad Püblica!«, bellte die Stimme einer aufgebrachten Schwester aus dem Hörer.

»Hier spricht David Becker«, sagte Becker auf Spanisch mit schwerem frankokanadischem Akzent. »Ich bin vom kanadischen Konsulat. Sie haben heute einen unserer Staatsbürger versorgt. Ich hätte gern seine Personalien, damit das Konsulat die

Behandlungskosten übernehmen kann.«

»Sehr schön«, antwortete die Schwester. »Ich schicke Ihrem Konsulat gleich am Montag die Rechnung zu.«

»Es ist leider unerlässlich, dass ich sie sofort bekomme«, drängelte Becker.

»Unmöglich«, sagte die Schwester, »wir haben unheimlich viel zu tun.«

»Es handelt sich leider um eine außergewöhnlich dringliche Angelegenheit«, sagte Becker und bemühte sich um einen offiziellen

Tonfall. »Der Mann hatte ein gebrochenes Handgelenk und eine Kopfverletzung. Er ist im Laufe des heutigen Vormittags von Ihnen

versorgt worden. Seine Papiere müssten noch ganz obenauf liegen.«

Becker hatte seinem Akzent eine noch penetrantere Färbung gegeben. Sein Spanisch war gerade noch verständlich genug, um sein Anliegen vorzutragen, andererseits schon so miserabel, dass es der Schwester auf die Nerven gehen musste. Leute, denen man auf die

Nerven ging, ließen oft fünf gerade sein, nur um Ruhe zu haben.

Nicht so diese Schwester. Sie warf ihm ein paar Grobheiten an den Kopf, beschimpfte ihn als eingebildeten Amerikaner und schmiss den