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nicht zugetraut hätte.

Aber es war eine Lösung! Sogar die einzig gangbare Lösung, verdammt nochmal!

Schließlich hatte er Pflichten, denen er genügen musste: Ehre und Vaterland! Strathmore wusste, es war noch nicht zu spät. Noch konnte er den TRANSLTR abschalten. Noch konnte er mit Hilfe des Rings die wertvollste Datenbank des Landes retten. Ja, dachte Strathmore,

es ist noch nicht zu spät.

Er blickte in das Chaos um ihn herum. Die Sprinkleranlage war angesprungen. Der TRANSLTR stöhnte, die Alarmhörner blökten. Die rotierenden Warnlichter sahen aus wie im dichten Nebel anfliegende Helikopter. Bei seinem Gang nach unten verfolgte Strathmore der flehende Blick des jungen Kryptographen, der ihn vom Boden angestarrt hatte – und dann der Schuss. Aber Greg Hale war

für Ehre und Vaterland gestorben ... Die NSA konnte sich einfach keinen weiteren Skandal mehr leisten. Strathmore hatte sich einen Sündenbock suchen müssen – und war Greg Hale nicht ohnehin eine

wandelnde Katastrophe auf Abruf gewesen?

Strathmores Gedanken wurden jäh vom Piepsen seines Handys unterbrochen. Vor lauter Lärm hatte er es kaum gehört. Ohne

innezuhalten, riss er es aus der Gürteltasche. »Sprechen Sie!«

»Wo bleibt mein Key?«, erkundigte sich scharf eine Stimme.

»Wer spricht?«, schrie Strathmore in den Lärm.

»Numataka«, bellte es wütend zurück. »Sie haben mir den Schlüssel versprochen! Ich will Diabolus!«

»Es gibt kein Diabolus!«, sagte Strathmore brüsk.

»Was?«

»Es gibt keinen unentschlüsselbaren Algorithmus.«

»Aber natürlich gibt es den! Ich habe ihn doch im Internet gesehen. Meine Leute bemühen sich seit Tagen, ihn zu öffnen!«

»Das ist ein verschlüsselter Virus, Sie Idiot! Sie können von Glück sagen, dass Sie ihn nicht aufbekommen haben!«

»Aber...«

»Der Deal ist geplatzt!«, schrie Strathmore. »Ich bin nicht North Dakota. Es gibt überhaupt keinen North Dakota! Vergessen Sie, dass Sie den Namen je gehört haben!« Er stellte den Rufton ab und stopfte das Handy in die Gürteltasche zurück. Schluss mit den ewigen

Störungen!

Knapp zwanzigtausend Kilometer entfernt stand Tokugen Numataka wie betäubt an seinem Panoramafenster. Die Zigarre hing schlaff in seinem Mundwinkel. Das Geschäft seines Lebens hatte sich

soeben in Luft aufgelöst.

Strathmore stieg weiter nach unten. Der Deal ist geplatzt. Die

Numatech Corporation bekam keinen unknackbaren Algorithmus ... und die NSA kein Hintertürchen.

Strathmore hatte seinen Traum von langer Hand geplant. Seine Wahl war mit Bedacht auf Numatech gefallen. Die finanzstarke Numatech hätte einen sehr glaubwürdigen Sieger einer weltweiten

Auktion abgegeben. Kein Mensch hätte sich etwas dabei gedacht, wenn sie am Ende den Schlüssel bekam. Außerdem war kaum eine Gesellschaft denkbar, die weniger der Kumpanei mit der US-Regierung verdächtig gewesen wäre. Tokugen Numataka war ein Japaner von altem Schrot und Korn – er würde lieber den Tod als den Verlust der Ehre wählen. Die Amerikaner waren ihm verhasst. Er hasste ihre Essgewohnheiten, er hasste ihre Sitten und Gebräuche, und vor allem hasste er ihre dominierende Stellung auf den Softwaremärkten der Welt.

Strathmore hatte eine kühne Vision verfolgt – einen global verbindlichen internationalen Verschlüsselungsstandard mit einem Hintertürchen für die NSA. Er hatte sich danach gesehnt, seinen Traum mit Susan zu teilen und Seite an Seite mit ihr zu verwirklichen. Aber das war ausgeschlossen. Die Pazifistin Susan hätte Ensei Tankados Tod niemals gebilligt, auch wenn dieser Tod die zukünftige Rettung von Tausenden von Menschenleben bedeutete. Du bist selbst Pazifist, dachte Strathmore, nur leider kannst du es dir nicht erlauben,

dich entsprechend zu verhalten.

