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CODE BESTÄTIGT

»Firewall neu laden!«, schrie Jabba.

Aber Soschi war ihm um eine Nasenlänge voraus. Sie hatte den

Befehl bereits eingetippt.

»Downloads gestoppt!«, schrie ein Techniker.

»Einwahlen unterbrochen!«

Auf der Bildwand baute sich die erste der fünf Schutzschalen langsam wieder auf. Die den Kern annagenden schwarzen Linien

wurden augenblicklich gekappt.

»Sie installiert sich wieder«, schrie Jabba. »Die verdammte Firewall installiert sich wieder!«

Ein spannungsgeladener Moment der Ungewissheit verstrich, als hätte jeder Angst, dass immer noch alles in die Brüche gehen könnte.

Aber dann baute sich auch die zweite Schale auf. .. und die dritte. Kurz darauf wurde der komplette Satz von Filtern wieder auf der

Bildwand angezeigt.

Die Datenbank war gerettet.

Der Raum explodierte förmlich. Die Hölle brach los. Die Techniker fielen sich um den Hals und warfen ihre Ausdrucke in die Luft. Das Sirenengeheul verstummte. Brinkerhoff riss Midge in die

Arme und wollte sie nicht mehr loslassen. Soschi fing an zu heulen.

Fontaine war immer noch besorgt. »Jabba, wie viel haben die Hacker gekriegt?«, wollte er wissen.

»Nichts Nennenswertes, Sir«, beruhigte ihn Jabba, »und nichts, was vollständig wäre.«

Fontaine nickte bedächtig. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen.

Sein Blick suchte Susan Fletcher, aber sie war schon nach vorne zur Bildwand unterwegs. David Beckers Gesicht füllte wieder den

ganzen Schirm. »David?«

»Hallo, Schatz.«

»Komm nach Hause«, sagte Susan. »Komm wieder nach Hause, jetzt gleich.«

»Wollen wir uns in Stone Manor treffen?«, fragte er.

Sie nickte. Tränen rollten über ihre Wangen. »Abgemacht.«

»Agent Smith!«, rief Fontaine.

Smith erschien hinter Becker im Bild. »Ja, Sir?«

»Ich habe den Eindruck, Mr Becker hat eine Verabredung. Sorgen Sie bitte dafür, dass er umgehend nach Hause kommt.«

Smith nickte. »Unser Jet steht in Malaga.« Er klopfte Becker auf die Schulter. »Professor, Sie dürfen sich auf was Feines freuen! Sind

Sie schon mal mit einem Learjet 60 geflogen?«

»Seit gestern eigentlich nicht mehr«, schmunzelte Becker.

KAPITEL 128

Als Susan erwachte, schien die Sonne. Sanfte Strahlen stahlen sich durch die Vorhänge und krochen über das Daunenfederbett. Immer noch liefen ihr Schauer über den ganzen Körper. Erschöpft und benommen von den Ereignissen der vergangenen Nacht, blieb sie bewegungslos liegen. Ist es ein Traum? Sie streckte den Arm aus nach

David.

»David?«, murmelte sie.

Die Antwort blieb aus. Sie schlug die Augen auf. Der Platz neben ihr war kalt. David war nicht da.

Das ist ein Traum, dachte Susan. Sie setzte sich auf. Sie befand sich in einem viktorianisch eingerichteten Raum voll antiker Möbel und Spitzendeckchen – dem besten Zimmer von Stone Manor. Die Tasche mit den Sachen für die Übernachtung stand achtlos mitten auf

dem Dielenfußboden ... ihre Nachtwäsche hing über der Lehne eines

Queen-Anne-Stuhls neben dem Bett.

War David überhaupt gekommen? Sie hatte gewisse Erinnerungen – die sanften Küsse, mit denen er sie geweckt hatte, sein Körper, der sich gegen den ihren presste. Hatte sie das alles geträumt? Sie schaute zum Nachttischchen hinüber. Eine leere Champagnerflasche mit zwei

Gläse

Sie drückte den Zettel an die Brust und strahlte. David war also da. Ohne Wachs..., der einzige Code, den sie noch nicht geknackt hatte!

In der Ecke bewegte sich etwas. Susan sah hoch. In einen dicken Bademantel gewickelt, hatte David Becker es sich auf einem üppigen Diwan bequem gemacht. Still saß er da und betrachtete sie. Sie

streckte den Arm aus und winkte ihn mit dem Finger herbei. »Ohne Wachs?«, schnurrte sie, als sie ihn in die Arme nahm. »Ohne Wachs.« Er lächelte.

