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Der Zwerg hoffte, daß sich die undisziplinierten Orks an seine Befehle halten würden. Diese Feuer waren nicht durch Wasser zu löschen. Er kannte die Brandgeschosse der kaiserlichen Armee nur zu gut. Es waren Tonkugeln, gefüllt mit den berüchtigten Hylailer Feuer. An der Mündung des Kruges befestigte man eine glimmende Lunte, die den Brandsatz entfachte, sobald der Tonkrug zerschellte. Wasser vermochte diesem dämonischen Feuer nichts anzuhaben. Allein mit Erde konnte man es ersticken.

»Glotzt nicht wie die Ochsen im Schlachthof!« brüllte Kolon wütend und trieb die Krieger in seiner Nähe an die Geschütze zurück. Er mußte sie dazu bringen, stur weiterzumachen. Wenn sie zu sehr darüber nachdachten, mit was sie hier beschossen wurden, dann würden sie ihm am Ende noch weglaufen.

»Diesmal ziele ich!« Kolon stieß den Kommandanten des Geschützes neben ihm beiseite. Sorgfältig visierte er das vorderste Schiff an. Vermutlich war dort der Kommandant der Flottille.

»Los schießt!« Wieder ertönte das dumpfe Geräusch abgefeuerter Katapulte.

Drei Schuß gingen ins Wasser, einer traf. Kolon hatte sein Geschütz mit Bedacht noch nicht abgefeuert. Er wollte wissen, wie gut er selber noch war. Noch einmal überprüfte er die Entfernung zum Ziel und warf einen abschätzenden Blick auf die glühende Steinkugel im Löffel seines Katapults. Dann riß er den Sicherungshebel nach hinten. Zischend durchschnitt die Kugel die Luft. Dann senkte sie sich in einer steilen Kurve der Wasseroberfläche zu und schlug mit lautem Klang mitten auf dem vordersten Schiff ein.

»Hurra! Treffer! Wir werden es ihnen schon geben.« Kolon führte einen wahren Freudentanz rund um das Geschütz auf.

Statt nachzuladen, starrten ihn die Orks an, als hätten sie es mit einer Göttererscheinung zu tun. Kolon riß sich zusammen. Was hatte er eben noch gesagt? Gefeiert wird später!

»Los, ihr lausigen Schwarzpelze. Macht weiter und zeigt euren Ahnen mal, daß ihr Mumm in den Knochen habt.«

Die Krieger eilten zu den Geschützen, und bald war die Batterie erneut schußbereit.

»Admiral, das ist Wahnsinn, das stehen wir nicht durch!« Der Erste Offizier war am Rande der Hysterie, doch Sanin stand scheinbar gelassen auf dem Kajütendach der Widder und dirigierte die Geschützbedienung.

»Sorgt dafür, daß alle auf den Posten bleiben. Wie viele Tote haben wir?«

»Bislang einen Toten und zwei Verletzte. Wie es auf den anderen Schiffen steht, weiß ich nicht.«

»Gut, Navigator. Dann geht jetzt auf Euren Posten zurück und seid den anderen ein Vorbild. Vergeßt nicht, daß ein Offizier der kaiserlichen Marine niemals etwas von seinen Leuten fordern darf, was er nicht selbst zu geben bereit ist.«

Das Pfeifen einer neuen Salve klang immer lauter. Wie ein Donnerschlag traf eine Kugel die Außenwand der Kajüte. Der Navigator hatte sich hinter der Reling in Deckung geworfen, während Sanin kerzengerade stehengeblieben war. Ein wenig mitleidig blickte der Admiral auf den Mann hinab. Sich vor den Orks auf die Knie werfen - so weit käme es noch. Sanin lächelte bitter und gab dann den Bordschützen letzte Anweisungen. Der Erste Offizier war zwar ein altgedienter Seemann, doch hatte er noch nie im Gefecht gestanden. Er würde ihn mit Nachsicht behandeln.

»Navigator! Habt Ihr nicht etwas vergessen?« Der Offizier wollte die schmale Leiter zum Hauptdeck hinuntersteigen und schaute Sanin verblüfft an.

