«Ja, Sir. In zehn Minuten.«
Er rieb sich die Augen und atmete hastig.»Weshalb?«
«Wenn ich solche Fragen stellen würde, wäre ich morgen arbeitslos, Sir.«
«Haben Sie irgendein Mundwasser?«
«Ja, ich glaube schon. Möchten Sie es haben?«
«Wenn ich es nicht haben wollte, hätte ich Sie nicht danach gefragt. Bringen Sie es mir. Haben Sie Kaugummi?«.
«Ja, Sir. Möchten Sie das auch haben?«
«Bringen Sie mir das Mundwasser und Kaugummi und ein paar Aspirin, wenn Sie welche haben. «Er ging zu seinem Schreibtisch und setzte sich, hielt den Kopf in den Händen und rieb sich die Schläfen. Er hörte, wie sie Schubladen aufzog und wieder zuknallte, und dann stand sie mit den gewünschten Dingen vor ihm.
«Danke. Tut mir leid, dass ich Sie angefahren habe. «Er deutete auf das Dossier, das auf einem Stuhl neben der Tür lag.»Schicken Sie das an Eric East, er ist im vierten Stock. Schreiben Sie ein paar Zeilen von mir dazu. Er soll es lesen, wenn er eine Minute Zeit dazu hat. «Sie ging mit dem Dossier.
Fletcher Coal öffnete die Tür zum Oval Office und begrüßte K. O. Lewis und Eric East. Der Präsident war in Puerto Rico und besichtigte Hurrikanschäden, und Direktor Voyles hatte sich geweigert, mit Coal allein zusammenzukommen. Er hatte seine zweite Garnitur geschickt.
Coal bedeutete ihnen, auf einer Couch Platz zu nehmen. Er selbst ließ sich auf der anderen Seite des Couchtisches nieder. Sein Jackett war zugeknöpft, seine Krawatte saß ordentlich. Er entspannte sich nie. East hatte Geschichten über seine Gewohnheiten gehört. Er arbeitete zwanzig Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche, trank nichts als Wasser, und der größte Teil seiner Mahlzeiten stammte aus einem Automaten im Keller. Er konnte lesen wie ein Computer und verbrachte täglich Stunden mit dem Lesen von Memos, Berichten, Briefen und Bergen von anstehenden Gesetzen. Er hatte ein unwahrscheinliches Gedächtnis. Seit einer Woche hatten sie jetzt täglich Berichte über ihre Untersuchungen hergebracht und sie Coal ausgehändigt, der das Material verschlang und es für das nächste Treffen seinem Gedächtnis einverleibte. Wenn irgend etwas nicht übereinstimmte, fiel er über sie her. Er war verhasst, aber es war unmöglich, ihn nicht zu respektieren. Er war intelligenter als sie. Er arbeitete schwerer. Und er wusste es.
Er genoss die Leere des Oval Office. Sein Boss war unterwegs und zog eine Schau für die Kameras ab, aber die wahre Macht war daheimgeblieben, um das Land zu regieren.
K. O. Lewis legte einen zehn Zentimeter dicken Stapel Berichte auf den Tisch.
«Irgend etwas Neues?«fragte Coal.
«Möglicherweise. Die französischen Behörden haben sich routinemäßig die Filme angesehen, die von den Sicherheitskameras am Pariser Flughafen aufgenommen werden, und sie glauben, ein Gesicht erkannt zu haben. Sie haben sie mit den Aufnahmen von zwei anderen Kameras in der Halle verglichen, aus unterschiedlichen Blickwinkeln, und dann Interpol informiert. Das Gesicht ist getarnt, aber Interpol glaubt, dass es der Terrorist Khamel war. Sie haben bestimmt schon von ihm gehört.«
«Habe ich.«
«Sie haben sich das Filmmaterial ganz genau angesehen und sind sich fast sicher, dass er mit einer Maschine gelandet ist, die letzten Dienstag, ungefähr zehn Stunden nach der Entdeckung von Jensen, nonstop von Dulles kam.«
«Die Concorde?«
«Nein. United. Anhand des Zeitpunktes und der Position der Kameras können sie feststellen, mit welcher Maschine und durch welchen Ausgang jemand gekommen ist.«
«Und Interpol hat sich mit der CIA in Verbindung gesetzt?«
«Ja. Sie haben Gminski heute mittag gegen eins angerufen.«
Coals Miene war nichts zu entnehmen.»Wie sicher sind sie?«
«Achtzig Prozent. Er ist ein Meister der Verkleidung, und es wäre ziemlich ungewöhnlich für ihn, auf diese Weise zu reisen. Einige Zweifel sind also angebracht. Wir haben Fotos und eine Zusammenfassung für den Präsidenten. Ich habe mir die Bilder angesehen, und ich kann dazu nichts sagen. Aber Interpol kennt den Mann.«