Für den Commander war von Anfang an klar gewesen, wen er auf Tankado ansetzen würde. Tankado hielt sich in Spanien auf- also kam nur Hulohot infrage. Der zweiundvierzigjährige portugiesische Söldner und Profikiller war die bevorzugte Wahl des Commanders. Hulohot war in Lissabon geboren und aufgewachsen, arbeitete schon seit Jahren für die NSA und hatte in ganz Europa Aufträge für sie erledigt. Der einzige Haken war seine Taubheit, was eine Kommunikation per Telefon unmöglich machte. Unlängst hatte Strathmore dafür gesorgt, dass Hulohot das neueste Spielzeug der NSA bekam, den Monocle-Computer. Strathmore hatte sich einen SkyPager gekauft und auf die gleiche Funkfrequenz eingestellt. Die Kommunikation mit Hulohot konnte seither völlig verzögerungsfrei

und ohne eine Spur zu hinterlassen erfolgen.

Die erste von Strathmore an Hulohot abgesetzte Anweisung hatte für Missverständnisse keinen Raum gelassen, zumal sie zuvor diskutiert worden war. Töten Sie Ensei Tankado. Verschaffen Sie sich den Schlüssel.

Strathmore hatte sich nie darum gekümmert, wie sein Killer seine Wundertaten ins Werk setzte. Hulohot hatte es jedenfalls wieder einmal geschafft. Tankado war tot, und die Behörden gingen davon aus, dass es ein Herzanfall gewesen war. Ein Bilderbuchmord – bis auf eine winzige Kleinigkeit: den schlecht gewählten Tatort. Zur Wahrung des Scheins war es natürlich erforderlich, dass Tankado vor Publikum das Zeitliche segnete, aber das Publikum hatte zu früh in das Geschehen eingegriffen. Hulohot hatte von der Bildfläche verschwinden müssen, bevor er den Toten nach dem Schlüssel durchsuchen konnte. Als sich der Staub gelegt hatte, war die Leiche

schon im Leichenschauhaus von Sevilla verschwunden.

Strathmore war wütend. Hulohot hatte zum ersten Mal einen Auftrag verpatzt – ausgerechnet als es ganz besonders darauf ankam, dass alles wie am Schnürchen lief. Der Commander musste den Key unbedingt haben, aber er wusste auch, dass er keinen gehörlosen Killer ins Leichenschauhaus von Sevilla schicken konnte. Der Fehlschlag wäre vorprogrammiert gewesen. Beim Nachdenken über seine Optionen hatte sich allmählich eine Alternative herauskristallisiert. Auf einmal sah er die Chance, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen – die Chance, zwei Träume statt nur einen

einzigen zu verwirklichen.

Um halb sieben in der Frühe hatte er David Becker angerufen.

KAPITEL 97

Fontaine kam in vollem Lauf in den Konferenzraum gestürmt. Brinkerhoff und Midge folgten ihm auf dem Fuß.

»Sehen Sie!«, keuchte Midge und deutete gestikulierend zum Fenster.

Beim Anblick des Lichtergeflackers in der Cryptokuppel bekam Fontaine große Augen. Das gehörte eindeutig nicht zum Plan.

»Sieht aus wie eine gottverdammte Disco!«, ließ sich Brinkerhoff vernehmen.

Fontaine starrte zum Fenster hinaus und versuchte, sich einen Reim auf die Situation zu machen. In den paar Jahren, die der TRANSLTR nun schon in Betrieb war, war so etwas noch nie vorgekommen. Er wird zu heiß, dachte Fontaine. Er fragte sich, warum Strathmore das Ding nicht schon längst abgeschaltet hatte. In

Sekundenschnelle hatte Fontaine entschieden, was zu tun war.

Er schnappte sich das Haustelefon vom Konferenztisch und hieb die Durchwahl zur Crypto ins Tastenfeld. Als Antwort tutete das

Störsignal aus dem Hörer.

Er knallte den Apparat auf den Tisch, griff aber sofort wieder danach und wählte Strathmores Handynummer. Diesmal erhielt er ein

Rufzeichen.

Es hatte schon sechsmal geklingelt.

Brinkerhoff und Midge beobachteten Fontaine. Er tigerte am kurzen Hörerkabel hin und her wie eine angekettete Raubkatze. Eine Minute verstrich. Fontaine stand inzwischen kurz vor dem Platzen.

Er schmiss den Hörer hin. »Das ist unglaublich!«, brüllte er. »Die Crypto kann uns jeden Moment um die Ohren fliegen, und Strathmore