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»Das soll heißen, daß ihm ein paar Menschen Xarvlesh gestohlen haben. Wir haben sie vor der Höhle getroffen, und es ist ihnen gelungen, unsere Krieger zurückzuschlagen und die Waffe des Gottes zu stehlen. Aber das schlimmste kommt noch. Unser begnadeter Feldherr war nicht einmal in der Lage, zu verhindern, daß sie die Götterwaffe aus der Stadt brachten. Ein kleiner Trupp Reiter ist am Mittag durch unsere Linien gebrochen und...«

»Ist das wahr?«

»Alle meine Reiter folgen ihnen, Uigar, bald werden sie die Köpfe der Menschen auf Spießen zurückbringen. Außerdem ist es uns heute gelungen, in der Stadt Fuß zu fassen, und morgen werden wir die Verteidiger bis hinter die Wälle der Festung ...«

»Das interessiert mich nicht!« Uigar schnaubte vor Wut. Dann schleuderte er den Pokal mit Wasser, den ihm eine der Sklavinnen immer noch hinhielt, nach dem Häuptling. »Du nichtsnutziger Wurm. Hast du denn nicht begriffen, worum es hier geht. Was bedeutet schon diese Stadt der Menschen? Xarvlesh solltest du holen! Greifenfurt ist so bedeutungslos wie ein Staubkorn in der Steppe!«

»Bitte, Uigar, ich weiß, daß ich gefehlt habe, doch gebt mir nur noch ein paar Tage, und ich lege Euch die Stadt und die Götterwaffe zu Füßen.«

»Leere Worte«, höhnte Gamba. »Wie viele Wochen liegen wir jetzt schon hier vor der Stadt, und nichts geschieht.«

»Glaubt ihm nicht!« Sharraz zitterte am ganzen Körper. »Ich halte hier einen Menschen verborgen. Einen mächtigen Flammenrufer. Er wird uns ein Feuer schenken, das mit Wasser nicht gelöscht werden kann. Damit erobern wir die Stadt.«

»Das hört sich an wie das Geheul eines Welpen, der zu schwach ist, um an die Milch seiner Mutter zu kommen. Erlöst uns davon!«

Sharraz hatte sich vor Uigar auf die Knie geworfen. Diese Schlange Gamba. Er hätte ihn schon längst vernichten sollen.

Der Orkgeneral zitterte etwas weniger. Noch nie hatte er vor jemandem gekniet. Doch Uigar machte ihm angst. Ein Krieger könnte ihn nur töten, doch der mächtige Schamane besaß die Macht, ihm für immer den Eintritt in das Reich der Geister zu verwehren. Er konnte ihm Dinge antun, gegen die der Tod so süß wie der Honig wilder Bienen war. Nein, er hatte keine Angst zu sterben. Mit dieser Gefahr hatte er in seinen vielen Jahren als Jäger und Krieger jeden Tag gelebt ...

»Erhebe dich Sharraz.« Die Stimme des Schamanen klang nun ruhiger.

»Zeige mir die Sklavin, die dir am meisten Freude bereitet. Sie soll uns begleiten.«

Der Anführer der Orks zögerte. Wollte ihn der Schamane auf diese Weise strafen? Sollte er wirklich so viel Glück haben?

Einen Moment lang blickte er sich im Zelt um. Dann wies er mit ausgestreckter Hand auf die blonde Sklavin, die sich um das Feuer in der Mitte des großen Zeltes kümmerte.

»Vana, komm zu mir. Uigar Kai will, daß du mit uns kommst.«

Mit gesenktem Blick näherte sich die hochgewachsene Menschenfrau. Sie war im Lager schon oft Zeugin der Macht von Tairach-Priestern und ihrer Rituale geworden. Sie sah noch blasser aus als sonst.

Sharraz ballte seine Hände zu Fäusten. Wahrscheinlich würde Uigar Kai sie auf dem Platz vor dem Zelt Tairach opfern. Schade.

Der General hatte Vana aus dem befestigten Landgut eines Ritters geraubt. Sie hatte mitansehen müssen, wie seine Männer ihren Vater an das Tor seines Hauses nagelten und dann verbrannten. Und trotzdem war sie eine bessere Sklavin geworden als alle anderen Menschenfrauen, die er auf diesem Kriegszug erbeutet hatte. Sie verstand es, all seine Gelüste zu befriedigen. Auch war Vana nicht so unterwürfig und langweilig wie die anderen Sklavinnen. Sie rang beim Liebesspiel wie eine Wölfin mit ihm, kratzte ihn und biß. Außerdem war sie die einzige Menschenfrau im Zelt, die genug von seiner Sprache gelernt hatte, um ihm schmeicheln zu können. Trotzdem würde er es nicht wagen, Uigar Kai zu widersprechen. Wenn er Vana wollte, dann sollte er sie auch bekommen.

Sharraz musterte den alten Schamanen, doch dessen Miene war nicht zu entnehmen, was er als nächstes tun würde.

Uigar Kai wechselte einige Worte mit Gamba, der darauf eilig das Zelt verließ. Dann winkte er Sharraz zu sich.

