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»Wenn wir wenigstens wüßten, wie viele Gegner uns dort auf dem Hügel erwarten«, warf der Praios-Geweihte ein.

»Das ist in diesem Fall uninteressant!« versetzte Sanin barsch. »Wir müssen wissen, wie viele Geschütze sie dort oben haben. Ich würde meine rechte Hand darauf verwetten, daß sie den Belagerungstroß um Greifenfurt abgezogen haben.«

»Wenn das so ist, können wir umkehren.« Alrik von Blautann sprach leise.

»Die Schwarzpelze haben ganze Wochen damit verbracht, Geschütze zu bauen. Wenn sie die hierhergeholt haben, müssen wir mit mindestens zehn schweren Rotzen rechnen, etlichen Böcken und einigen Aalen.«

»Wißt Ihr, was Ihr da sagt, Mann?« rief Sanin. »Heute sind wir nur mit Katapulten beschossen worden. Wenn dieses Pack auch noch Rotzen hat, können die nur rechts und links am Ufer stehen, um uns ins Kreuzfeuer zu nehmen, sobald wir in die Flußmündung hineinsteuern.«

»Also müssen wir uns auf eine Belagerung einrichten, um den Belagerten in Greifenfurt irgendwann einmal helfen zu können«, meinte Brin. Es war still im Zelt geworden. Niemand wollte dem Prinzen in die Augen sehen. Deutlich hörte man von draußen die Geräusche des Lagers. Pferdewiehern und die Schritte der Wachen, die im Schnee ihre Runden drehten.

»Ich hätte einen ganz anderen Vorschlag.« Dicht neben dem Eingang des Zeltes stand Phileasson. Bisher hatte er nur zugehört. Die kaiserlichen Offiziere mieden ihn, und auch jetzt erntete er fast nur abfällige Blicke.

»Sind wir schon so weit, uns von einem Piraten belehren zu lassen?«

Sanins boshafter Einwurf wurde mit Gelächter quittiert.

»Laßt den Mann reden!« Wütend hatte Brin mit der Reitgerte auf den Tisch geschlagen.

»Hält diese goldbetreßte Landratte, die sich Großadmiral nennt, es für möglich, in einer Nacht alle Reiter auf die andere Seite des Flusses zu bringen.«

Phileasson lächelte böse.

Admiral Sanin fiel es sichtlich schwer, die Fassung zu bewahren. Sein Gesicht war rot angelaufen, und sein breiter Schnauzbart zitterte vor Zorn.

»Wir binden einige Lastkähne zusammen, und bauen eine Schiffsbrücke über den Fluß. Kein Problem für disziplinierte Truppen.« Sanin sprach mit gepreßter Stimme.

»Gut, dann brauche ich nur noch einen fähigen Magier, zwanzig Zimmerleute und einen Tag Zeit. Dann werde ich dir zeigen, wie man den Orks einen Schlag versetzen kann, wo sie ihn nicht erwarten, mein Prinz.«

8

Die Sonne war hinter dunklen Wolken verschwunden, und Sharraz hatte seinen Kriegern befohlen, die Kämpfe abzubrechen. Sie hatten das Andergaster Tor erobert und waren fast bis zum Platz der Sonne vorgerückt. Auch die östliche Hälfte der Stadt war überrannt worden, obwohl er seine Kämpfer am Mittag für kurze Zeit hatte zurückziehen müssen, um die Brände im Hauptlager zu löschen. Nur eins war ihm nicht gelungen ...

»Sharraz, Sharraz!« Die Rufe eines Kriegers schreckten ihn aus seinen Gedanken.

»Ein Reiter kommt von Süden auf das Lager zu!«

»Ein einzelner Reiter?« Der Orkgeneral stieg den niedrigen Erdhügel hinab, von dem aus er die Stadt betrachtet hatte.

»Ja, Sharraz, ein Reiter und zwei Oger.«

Eilig durchquerte der Anführer das Lager. Ein Reiter begleitet von zwei Ogern. Das konnte nur einer sein. Sein Nackenhaar sträubte sich. Dieser Fremde bedeutete Ärger.

Als Sharraz den südlichen Teil des Lagers erreichte, ritt die hochgewachsene Gestalt bereits zwischen den Zelten hindurch. Ein alter Schamane, in Felle gehüllt. In seiner Rechten hielt er einen gewundenen, schwarzen Stab. Sein Haar hing in grauen Strähnen vom Kopf. Perlen schmückten seine Kleider, und mitten über der Brust trug er eine kupferne Mondsichel, als Zeichen seines Standes als Tairach-Priester. Man sagte von dem Alten, daß er mehr Macht habe, als selbst Sadrak Whassoi, auch wenn er sich nie öffentlich in die Pläne des Kriegsherren einmischte.

