Выбрать главу

verlor sich rechts und links in der Dunkelheit der leeren Höhlung.

Der Untergrund-Highway.

Susan taumelte in die Tunnelröhre. Die Tür des Fahrstuhls schloss sich hinter ihr. Wieder einmal versank alles in Dunkelheit.

Kein Laut.

Kein Laut, außer einem leisen Summen, das allmählich lauter wurde.

Plötzlich schien es Tag werden zu wollen. Die Schwärze des Tunnels zerfloss zu einem verwaschenen Grau. Die Tunnelwände nahmen langsam Gestalt an. Ein kleines Fahrzeug kam um die Kurve gesaust. Vom Scheinwerferlicht geblendet, beschirmte Susan die Augen und taumelte Schutz suchend an die Wand. Ein kleines

Elektrofahrzeug sauste in einem Luftschwall an ihr vorbei.

Reifen quietschten auf Beton. Das surrende Fahrzeug kam wieder angefahren, diesmal rückwärts. Neben Susan hielt es an.

»Miss Fletcher!«, rief eine erstaunte Stimme.

Susan betrachtete den Mann im Fahrersitz des elektrischen Gefährts. Er kam ihr irgendwie bekannt vor.

»Meine Güte!«, japste der Mann. »Sind Sie in Ordnung? Wir haben geglaubt, Sie seien tot!«

Susan schaute ihn wortlos an.

»Chad Brinkerhoff«, sagte der Mann eifrig, »persönlicher Refernt des Direktors.« Er betrachtete die von der Katastrophe gezeichnete

Kryptographin.

Susan brachte nur ein schwaches Piepsen zustande. »Der TRANSLTR ist...«, stammelte sie.

Brinkerhoff nickte. »Vergessen Sie's. Los, steigen Sie ein!«

Der Scheinwerferstrahl des Elektrofahrzeugs wischte über die Wandungen der Betonröhre.

»In der zentralen Datenbank ist ein Virus!«, platzte Brinkerhoff heraus, der nicht mehr an sich halten konnte.

»Ich weiß«, hörte Susan sich flüstern.

»Wir brauchen Ihre Hilfe.«

Susan kämpfte mit den Tränen. »Commander Strathmore ... er hat...«

»Das wissen wir. Er hat die Gauntlet-Filter umgangen.«

»Ja ... und ...« Die Worte blieben Susan im Halse stecken. Er hat David umgebracht!

Brinkerhoff legte Susan beruhigend die Hand auf die Schulter. »Wir sind gleich da, Miss Fletcher. Halten Sie nur noch ein bisschen

durch.«

Der Kensington-Golfwagen, ein besonders schnelles Modell, flitzte um eine Kurve und blieb mit quietschenden Reifen vor einem durch rote Fußleistenlichter schwach beleuchteten Quergang stehen.

»Kommen Sie«, sagte Brinkerhoff und half Susan beim Aussteigen.

Er führte sie in den Quergang. Susan lief wie benebelt hinter ihm her. Der geflieste Gang wurde ziemlich abschüssig. Susan musste sich an dem an der Wand angebrachten Handlauf festhalten, während sie

Brinkerhoff nach unten folgte. Es wurde kühler.

Sie setzten ihren Abstieg fort. Der Gang verengte sich. Irgendwo hinter ihnen hallten Schritte. Brinkerhoff winkte Susan stehen zu

bleiben und wandte sich um.

Ein hünenhafter schwarzer Mann kam selbstbewusst und zielstrebig auf sie zugeschritten. Susan hatte ihn noch nie gesehen. Im Näherkommen fixierte er sie mit dem Blick seiner durchdringenden

Augen.

»Wer ist die Dame?«, verlangte er zu wissen.

»Das ist Miss Susan Fletcher«, sagte Brinkerhoff.

Der Riese hob die Brauen. Sogar rußgeschwärzt und durchnässt

war Susan Fletcher anziehender, als er sie sich vorgestellt hatte. »Was ist mit dem Commander?«, erkundigte er sich.

Brinkerhoff schüttelte den Kopf.

Der Mann sagte nichts. Seine Augen blickten ins Weite, bevor er sich wieder Susan zuwandte. »Leland Fontaine«, stellte er sich vor und streckte Susan die Hand entgegen. »Ich bin froh, dass Ihnen

nichts passiert ist.«

Susan schaute ihn an. Sie hatte immer schon gewusst, dass sie eines Tages die Bekanntschaft des Direktors machen würde. Die

Umstände hatte sie sich allerdings etwas anders vorgestellt.