»Folge mir, mein Bruder. Du wirst nun Gelegenheit haben, deine Ehre wieder reinzuwaschen.«

Uigar Kai hatte darauf bestanden, durch den Tunnel bis zu dem verlorenen Heiligtum unter dem Platz der Sonne geführt zu werden. Überall in dem langen Erdgang lagen die verkohlten Leichen von Orks. Der Ausbruch des geheimnisvollen Lichtwesens war genau zu dem Zeitpunkt erfolgt, als Sharraz neue Truppen zur Verstärkung in den Tunnel geschickt hatte.

Gamba fröstelte es, obwohl es hier, tief unter der Erde, wesentlich wärmer war als im verschneiten Feldlager. In dem gewundenen Gang hatte der Druide das Gefühl gehabt, noch immer ein wenig von der zerstörerischen Macht zu spüren, die dort vor Stunden gewütet hatte.

Doch das Heiligtum, in dem sie jetzt standen, war davon unberührt geblieben. Nervös blickte Gamba auf den Knochenhaufen, der nicht fern des Eingangs lag. Die Gebeine eines Fabelwesens, doch waren sie zu stark zerfallen, um noch erkennen zu können, was es einst gewesen war. Auf jeden Fall hatte das Wesen Flügel gehabt.

Uigar Kai hatte seine Stimme erhoben und einen monotonen Gesang angestimmt, um die Geister der Ahnen herbeizurufen. Gleichzeitig zeichnete er mit dem kleinen Finger der linken Hand, den er in einen Tiegel mit rötlicher Farbe getaucht hatte, verschlungene Zeichen auf einen großen Schädel, der unmittelbar vor dem Standbild des Tairach lag.

Als er damit fertig war, gab Uigar Kai Gamba das vereinbarte Zeichen, und der Druide begann kleine Schalen mit Weihrauch und anderen Kräutern entlang der Höhlenwand aufzustellen.

Außer ihnen beiden waren nur noch Sharraz und Vana in der heiligen Opferstätte. Der Orkgeneral hatte sein Gesicht zu einer Grimasse verzogen und starrte scheinbar unbeteiligt zur Decke, doch Vana zitterte am ganzen Leib und wimmerte leise vor sich hin. Sie schien zu ahnen, was ihr bevorstand. Gamba grinste hämisch. Selbst ihre schlimmsten Phantasien würden nicht annähernd an das heranreichen, was der Schamane ihr nun antun würde. Uigar Kai hatte inzwischen damit begonnen, seine Knochenkeule für das bevorstehende Ritual zu weihen. Sie war aus dem Oberschenkelknochen eines großen Büffels gefertigt und mit verschlungenen Schnitzereien geschmückt. Zahllose kleine Lederriemchen mit Federn, durchbohrten Steinchen und Dinge, die Gamba nicht zu benennen vermochte, hingen von der Keule herab.

Der Druide entzündete die Schälchen mit dem Räucherwerk. Dichter Qualm stieg auf, brannte in den Augen und öffnete den Verstand für Dinge, die dem Unbedarften auf immer verborgen blieben.

Gamba hatte plötzlich das Gefühl, fremde Mächte in der Höhle zu spüren. Eine Kraft, die ihm zugleich vertraut und fremd erschien. Noch immer ertönte der Gesang Uigar Kais. Der Orkschamane wiegte sich in grotesken Verrenkungen hin und her. Mit der Rechten hielt er den bemalten Totenschädel hoch, mit der Linken schwang er die Knochenkeule.

Sharraz Garthai stöhnte leise und Vanas Gesicht war zu einer Maske des Entsetzens geworden. Scheinbar gegen ihren Willen bewegte sie sich langsam auf den Schamanen zu.

Welche Kraft Uigar Kai besaß! Gamba war fasziniert. Schon in der Vergangenheit hatte er manchmal einem der machtvollen Zauber des Schamanen beiwohnen dürfen, doch dies übertraf alles, was er bisher gesehen hatte. Vana stand nun unmittelbar vor dem Schamanen. Ohne sie zu berühren, zwang er die Sklavin auf die Knie zu gehen, indem er langsam seine mächtige Knochenkeule senkte.

»Nackt bist du in diese Welt gekommen, nackt sollst du sie wieder verlassen!« grollte die Stimme Uigar Kais. Er gab Gamba einen Wink und der Druide eilte herbei, um der Sklavin die Kleider vom Leib zu reißen. Vanas ganzer Körper schien sich zu verkrampfen, so als würde sie sich mit aller Kraft gegen etwas Unsichtbares auflehnen.

Als Gamba den Befehl ausgeführt hatte, wich er ehrfurchtsvoll bis zur Höhlenwand zurück. Uigar tauchte nun seine Keule in die flache Schale mit roter Farbe, die vor dem Tairachbildnis stand. Dann zeichnete er verschlungene Linien auf Vanas Körper, die im unsteten Licht der glimmenden Räucherpfannen ein eigenes Leben zu entfalten schienen.