Er hatte bereits viele Winter verstreichen sehen, und sein faltiges Gesicht trug die Zeichen von Kämpfen und den Schrecken, die nur ein Schamane erfahren konnte, der die Welt der Geister zu betreten verstand. An seiner Seite wachten zwei mächtige Streitoger. Der eine trug einen Schild, fast so groß wie ein Orkkrieger und hielt in der Rechten einen gebogenen Arbach. Die Klinge des gebogenen Schwertes war so mächtig, daß keiner seiner Krieger in der Lage wäre, sie zu führen, dachte Sharraz.

Der andere Oger war in eine speckige Lederrüstung gekleidet und hatte eine gewaltige Streitaxt geschultert. Um die Hüften trug er einen Gürtel mit den abgetrennten Gliedmaßen erschlagener Feinde. Vielleicht war es aber auch nur eine Wegzehrung, denn diese mächtigen Krieger fraßen mit Vorliebe das Fleisch ihrer erschlagenen Gegner. Alle Krieger, die den Alten sahen, neigten ehrfürchtig ihr Haupt. Manche warfen sich sogar in den Schnee. Kriecherische Memmen, dachte Sharraz und trat dem Reiter entgegen. Dann neigte auch er das Haupt.

»Ich grüße dich, Uigar Kai, Verkünder des Tairach, Träger des Schwarzen Stabes, Meister der drei Welten, Herr der Geister und Hohepriester alle Stämme.«

Der alte Ork beugte sich auf seinem Pony vor. Böse blinzelte er den General an.

»Möge dir Tairach gönnen, deine Klinge wieder in das Blut unserer Feinde zu tauchen, glückloser General, oder dein Kopf wird zum Krähenfuß auf einer Stange stecken.«

Sharraz schauderte. Warum mußte der alte Hohepriester ausgerechnet in dieser Nacht auftauchen.

»Sei mein Gast mächtiger Uigar Kai, und teile mit mir mein Zelt und die schönsten meiner Frauen.«

Der Alte grunzte verächtlich. »Teilen? Ein Wort von mir, und alles ist mein.«

Sharraz schwieg und ging dem gefürchteten Priester zur Mitte des Lagers voran. Vor dem prächtigen Häuptlingszelt wartete Gamba. »Welch Freude, Euch nach so langer Zeit wiederzusehen, Uigar Kai. Mit Euch wird der Ruhm wieder Einzug in unsere Zelte halten.« Der Druide kniete nieder und hielt dem alten Priester den Steigbügel, während Uigar vom Pony stieg. Schleimige Kröte, dachte Sharraz. Seit Wochen hat er kaum noch etwas zu unserem Sieg beigetragen. Wie sollte da Ruhm in ihren Zelten Einzug halten?

Der Orkgeneral öffnete dem Priester die Lederplane am Zelteingang und ließ ihn samt Gefolge eintreten.

»Nehmt Platz an meinen Herdfeuern, und erfreut Euch an den Genüssen, die meiner Gäste harren.«

Sharraz gab einer Sklavin einen Wink, dem Schamenen ein Stück gebratenes Fleisch und einen Becher voll Wein zu reichen, doch Uigar knurrte ärgerlich.

»Ich bin nicht hier, um mich dem hinzugeben, was aus den Menschen so schlechte Kämpfer macht. Gebt mir einen Becher Wasser, das ist genug! Und dann sagt mir, wie weit die Tunnel sind. Kolon hat mir vor drei Tagen berichtet, daß selbst unter deiner Führung, Sharraz, die Sklaven mittlerweile bis kurz vor die heilige Höhle des Tairach gelangt sein müssen.«

Sharraz hatte Mühe, dem Schamanen darauf etwas zu erwidern. Ihm wollten einfach nicht die rechten Worte in den Sinn kommen, um von dem zu berichten, was am Mittag geschehen war. Aus den Augenwinkeln konnte er sehen, wie Gamba hämisch grinste.

»Nun, Gebieter der Geister ... wir haben heute die Höhle des Gottes gefunden.«

»Gut, Sharraz, es freut mich zu hören, daß deine Taten den Ruf, den du in den letzten Wochen im Zelt des Marschalls hast, Lügen strafen. Nun gibt mir Xarvlesh, damit ich die Götterwaffe dem Ashim Riak Assai, dem Herren aller Stämme überbringen kann.«

»Das geht nicht ..., mein Gebieter.« Sharraz hatte das Gefühl an den Worten zu ersticken. Obwohl er zu Boden starrte, konnte er den Blick des Schamanen spüren.

»Was soll das heißen?« Uigars Worte waren schneidender als der Wind des Winters.

Sharraz lief der Schweiß von der Stirn. Seine Lippen bebten, doch es wollte ihm nicht gelingen zu antworten. Da erklang Gambas Stimme.