«Wo ist sie?«fragte er.
«Ich weiß es nicht genau. Ich vermute, sie ist auf dem Weg von New York hierher.«
«Passen Sie auf, dass sie nicht umgebracht wird.«
«Wir werden sehr vorsichtig sein. «Gray warf einen Blick über beide Schultern.»Ich glaube sogar, dass ich beschattet werde. Ich möchte, dass Sie das wissen.«
«Wie kommen Sie darauf?«
«Ich habe es von einem Informanten im Weißen Haus. Ich benutze meine Telefone nicht.«
«Das sollte ich Feldman sagen.«
«Von mir aus. Ich glaube nicht, dass es gefährlich ist, jedenfalls noch nicht.«
«Er muss es wissen. «Keen sprang auf und verschwand.
Minuten später rief sie an.»Ich bin hier«, sagte sie.»Ich weiß nicht, wie viele böse Buben ich mitgebracht habe, aber ich bin hier und am Leben, jedenfalls im Moment.«
«Wo sind Sie?«
«Im Tabard Inn an der N Street. Gestern habe ich auf der Sixth Avenue einen alten Freund gesehen. Erinnern Sie sich an Stummel, der auf der Bourbon Street böse verletzt wurde? Habe ich Ihnen die Geschichte erzählt?«
«Ja.«
«Nun, er kann wieder laufen. Ein leichtes Hinken, aber er ist gestern in Manhattan herumgewandert. Ich glaube nicht, dass er mich gesehen hat.«
«Ist das Ihr Ernst? Das ist beängstigend, Darby.«
«Es ist mehr als beängstigend. Ich habe sechs Spuren hinterlassen, als ich gestern abend abreiste, aber wenn ich sehe, wie er hier in dieser Stadt irgendeine Straße entlang hinkt, dann gebe ich auf. Ich gehe auf ihn zu und lasse ihn tun, was er will.«
«Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
«Sagen Sie so wenig wie möglich. Diese Leute haben Radar. Ich werde drei Tage lang den Privatdetektiv spielen, dann verschwinde ich. Wenn ich am Mittwochmorgen noch lebe, dann sitze ich in einem Flugzeug nach Aruba oder Trinidad oder irgendeinem anderen Ort mit einem Strand. Wenn ich sterbe, will ich an einem Strand sein.«
«Wann sehen wir uns?«
«Ich denke darüber nach. Ich möchte, dass Sie zweierlei tun.«
«Ich höre.«
«Wo parken Sie Ihren Wagen?«
«In der Nähe meiner Wohnung.«
«Lassen Sie ihn da und mieten Sie sich einen anderen. Nichts auffälliges, einen schlichten Ford oder so etwas. Verhalten Sie sich so, als ob jemand Sie durch ein Zielfernrohr beobachtet. Fahren Sie ins Marbury Hotel in Georgetown und nehmen Sie sich dort ein Zimmer für drei Nächte. Sie akzeptieren Bargeld ich habe mich bereits vergewissert. Tun Sie es unter einem anderen Namen.«
Grantham machte sich Notizen und schüttelte den Kopf.
«Können Sie sich nach Anbruch der Dunkelheit aus Ihrer Wohnung schleichen?«fragte sie.
«Ich denke schon.«
«Dann tun Sie es und fahren Sie mit einem Taxi zum Marbury. Veranlassen Sie, dass Ihnen der Mietwagen dorthin gebracht wird. Nehmen Sie zwei Taxis zum Tabard Inn und betreten Sie heute abend genau um neun Uhr das Restaurant.«
«Okay. Sonst noch etwas?«
«Bringen Sie ein paar Sachen mit. Richten Sie sich darauf ein, Ihrer Wohnung mindestens drei Tage fernzubleiben. Und auch der Redaktion.«
«Nun hören Sie mal, Darby. Ich glaube, die Redaktion ist sicher.«
«Ich bin nicht in der rechten Stimmung zum Diskutieren. Wenn Sie Schwierigkeiten machen, Gray, verschwinde ich einfach. Ich bin überzeugt, dass ich umso länger leben werde, je schneller ich aus dem Land herauskomme.«
«Ja, Madam.«
«So ist’s brav.«
«Ich nehme an, in Ihrem Kopf steckt ein grandioser Plan.«
«Vielleicht. Wir werden beim Essen darüber sprechen.«
«Ist das eine Art Verabredung?«
«Wir wollen einen Bissen essen und es Geschäft nennen.«
«Ja, Madam.«
«Ich mache jetzt Schluss. Seien Sie vorsichtig, Gray. Sie beobachten uns. «Sie hatte aufgelegt.