«Freiwillig hat er sich doch seit Jahren nicht fotografieren lassen, oder?«
«Unseres Wissens nicht. Und es gibt Gerüchte, dass er sich alle zwei oder drei Jahre unters Messer begibt und sich ein neues Gesicht machen lässt.«
Coal dachte eine Sekunde lang darüber nach.»Okay. Was ist, wenn es tatsächlich Khamel war und er mit den Morden zu tun hatte? Was bedeutet das?«
«Es bedeutet, dass wir ihn nie finden werden. Es gibt mindestens neun Länder, Israel eingeschlossen, die versuchen, seiner habhaft zu werden. Es bedeutet, dass ihm jemand eine Menge Geld dafür gezahlt hat, dass er hierzulande tätig wird. Wir haben von Anfang an gesagt, dass der Killer oder die Killer Profis waren, die sich aus dem Staub gemacht haben, noch bevor die Leichen kalt waren.«
«Also bedeutet es sehr wenig.«
«So könnte man es ausdrücken.«
«Gut. Was haben Sie sonst noch?«
Lewis warf einen Blick auf Eric East.»Nun, wir haben den üblichen Tagesbericht.«
«Die letzten Berichte waren ziemlich unergiebig.«
«Ja, das stimmt. Wir haben dreihundertachtzig Agenten, die täglich zwölf Stunden arbeiten. Gestern haben sie hundertsechzig Personen in dreißig Staaten vernommen. Wir haben…«
Coal hob die Hand.»Sparen Sie sich das. Ich werde den Bericht lesen. Ich kann wohl davon ausgehen, dass es nichts Neues gibt.«
«Vielleicht einen neuen kleinen Tipp. «Lewis sah Eric East an, der eine Kopie von Darbys Akte in der Hand hielt.
«Um was handelt es sich?«
East war nicht recht wohl zumute. Das Dossier war den ganzen Tag nach oben weitergereicht worden, bis Voyles es gelesen hatte. Es hatte ihm gefallen. Er hielt es für ziemlich weit hergeholt, etwas, das keinerlei ernster Erwägung bedurfte, aber in dem Dossier wurde der Präsident erwähnt, und ihm gefiel die Idee, Coal und seinen Boss zum Schwitzen zu bringen. Er wies Lewis und East an, Coal das Dossier auszuhändigen und so zu tun, als wäre es eine wichtige Theorie, die das FBI ernstnähme. Zum ersten Mal seit einer Woche hatte Voyles gelächelt, während er darüber sprach, wie die Schwachköpfe im Oval Office dieses kleine Papier lesen und dann versuchen würden, den Kopf einzuziehen. Bauschen Sie es auf, hatte Voyles gesagt. Sagen Sie ihnen, wir hätten vor, der Sache mit zwanzig Agenten nachzugehen.
«Es ist eine Theorie, die in den letzten vierundzwanzig Stunden aufgetaucht ist, und Voyles nimmt sie ziemlich ernst. Er fürchtet, sie könnte dem Präsidenten schaden.«
Coal verzog keine Miene.»Wieso das?«
East legte das Dossier auf den Tisch.»Das steht alles in diesem Bericht.«
Coal warf einen Blick darauf, dann musterte er East.»Gut. Ich lese ihn später. War das alles?«
Lewis stand auf und knöpfte sein Jackett zu.»Ja. Wir können gehen.«
Coal begleitete sie zur Tür.
Es gab keinerlei Aufsehen, als die Air Force One kurz nach zehn in Andrews landete. Die Queen war unterwegs, um Geld aufzutreiben, und weder Freunde noch Familienangehörige begrüßten den Präsidenten, als er aus der Maschine stieg und auf seine Limousine zueilte, in der Coal auf ihn wartete. Der Präsident ließ sich in seinen Sitz sinken.»Ich habe nicht damit gerechnet, dass Sie hier sein würden«, sagte er.
«Tut mir leid. Wir müssen reden. «Die Limousine fuhr in Richtung Weißes Haus.
«Es ist spät, und ich bin müde.«
«Wie war der Hurrikan?«
«Beeindruckend. Er hat eine Million Papp- und Wellblechhütten weggefegt, und jetzt werden wir ein paar Milliarden auf den Tisch legen und neue Häuser und Kraftwerke bauen. Die Leute brauchen so ungefähr alle fünf Jahre einen anständigen Hurrikan.«
«Ich habe die Erklärung zum Katastrophengebiet vorbereitet.«
«Okay. Und was ist nun so wichtig?«
Coal reichte ihm eine Kopie dessen, was inzwischen das» Pelikan-Dossier «genannt wurde.
«Ich will es nicht lesen«, sagte der Präsident.»Erzählen Sie mir, um was es geht.«