Выбрать главу

«Sie machen keine Umschweife, stimmt’s?«:

«Nein. Sie spielen ein gefährliches Spiel, und Sie wissen nicht, was Sie tun.«

«Wer ist hinter mir her, Gavin?«

«Könnten verschiedene Leute sein.«

«Wer ist es?«

«Ich weiß es nicht.«

«Jetzt sind Sie es, der spielt. Wie kann ich Ihnen vertrauen, wenn Sie nicht reden wollen?«

«Okay. Ich denke, ich kann guten Gewissens sagen, dass Ihr kleines Dossier jemandem einen Schlag versetzt hat. Sie haben richtig vermutet — die falschen Leute haben von dem Dossier gehört, und jetzt ist Thomas tot. Und sie werden Sie in dem Augenblick umbringen, in dem sie Sie finden.«

«Wir wissen, wer Rosenberg und Jensen umgebracht hat, stimmt’s, Gavin?«

«Ich denke schon.«

«Weshalb unternimmt das FBI dann nichts?«

«Es könnte sein, dass da ein Vertuschungsversuch läuft.«

«Danke, dass Sie das gesagt haben.«

«Es könnte mich den Job kosten.«

«Wem sollte ich davon erzählen, Gavin? Wer vertuscht was?«

«Ich weiß es nicht genau. Wir waren sehr an Ihrem Dossier interessiert, bis das Weiße Haus Druck machte; jetzt haben wir es ad acta gelegt.«

«Das kann ich verstehen. Weshalb glauben sie, die Sache wäre erledigt, wenn sie mich umbringen?«

«Diese Frage kann ich nicht beantworten. Vielleicht sind sie überzeugt, dass Sie mehr wissen.«

«Soll ich Ihnen was erzählen? Kurz nach der Explosion der Bombe, während Thomas in dem brennenden Wagen war und ich halb bewusstlos, brachte mich ein Polizist mit Namen Rupert zu seinem Wagen und setzte mich hinein. Ein anderer Polizist in Jeans und Cowboystiefeln fing an, mir Fragen zu stellen. Mir war schlecht, und ich stand unter Schock. Sie verschwanden, Rupert und sein Cowboy, und wurden nicht mehr gesehen. Sie waren keine Polizisten, Gavin. Sie beobachteten die Explosion, und da ich nicht in dem Wagen saß, gingen sie zu Plan B über. Ich wusste es nicht, aber vermutlich hätte ich ein oder zwei Minuten später eine Kugel in den Kopf bekommen.«

Verheek hörte mit geschlossenen Augen zu.»Was ist mit den beiden passiert?«

«Ich weiß es nicht. Ich nehme an, sie bekamen es mit der Angst zu tun, als die echten Polizisten erschienen. Sie verschwanden. Ich saß in ihrem Wagen, Gavin. Sie hatten mich.«

«Sie müssen zum FBI kommen, Darby. Bitte, hören Sie auf mich.«

«Erinnern Sie sich an unser Telefongespräch am Donnerstagmorgen, wo ich plötzlich ein Gesicht sah, das mir bekannt vorkam, und ich es Ihnen beschrieben habe?«

«Natürlich.«

«Dieses Gesicht war gestern bei dem Gedenkgottesdienst, zusammen mit ein paar Freunden.«

«Wo waren Sie?«

«Gut versteckt. Er ging ein paar Minuten nach den anderen hinein, blieb zehn Minuten drinnen, schlich sich dann wieder hinaus und traf sich mit Stummel.«

«Stummel?«

«Ja, das ist auch einer von der Bande. Stummel, Rupert, Cowboy und der dünne Mann. Tolle Typen. Ich bin sicher, dass da noch mehr sind, aber denen bin ich noch nicht begegnet.«

«Die nächste Begegnung wird die letzte sein, Darby. Sie haben noch ungefähr achtundvierzig Stunden zu leben.«

«Wir werden sehen. Wie lange wollen Sie hier bleiben?«

«Ein paar Tage. Ich wollte auf alle Fälle bleiben, bis ich Sie gefunden hatte.«

«Hier bin ich. Vielleicht rufe ich morgen wieder an «Verheek holte tief Luft.»Okay, Darby. Wie Sie wollen. Aber seien Sie vorsichtig.«

Sie legte auf. Er warf das Telefon durchs Zimmer und verfluchte es.

Zwei Blocks entfernt und fünfzehn Stockwerke hoch schaute Khamel auf den Fernseher und murmelte rasch vor sich hin. Es war ein Film über Leute in einer Großstadt. Sie sprachen Englisch, seine dritte Sprache, und er wiederholte jedes Wort in seiner besten amerikanischen Aussprache. Das tat er stundenlang. Er hatte sich die Sprache angeeignet, während er sich in Belfast versteckte, und in den letzten zwanzig Jahren hatte er sich Tausende von amerikanischen Filmen angesehen. Sein Lieblingsfilm war Three Days of the Condor. Er schaute ihn sich viermal an, bis er begriffen hatte, wer wen umbrachte und weshalb. Er hätte Redford ermorden können.

