«Er ist eiskalt, nicht wahr?«sagte Gray bewundernd.
«Ja, aber sein eiskalter Hintern steckt jetzt ganz tief in kochendem Wasser.«
ZWEIUNDVIERZIG
Für einen Mann, der es gewohnt war, seine Macht zu demonstrieren und zuzusehen, wie andere vor ihm krochen, war es schwierig, mit dem Hut in der Hand aufzutreten und um gut Wetter zu bitten. Er durchquerte mit K. O. Lewis und zwei Agenten im Schlepp die Redaktion so bescheiden, wie er nur konnte. Er trug seinen üblichen verknautschten Trenchcoat mit dem um die Mitte seiner kleinen, massigen Gestalt eng zusammengeschnallten Gürtel. Er machte nicht viel her, aber sein Gebaren und sein Gang ließen keinen Zweifel daran, dass er es gewohnt war, seinen Kopf durchzusetzen. Alle mit dunklen Mänteln angetan, erweckten sie den Eindruck eines Mafiabosses mit seinen Leibwächtern. In der geschäftigen Redaktion trat für einen Moment Stille ein, als sie sie schnell durchquerten. F. Denton Voyles war, bescheiden oder nicht, eine nicht zu übersehende Persönlichkeit.
Eine kleine, angespannte Gruppe von Redakteuren wartete auf dem kurzen Flur vor Feldmans Büro. Howard Krauthammer kannte Voyles und ging ihm entgegen. Sie gaben sich die Hand und flüsterten. Feldman war am Telefon und sprach mit Mr. Ludwig, dem Verleger, der in China war. Smith Keen gesellte sich zu ihnen und gab Voyles und Lewis die Hand. Die beiden Agenten hielten Abstand.
Feldman öffnete seine Tür und sah Denton Voyles. Er bedeutete ihm, hereinzukommen. K. O. Lewis folgte ihm. Sie tauschten Routinehöflichkeiten aus, bis Smith Keen die Tür schloss und alle sich niedergelassen hatten.
«Ich nehme an, Sie haben eine eindeutige Bestätigung des Pelikan-Dossiers«, sagte Voyles.
«Die haben wir«, erwiderte Feldman.»Wollen Sie und Mr.
Lewis nicht das Manuskript der Story lesen? Ich meine, das würde die Sache vereinfachen. Wir gehen in ungefähr einer Stunde in Satz, und der Reporter, Mr. Grantham, möchte Ihnen Gelegenheit zu einem Kommentar geben.«
«Das weiß ich zu würdigen.«
Feldman ergriff ein Exemplar des Manuskripts und reichte es Voyles, der es leicht widerstrebend nahm. K. O. Lewis beugte sich vor, und sie begannen sofort mit der Lektüre.»Wir gehen nach draußen«, sagte Feldman.»Lassen Sie sich Zeit. «Er und Keen verließen das Büro und machten die Tür hinter sich zu. Die beiden Agenten rückten enger zusammen.
Feldman und Keen durchquerten die Redaktion und steuerten auf die Tür des Konferenzraums zu. Davor standen zwei massige Wachmänner. Als sie eintraten, fanden sie Gray und Darby allein darin vor.
«Sie müssen White and Blazevich anrufen«, sagte Feldman.
«Ich habe nur auf Sie gewartet.«
Sie nahmen die Hörer der Nebenapparate ab. Krauthammer war anderswo beschäftigt, und Keen gab Darby seinen Hörer. Gray wählte die Nummer.
«Marty Velmano, bitte«, sagte Gray.»Ich bin Gray Grantham von der Washington Post, und ich muss mit ihm sprechen. Es ist dringend.«
«Einen Moment, bitte«, sagte die Sekretärin.
Der Moment verging, und eine andere Sekretärin war am Apparat.»Mr. Velmanos Büro.«
Gray identifizierte sich abermals und verlangte nach ihrem Boss.
«Er ist in einer Sitzung«, sagte sie.
«Ich auch«, sagte Gray.»Gehen Sie hinein, sagen Sie ihm, wer ich bin, und sagen Sie ihm weiterhin, dass heute um Mitternacht sein Foto auf der Titelseite der Post erscheinen wird.«
«Nun — ja, Sir.«
Sekunden später sagte Velmano:»Ja, was gibt es?«
Gray nannte seinen Namen zum dritten Mal und wies auf das Bandgerät hin.
«Ich habe verstanden«, fuhr Velmano ihn an.