Sie küsste ihn hingebungsvoll. »Bitte sag mir, was das bedeutet.«

»Nie im Leben!« Er lachte. »Ein Paar muss auch Geheimnisse voreinander haben, damit es spannend bleibt.«

Susan lächelte ihn schelmisch an. »Aber bitte nicht spannender als letzte Nacht, sonst breche ich noch zusammen!«

David schloss sie in die Arme. Er fühlte sich schwerelos. Gestern wäre er fast ein toter Mann gewesen, und nun war er hier und fühlte

sich so lebendig wie nie zuvor.

Susan hatte den Kopf an seine Brust gelegt und lauschte seinem Herzschlag – vor kurzem hatte sie noch fest geglaubt, er sei ihr

endgültig genommen worden!

»David«, quengelte sie mit einem Blick auf das Zettelchen neben dem Bett. »Sag mir, was bedeutet ›ohne Wachs‹? Du weißt doch, dass

mich ein nicht entschlüsselter Code unglücklich macht!«

David schwieg.

»Sag's mir«, schmollte sie, »oder du darfst nie mehr mit mir schlafen.«

»Lügnerin!«

Susan schlug ihm das Kissen auf den Kopf. »Sag's mir! Jetzt sofort!«

Aber David wusste, dass er das Geheimnis nie preisgeben würde. Es war einfach zu süß. Sein Ursprung reichte weit zurück. In der Renaissancezeit pflegten die Bildhauer in Spanien kleine Fehler ihrer Werke aus teurem Marmor mit Wachs – spanisch cera – zu kaschieren. Eine makellose Skulptur ohne jegliche Wachsausbesserung hatte das Qualitätsmerkmal »ohne Wachs« – sin cera. Aus dem spanischen sin cera entwickelte sich das englische Wort »sincere«, die Floskel, mit der man im Englischen Briefe unterzeichnet: »Sincerely Yours«. Davids Geheimcode war gar nicht so geheim. Er hatte seine Mitteilungen einfach nur mit dem üblichen »Sincerely, David« unterschrieben. Irgendwie hatte er das Gefühl,

dass es Susan nicht vom Hocker reißen würde, wenn er es ihr verriet.

»Es wird dich bestimmt freuen zu hören«, sagte er, um das Thema zu wechseln, »dass ich auf dem Heimflug den Rektor meiner

Universität angerufen habe.«

Susan sah ihn hoffnungsfroh an. »Sag bloß, du hast deinen Verwaltungsjob drangegeben!«

David nickte. »Im nächsten Semester stehe ich wieder im Hörsaal vor meinen Studenten.«

Susan seufzte erleichtert. »... wo du von Anfang an hingehört

hast!«

David lächelte verlegen. »Ja, ich glaube, in Spanien ist mir klar geworden, worauf es ankommt.«

»Dann wirst du jetzt also wieder deinen Studentinnen den Kopf verdrehen!« Susan gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Aber immerhin hast du dann auch Zeit, mir bei der Korrektur meines

Manuskripts zu helfen.« »Was für ein Manuskript?«

»Ich habe mir überlegt, dass ich es doch veröffentlichen werde.«

»Veröffentlichen?« David sah sie ratlos an. »Was willst du veröffentlichen?«

»Ein paar Gedanken, die ich mir über variable Filterprotokolle und quadratische Teilungsreste gemacht habe.«

David stöhnte auf. »Das wird bestimmt der Bestseller des Jahrhunderts.«

Susan lachte. »Du wirst dich noch wundern!«

David fummelte in der Tasche seines Bademantels herum. »Augen zu! Ich hab was für dich.« Er zog einen kleinen Gegenstand heraus.

Susan gehorchte. »Lass mich raten – es ist ein kitschiger goldener Ring mit einer lateinischen Inschrift.«

David lachte leise. »Nein. Ich habe Fontaine gebeten, den Ring an Ensei Tankados Nachlass zurückzugeben.« Er nahm Susans Hand und

steckte ihr etwas an den Finger.

»Du Schwindler«, erwiderte Susan mit einem Lächeln. »Ich weiß doch...« Sie öffnete die Augen und schnappte nach Luft. An ihrem Finger steckte keineswegs Tankados Ring. Ein in Platin gefasster

Brillant funkelte sie an.

David blickte Susan in die Augen. »Möchtest du mich heiraten?«

Susan blieben die Worte im Halse stecken. Tränen quollen ihr in die Augen. »Oh David! Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll!«