Sie saß an Tisch siebenunddreißig, in einer dunklen Ecke des kleinen Restaurants, als er genau um neun Uhr eintrat. Das erste, was ihm auffiel, war das Kleid, und als er auf den Tisch zuging, wusste er, dass die Beine darunter steckten, aber er konnte sie nicht sehen. Vielleicht später, wenn sie aufstand. Er trug Anzug und Krawatte, und sie waren ein gutaussehendes Paar.
Er setzte sich in der Dunkelheit dicht neben sie, damit sie die anderen Gäste im Auge behalten konnten. Das Lokal wirkte so altertümlich, dass schon Thomas Jefferson hier gesessen haben konnte. Eine lärmende Gruppe von Deutschen lachte und redete auf der Terrasse außerhalb des Restaurants. Die Fenster standen offen, die Luft war kühl, und für einen kurzen Moment war es leicht, zu vergessen, weshalb sie sich versteckten.
«Woher haben Sie das Kleid?«»Gefällt es Ihnen?«
«Es ist sehr hübsch.«
«Ich war heute nachmittag ein bisschen einkaufen. Wie die meisten meiner Anschaffungen in letzter Zeit ist es entbehrlich. Vermutlich werde ich es in meinem Zimmer zurücklassen, wenn ich das nächste Mal um mein Leben renne.«
Der Kellner erschien mit den Speisekarten. Sie bestellten Drinks. Das Restaurant war ruhig und harmlos.
«Wie sind Sie hergekommen?«
«Rund um die Welt.«
«Ich würde es gern wissen.«
«Ich nahm einen Zug nach Newark, ein Flugzeug nach Boston, ein Flugzeug nach Detroit und ein Flugzeug nach Dulles. Ich war die ganze Nacht unterwegs, und zweimal wusste ich nicht mehr, wo ich war.«
«Wie hätten sie Ihnen da folgen können?«
«Sie konnten es nicht. Ich habe mit Bargeld bezahlt, und das wird allmählich knapp.«
«Wieviel brauchen Sie?«
«Ich würde gern etwas von meiner Bank in New Orleans überweisen lassen.«
«Das können wir am Montag veranlassen. Ich glaube, hier sind Sie sicher, Darby.«
«Das habe ich früher auch schon gedacht. Ich fühlte mich sehr sicher, als ich mit Verheek auf das Schiff ging, nur dass es nicht Verheek war. Und ich fühlte mich auch in New York sehr sicher. Und dann hinkte Stummel auf dem Gehsteig vorbei, und seither habe ich nichts mehr gegessen.«
«Sie sehen dünn aus.«
«Danke, falls das ein Kompliment sein soll. Haben Sie schon einmal hier gegessen?«Sie las ihre Speisekarte.
Er betrachtete seine.»Nein, aber das Essen soll sehr gut sein. Sie haben Ihr Haar wieder verändert. «Es war jetzt hellbraun, und er entdeckte eine Spur von Mascara und Rouge. Und Lippenstift.
Die Drinks wurden gebracht, und sie bestellten.
«Wir rechnen damit, dass die Times morgen früh etwas bringt. «Die Zeitung von New Orleans wollte er nicht erwähnen, weil sie Fotos von Callahan und Verheek gebracht hatte. Er vermutete, dass sie sie gesehen hatte.
Das schien sie nicht zu interessieren.»Und was?«fragte sie und sah sich dabei um.
«Das wissen wir nicht. Wir hassen es, wenn die Times uns zuvorkommt. Es ist eine alte Rivalität.«
«Das interessiert mich nicht. Ich verstehe nichts vom Journalismus, und ich will auch nichts darüber lernen. Ich bin hier, weil ich eine — und nur eine — Idee habe, wie wir Garcia finden können. Wenn sie nicht funktioniert, und zwar schnell, dann bin ich weg.«
«Verzeihen Sie mir. Worüber würden Sie gern reden?«
«Europa. Welches ist Ihr Lieblingsland in Europa?«
«Ich hasse Europa, und ich hasse die Europäer. Ich reise gelegentlich nach Kanada und Australien und Neuseeland. Weshalb mögen Sie Europa?«
«Mein Großvater ist aus Schottland eingewandert, und ich habe dort noch eine Menge Verwandte. Ich habe sie zweimal besucht.«
Gray drückte die Limone über seinem Gin und Tonic aus. Eine Gruppe von sechs Leuten kam von der Bar herein, und sie musterte sie eingehend. Während sie sprach, ließ sie den Blick schnell durch den Raum schweifen.
«Ich glaube, Sie brauchen ein paar Drinks, damit Sie sich entspannen können«, sagte Gray.
Sie nickte, sagte aber nichts. Die sechs setzten sich an einen Tisch in der Nähe und begannen, sich auf Französisch zu unterhalten. Es klang angenehm.