»Miss Fletcher, begleiten Sie mich bitte«, sagte Fontaine und ging voran. »Wir brauchen jede Hilfe, die wir bekommen können.«

Am Ende des Gangs ragte im rötlichen Halblicht eine hohe

stählerne Wand auf. Fontaine trat heran und gab in ein vertieft eingelassenes Tastenfeld einen Zahlencode ein, um anschließend die rechte Hand auf ein kleines gläsernes Fenster zu legen. Stroboskopblitze flammten auf. Einen Moment später glitt die massive Stahlwand nach links.

Bei der NSA gab es nur einen Arbeitsbereich, der noch unzugänglicher war als die Cryptokuppel. Susan Fletcher hatte das

Gefühl, dass sie im Begriff war, just diesen zu betreten.

KAPITEL 109

Das Kommandozentrum der zentralen Datenbank der NSA sah aus wie eine etwas kleinere Ausgabe der Einsatzzentrale der Weltraumbehörde NASA. Von einem Dutzend Computerarbeitsplätzen blickte man auf eine neun mal zwölf Meter große Videowand am Ende des Raums, über die in schneller Folge Zahlen und Graphiken flimmerten, als ob sich jemand durch die unterschiedlichsten Programme zappen würde. Zwischen den Computerarbeitsplätzen rannten Techniker mit langen Schleppen aus Endlosbögen hin und her. Kommandos wurden gebrüllt. Es war das

reine Chaos.

Susan nahm die eindrucksvolle Einrichtung in Augenschein. Man hatte gewaltige Erdmassen bewegt, um diesen Bunker zu schaffen. Er lag fast fünfundsechzig Meter unter der Erde, völlig immun gegen

Angriffe mit Neutronen- oder Atombomben.

Auf einer Plattform in der Mitte des Raums stand Jabba an seinem Arbeitsplatz und brüllte Befehle wie ein Feldwebel. Auf dem Bildschirm leuchtete eine Meldung, die Susan nur zu gut kannte. Der

plakatgroße Text hing unheilschwanger über Jabbas Kopf.

JETZT HILFT NUR NOCH DIE WAHRHEIT!

PRIVATE-KEY EINGEBEN:

Wie in einem surrealen Albtraum folgte Susan Fontaine zum Podium. Sie erlebte die Welt als ein schemenhaftes Geschehen in

Zeitlupe.

Jabba sah die beiden kommen. Er fuhr herum wie ein wütender Stier. »Als ich den Gauntlet gebaut habe, habe ich mir etwas dabei

gedacht!«, schrie er.

»Gauntlet war einmal«, gab Fontaine gleichmütig zurück.

»Schnee von gestern, Chef. Ich habe mich vorhin wegen der Druckwelle auf den Arsch gesetzt. Wo ist Strathmore?«

»Commander Strathmore ist tot.«

»Ausgleichende Gerechtigkeit, würde ich sagen.«

»Mäßigen Sie sich bitte!«, sagte Fontaine unwirsch. »Bringen Sie uns lieber auf den neuesten Stand. Wie schlimm ist dieser Virus?«

Jabba schaute seinen Direktor groß an, um dann unvermutet in schallendes Gelächter auszubrechen. »Dieser Virus, sagen Sie? Sie

glauben wohl, es ist ein Virus?«

Fontaine ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Jabbas unverschämter Ton war weit überzogen, aber hier war weder die Zeit noch der Ort, sich damit zu beschäftigen. Hier unten kam Jabba noch vor dem lieben Gott. Computerprobleme kümmerten sich nun mal

nicht um Rang und Namen.

»Es ist also kein Virus?«, rief Brinkerhoff hoffnungsvoll dazwischen.

»Viren haben Replikationsketten, mein Süßer«, schnaubte Jabba verächtlich, »aber die fehlen hier.«

Susan stand daneben und war nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen.

»Und womit haben wir es dann zu tun?«, erkundigte sich Fontaine ungeduldig. »Ich war der Meinung, wir hätten einen Virus.«

Jabba holte tief Luft und senkte die Stimme. »Viren...«, sagte er und wischte sich den Schweiß vom Gesicht »Viren reproduzieren sich. Sie erzeugen Klone. Sie sind eitel und dumm – binäre

Egomanen. Sie setzen schneller Nachwuchs in die Welt als die Karnickel. Und an dieser Stelle sind sie zu packen, wenn man sich auskennt. Man kann sie bis zur Unkenntlichkeit miteinander kreuzen. Aber leider hat dieses Programm kein Ego und keinen Drang zur Selbstreproduktion. Es weiß genau, was es will, und wird vermutlich sogar digitalen Selbstmord begehen, wenn es hier seinen Daseinszweck erfüllt hat.« Jabba reckte die Arme ehrfurchtsvoll der Schreckensbotschaft auf dem riesigen Bildschirm entgegen. »Meine Damen und Herren«, sagte er theatralisch, »ich möchte Ihnen den Kamikaze der Computerschädlinge vorstellen – den Wurm!«