«Ich weiß Bescheid über Coal. Und ich weiß Bescheid über Sie. Und über Ihre kleine Organisation. Also, was wollen Sie?«
«Information.«»Halten Sie mich nicht zum Narren. Was wollen Sie?«
«Haben Sie die Pelikan-Akte gelesen?«fragte Barr.
Der dürre Körper bewegte sich nicht.»Haben Sie sie gelesen?«
«Ja«, erwiderte Barr schnell.
«Glauben Sie, dass stimmt, was darin steht?«
«Es könnte sein. Deshalb bin ich hier.«
«Weshalb macht sich Mr. Coal wegen dieser Akte so viele Gedanken?«
«Weil zwei Reporter Wind davon bekommen haben. Und wenn es stimmt, dann müssen wir es sofort wissen.«
«Wer sind diese Reporter?«
«Gray Grantham von der Washington Post. Er hat als erster davon erfahren. Er weiß mehr als alle anderen, und er versucht, noch mehr herauszubekommen. Mr. Coal glaubt, dass er im Begriff ist, etwas zu veröffentlichen.«
«Den können wir aus dem Weg räumen«, sagte Mattiece zu den Fenstern.»Wer ist der andere?«
«Rifkin von der Times.«
Mattiece hatte sich noch immer nicht bewegt. Barr ließ den Blick über die Laken und die Handtücher schweifen. Ja, er musste verrückt sein. Der Raum war sterilisiert und roch nach Franzbranntwein. Vielleicht war er krank.
«Glaubt Mr. Coal, dass stimmt, was darin steht?«
«Ich weiß es nicht. Er macht sich große Sorgen. Deshalb bin ich hier, Mr. Mattiece. Wir müssen es wissen.«
«Was ist, wenn es stimmt?«
«Dann haben wir Probleme.«
Endlich bewegte sich Mattiece. Er verlagerte sein Gewicht auf das rechte Bein und verschränkte die Arme vor der schmalen Brust. Aber seine Augen bewegten sich nicht. In der Ferne gab
es Sanddünen und Strandhafer, aber nicht das Meer.
«Wissen Sie, was ich glaube?«sagte er leise.
«Was?«
«Ich glaube, Coal ist das Problem. Er hat die Akte zu vielen Leuten gegeben. Er hat sie der CIA gegeben. Er hat zugelassen, dass Sie sie lesen. Das gefällt mir ganz und gar nicht.«
Darauf fiel Barr keine Erwiderung ein. Es war lächerlich, davon auszugehen, dass Coal das Dossier verbreiten wollte. Das Problem sind Sie, Mr. Mattiece. Sie haben die Richter ermordet. Sie sind in Panik geraten und haben Callahan umgebracht. Sie sind der gierige Mistkerl, der nicht bereit war, sich mit lumpigen fünfzig Millionen zufriedenzugeben.
Mattiece drehte sich langsam um und sah Barr an. Die Augen waren dunkel und rot. Er hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem Foto, auf dem er mit dem Vizepräsidenten zu sehen war, aber das lag sieben Jahre zurück. In den letzten sieben Jahren war er um zwanzig Jahre gealtert, und vielleicht hatte er irgendwann in dieser Zeit die Grenze des Irrsinns überschritten.
«Das ist die Schuld von euch Clowns in Washington«, sagte er, jetzt etwas lauter.
Barr konnte ihn nicht ansehen.»Stimmt es, Mr. Mattiece? Das ist alles, was ich wissen möchte.«
Hinter Barr wurde lautlos eine Tür geöffnet. Larry, in Socken und den Handtüchern ausweichend, schob sich zwei Schritte vor und blieb dann stehen.
Mattiece ging auf den Handtüchern zu einer Glastür und öffnete sie. Er schaute hinaus und sagte leise:»Natürlich stimmt es. «Er trat durch die Tür und machte sie langsam hinter sich zu. Barr sah zu, wie der Irre auf einem Pfad, der zu den Dünen führte, davon schlurfte.
Was nun? dachte er. Vielleicht würde Emil kommen und ihn abholen. Vielleicht.
Larry näherte sich mit einem Seil, und Barr hörte und spürte nichts, bevor es zu spät war. Mattiece wollte kein Blut in seinem Pavillon, also brach Larry ihm einfach das Genick und presste seinen Hals zusammen, bis es vorüber war.
ACHTUNDDREISSIG
Der Schlachtplan sah vor, dass sie an diesem Punkt ihrer Suche in diesem Fahrstuhl zu stehen hatte, aber wie sie es sah, waren so viele unerwartete Ereignisse eingetreten, dass eine Änderung des Schlachtplans angezeigt gewesen wäre. Er war nicht dieser Meinung. Es hatte eine eingehende Debatte über diese Fahrt im Fahrstuhl gegeben, und nun stand sie darin. Er hatte recht: es war der kürzeste Weg zu Curtis Morgan. Und sie hatte auch recht: es war ein gefährlicher Weg zu Curtis Morgan. Aber die anderen Wege waren nicht weniger gefährlich. Der ganze Schlachtplan war mörderisch.