Er wiederholte jedes Wort laut. Er hatte sich sagen lassen, dass sein Englisch als das eines Amerikaners durchgehen konnte, aber ein Patzer, ein Fehler, und sie würde weg sein.

Der Volvo stand auf einem Parkplatz, anderthalb Blocks von der Wohnung seines Besitzers entfernt, der hundert Dollar im Monat für den Platz bezahlte und für etwas, was er für eine sichere Bewachung hielt. Sie schlichen durch das Tor, das eigentlich verschlossen sein sollte.

Es war ein 1986er GL ohne Alarmanlage, und binnen Sekunden war die Fahrertür offen. Einer setzte sich auf den Kofferraum und zündete sich eine Zigarette an. Es war Sonntagmorgen, kurz vor vier Uhr.

Der andere öffnete einen kleinen Werkzeugkasten, den er in der Tasche hatte, und machte sich an dem Yuppie-Autotelefon zu schaffen, das Grantham sich so widerwillig zugelegt hatte. Die Innenbeleuchtung reichte aus, und er arbeitete schnell. Ein Kinderspiel. Sobald die Hörmuschel offen war, setzte er einen winzigen Sender ein und klebte ihn fest. Eine Minute später verließ er den Wagen und hockte sich vor die hintere Stoßstange. Der mit der Zigarette reichte ihm eine kleine schwarze Röhre, die er hinter dem Benzintank an einem Gitterrost befestigte. Es war ein Magnetsender, und er würde sechs Tage lang Signale aussenden, bevor er aufhörte und durch einen neuen ersetzt werden musste.

Nach weniger als sieben Minuten waren sie wieder verschwunden. Montag, sobald er das Gebäude der Post an der Fünfzehnten betreten hatte, würden sie sich Zutritt zu seiner Wohnung verschaffen und auch dort sein Telefon anzapfen.

ZWEIUNDZWANZIG

Ihre zweite Nacht in der kleinen Pension war besser als die erste. Sie schlief bis in den Vormittag hinein. Vielleicht hatte sie sich inzwischen daran gewöhnt. Sie starrte auf die Vorhänge an dem winzigen Fenster und kam zu dem Schluss, dass es keine Alpträume gegeben hatte, keine Bewegungen im Dunkeln mit Pistolen und Messern, die zum Vorschein kamen und sie angriffen. Es war ein tiefer, schwerer Schlaf gewesen, und sie betrachtete eine ganze Weile die Vorhänge, während ihr Gehirn aufwachte.

Sie versuchte, methodisch zu denken. Dies war ihr vierter Tag als Pelikan, und um Nummer Fünf zu erleben, würde sie denken müssen wie ein Killer, der nichts außer acht ließ. Es war Tag Nummer Vier ihres restlichen Lebens. Eigentlich sollte sie bereits tot sein.

Aber nachdem sie die Augen geöffnet und begriffen hatte, dass sie tatsächlich am Leben und in Sicherheit war und die Tür nicht quietschte und die Dielen nicht knarrten und kein Revolvermann im Schrank lauerte, galt ihr erster Gedanke wie immer Thomas. Der Schock seines Todes ließ nach, und es fiel ihr jetzt leichter, die Geräusche der Explosion und des prasselnden Feuers zu verdrängen. Sie wusste, dass er in Stücke zerrissen worden und sofort tot gewesen war. Sie wusste, dass er nicht hatte leiden müssen.

Also dachte sie an andere Dinge, zum Beispiel an das Gefühl, wenn er neben ihr lag, und an sein Flüstern und Kichern, wenn sie im Bett waren und den Sex hinter sich hatten und er schmusen wollte. Er war ein Schmuser, und nachdem sie sich geliebt hatten, wollte er spielen und küssen und streicheln. Und kichern. Er liebte sie sehr, es hatte ihn schwer getroffen. Und zum ersten Mal in seinem Leben konnte er mit einer Frau herumalbern. Es war oft vorgekommen, dass sie mitten in einer seiner Vorlesungen an das Gurren und Kichern gedacht hatte und sich auf die Lippe beißen musste, um nicht zu lächeln.

Sie hatte ihn auch geliebt. Und es tat so weh. Sie wäre am liebsten im Bett geblieben und hitte eine Woche lang geweint. Am Tag nach der Beisetzung ihres Vaters hatte ihr ein Psychiater erklärt, dass die Seele eine kurze, sehr intensive Periode des Trauerns braucht und dann zur nächsten Phase übergeht. Aber der Schmerz muss sein; sie muss rückhaltlos leiden, bevor es weitergehen kann. Sie hatte seinen Rat befolgt und sich zwei Wochen lang mutlos der Trauer hingegeben, dann hatte sie genug und ging zum nächsten Stadium über. Es funktionierte.