«Wir bringen in der Morgenausgabe eine Story über Ihren Mandanten Victor Mattiece und seine Verwicklung in die Morde an den Richtern Rosenberg und Jensen.«
«Großartig! Dafür werden wir Sie die nächsten zwanzig Jahre vor Gericht schleifen. Sie müssen den Verstand verloren haben, Mann. Wir werden die Post aufkaufen.«
«Ja, Sir. Denken Sie daran, wir nehmen das auf.«
«Nehmen Sie auf, was Sie wollen. Wir werden Sie verklagen. Das wird großartig werden! Victor Mattiece wird die Washington Post kaufen! Das ist phantastisch!«
Gray schüttelte fassungslos den Kopf. Die Redakteure lächelten den Fußboden an. Das war im Begriff, überaus spaßig zu werden.
«Ja, Sir. Haben Sie von dem Pelikan-Dossier gehört? Wir haben eine Kopie.«
Totenstille. Dann ein fernes Grunzen, wie das letzte Keuchen eines sterbenden Hundes. Dann abermals Stille.
«Mr. Velmano? Sind Sie noch da?«
«Ja.«
«Wir haben außerdem eine Kopie des Memos, das Sie am 28. September an Sims Wakefield geschickt haben und in dem Sie darauf hinweisen, dass die Aussichten Ihres Mandanten wesentlich besser wären, wenn Rosenberg und Jensen aus dem Gericht entfernt würden. Wir wissen aus sicherer Quelle, dass diese Idee von jemandem recherchiert wurde, der Einstein genannt wird und unseres Wissens in einer Bibliothek im sechsten Stock Ihrer Firma sitzt.«
Stille.
Gray fuhr fort:»Wir haben die Story so weit fertig, dass sie in Satz gehen kann, aber wir wollten Ihnen Gelegenheit zu einem
Kommentar geben. Möchten Sie einen Kommentar abgeben, Mr. Velmano?«
«Ich habe Kopfschmerzen.«
«Okay. Sonst noch etwas?«
«Haben Sie vor, das Memo Wort für Wort zu bringen?«
«Ja.«
«Wollen Sie mein Foto bringen?«
«Ja. Es ist ein altes, von einer Anhörung vor dem Senat.«
«Sie Mistkerl.«
«Vielen Dank. Sonst noch etwas?«
«Ich stelle fest, dass Sie bis fünf Uhr gewartet haben. Eine Stunde früher, und wir hätten zum Gericht laufen und diese verdammte Sache stoppen können.«
«Ja, Sir. Das haben wir absichtlich getan.«
«Sie Mistkerl.«
«Okay.«
«Ihnen macht es wohl nichts aus, Leute zu ruinieren, ja?«Die Stimme versagte, und er hörte sich fast bemitleidenswert an. Was für ein wundervolles Zitat. Gray hatte zweimal auf das Bandgerät hingewiesen, aber Velmano war zu schockiert, um daran zu denken.
«Nein, Sir. Sonst noch etwas?«
«Sagen Sie Jackson Feldman, dass die Klage morgen früh um neun, sowie das Gericht öffnet, erhoben wird.«
«Das werde ich tun. Bestreiten Sie, das Memo geschrieben zu haben?«
«Natürlich.«
«Bestreiten Sie die Existenz des Memos?«
«Es ist pure Erfindung.«
«Es wird kein Verfahren geben, Mr. Velmano, und ich glaube, Sie wissen es.«
Stille, dann:»Sie Mistkerl.«
In den Hörern klickte es, und sie hörten nur noch das Freizeichen. Sie lächelten einander ungläubig an.
«Möchten Sie nicht Journalistin werden, Darby?«fragte Smith Keen.
«Oh, das macht schon Spaß«, sagte sie.»Aber gestern wäre beinahe zweimal jemand über mich hergefallen. Nein, danke.«
Feldman stand auf und deutete auf das Bandgerät.»Ich bin dafür, dass wir nichts davon benutzen.«
«Aber mir hat der Satz über das Ruinieren von Leuten gefallen. Und was ist mit den Prozessdrohungen?«
«Wir brauchen sie nicht, Gray. Die Story nimmt schon jetzt die gesamte Titelseite ein. Vielleicht später.«
Jemand klopfte an die Tür. Es war Krauthammer.»Voyles möchte Sie sehen«, sagte er zu Feldman.
«Bringen Sie ihn her.«
Gray erhob sich, und Darby ging zum Fenster. Die Sonne wurde schwächer, Schatten breiteten sich aus. Der Verkehr kroch die Straße entlang. Von Stummel und seinen Genossen war nichts zu sehen, aber sie waren da, warteten zweifellos darauf, dass es dunkel wurde, planten zweifellos einen letzten Versuch, sie umzubringen, entweder vorbeugend oder aus Rache. Gray sagte, er hätte einen Plan, wie sie nach Redaktionsschluss das Gebäude verlassen könnten, ohne dass es zu einer Schießerei käme, aber er ließ sich nicht näher darüber aus.