Sie trug ihr einziges Kleid und ihre einzigen Schuhe mit hohen Absätzen. Gray sagte, sie sähe sehr gut aus, aber das war zu erwarten gewesen. Der Fahrstuhl hielt im neunten Stock, und als sie heraustrat, hatte sie Magenkrämpfe und konnte kaum atmen.
Zum Empfang musste sie ein elegantes Foyer durchqueren. An der Wand prangte in großen, dicken Messingbuchstaben der Name WHITE AND BLAZEVICH. Ihre Knie waren weich, aber sie schaffte es bis zu der Frau am Empfang, die freundlich lächelte. Es war zehn vor fünf.
«Kann ich Ihnen helfen?«fragte sie. Dem Namensschild zufolge hieß sie Peggy Young.
«Ja«, brachte Darby nach einem Räuspern heraus.»Ich bin um fünf Uhr mit Curtis Morgan verabredet. Mein Name ist Dorothy Blythe.«
Die Frau war fassungslos. Ihr Unterkiefer sackte herab, und sie starrte Darby, jetzt Dorothy, an. Sie konnte nicht sprechen.
Darby blieb das Herz stehen.»Fehlt Ihnen etwas?«
«Äh — nein. Entschuldigung. Einen Augenblick bitte. «Peggy Young stand schnell auf und verschwand.
Hau ab! Dir Herz dröhnte wie eine Trommel. Hau ab! Sie versuchte, ihre Atmung zu kontrollieren, aber sie musste gegen Hyperventilation ankämpfen. Ihre Beine fühlten sich an, als wären sie aus Gummi. Hau ab!
Sie sah sich um, versuchte, so gelassen zu wirken, als wäre sie nichts als eine Mandantin, die auf ihren Anwalt wartet. Bestimmt würde man sie nicht hier im Foyer einer Anwaltskanzlei niederschießen.
Er kam zuerst, gefolgt von der Empfangsdame. Er war ungefähr fünfzig, mit buschigem grauen Haar und grässlich finsterer Miene.»Hi«, sagte er, aber nur, weil er es musste.»Ich bin Jarreld Schwabe, ein Partner hier. Sie sagen, Sie hätten eine Verabredung mit Curtis Morgan?«
Bleib dabei.»Ja. Um fünf. Gibt es ein Problem?«
«Und Ihr Name ist Dorothy Blythe?«
Ja, aber Sie können mich Dot nennen.»Ja, das habe ich bereits gesagt. Was ist los?«Sie hörte sich an, als wäre sie echt verärgert.
Er rückte näher an sie heran.»Wann haben Sie die Verabredung getroffen?«
«Ich weiß es nicht mehr so genau. Vor ungefähr zwei Wochen. Ich habe Curtis auf einer Party in Georgetown kennengelernt. Er hat mir erzählt, dass er Öl- und Gas-Anwalt ist, und zufällig brauche ich einen solchen Anwalt. Deshalb rief ich hier an und vereinbarte eine Zusammenkunft. Und nun sagen Sie mir bitte, was hier vorgeht?«Sie war erstaunt, wie gut diese Worte aus ihrem trockenen Mund herauskamen.
«Wozu brauchen Sie einen Öl- und Gas-Anwalt?«
«Ich glaube nicht, dass Sie das etwas angeht«, sagte sie, und es klang ziemlich bissig.
Die Fahrstuhltür ging auf, und ein Mann in einem billigen Anzug kam rasch herbei, um dem Gespräch folgen zu können.
Darby warf ihm einen finsteren Blick zu. Ihre Beine konnten jede Sekunde ihren Dienst versagen.
Schwabe war unerbittlich.»In unseren Unterlagen steht nichts von einer solchen Verabredung.«
«Dann feuern Sie die Sekretärin, die den Terminkalender führt. Werden bei Ihnen alle neuen Mandanten auf diese Art empfangen?«Oh, sie war empört, aber Schwabe ließ nicht locker.
«Sie können Curtis Morgan nicht sehen«, sagte er.
«Und weshalb nicht?«wollte sie wissen.
«Er ist tot.«
Ihre Knie waren butterweich und im Begriff nachzugeben. Ein heftiger Schmerz schoss durch ihren Magen Aber, dachte sie schnell, es war völlig in Ordnung, wenn sie schockiert wirkte. Schließlich hätte er ihr neuer Anwalt sein sollen.
«Das tut mir leid. Weshalb hat mich niemand angerufen?«