»Man salutiert vor einem Offizier, bevor man geht. Das gilt auch im Gefecht.«

Wieder schlug rund um das Schiff eine Salve der Orks ein. Wasserfontänen schossen in die Luft und überschütteten die Männer an Deck mit einem eisigen Schauer.

»Melde gehorsamst, daß ich mich auf meinen Gefechtsposten zurück begebe.« Der Navigator stand steif wie auf dem Paradeplatz der Marineakademie und salutierte.

»Danke, Navigator.« Der Admiral hob lässig seine Hand zum Gruß und widmete sich dann wieder der Geschützbedienung.

Die Zwerge, die den Bock auf dem Dach der Kajüte bedienten, grinsten einander an. Sie galten als die besten Schiffsschützen der kaiserlichen Marine und genossen mehr Privilegien als die meisten anderen Mannschaftsmitglieder.

»Wollen wir?« Die Geschützmeisterin ließ das zusammengerollte Blatt aus Mohaccotabak von einem Mundwinkel in den anderen rollen und blickte Sanin erwartungsvoll an. Ihre Backen waren rußverschmiert, und ihr wallendes Haar wurde von einem breiten, roten Stirntuch gebändigt. Auch ihre blaue Uniform zeigte einige Rußflecken. Die obersten Knöpfe ihrer knappen Jacke waren offen. »Nun?«

Wieder schlug eine Salve der Orks rund um das Schiff ein. »Schießt auf die Landzunge!« »Aber ...«

»Das ist ein Befehl«, knurrte Sanin gereizt. Die Geschützmeisterin nahm den glimmenden Tabakstengel aus dem Mundwinkel und hielt ihn an die Lunte der Tonkugel, die auf dem Löffel des Katapults lag. Einen Augenblick wartete sie, bis die Zündschnur in roter Glut aufleuchtete. Dann gab sie das Zeichen zum Feuern.

Augenblicke später stieg eine Flammensäule unmittelbar vor dem Erdwall auf der Landzunge auf.

»Guter Schuß, weiter so«, kommentierte Sanin. Nach Absprache mit dem Generalstab hätte das Geschützfeuer zwar auf die Stellung am rechten Ufer konzentriert werden sollen, doch das hatte sich in Sanins Augen erledigt. Nach dieser Absprache hätte der Prinz kurz nach Sonnenaufgang die Stellung auf der Landzunge angreifen müssen.

Als selbst eine halbe Stunde danach immer noch nichts passiert war, hatte Sanin beschlossen auf eigene Faust anzugreifen. Vermutlich war Brin von den Thorwalern verraten worden. Piratenpack! Er hatte Phileasson nie getraut.

Jetzt würde er Rache nehmen. Sie würden die Landzunge beschießen, bis sich dort nichts mehr regte, und dann würde er mit einigen Truppentransportern Krieger an Land bringen.

Wieder spritzten Fontänen von Wasser über Deck.

»Schießen erstaunlich gut die Schwarzröcke«, kommentierte die Geschützmeisterin die Salve. »Ich möchte nicht wissen, wie es aussieht, wenn wir ihnen erst mal so richtig nahe gekommen sind.«

»Diesem Schiff werden sie nichts anhaben.« Sanin war davon felsenfest überzeugt, obwohl solche mit Kupferplatten beschlagenen Schiffe sich noch niemals in einem Gefecht befunden hatten.

Wie um seine Worte zu unterstreichen donnerten gleich zwei Steinkugeln gegen den Rumpf.

Der Admiral beugte sich über die Reling und blickte auf das Vorderdeck. Gerade ließen dort einige Matrosen den zweiten Anker des Schiffes hinab. Der Navigator stand unter ihnen und beaufsichtigte die Arbeiten. Sobald der schwere Anker am Grund des Flusses sicheren Halt gefunden hatte, wurde der Hauptanker aufgenommen und unter Einsatz von fünfzehn Seeleuten auf die gewaltige Rotze gehoben, die im Bug stand. Vorsichtig wurde der Koloß auf dem schußbereiten Geschütz plaziert.

Noch einmal überprüfte der Navigator, ob die Kettenführung stimmte, und der Anker sich nirgendwo verkantet hatte, dann gab er den Befehl zum Schießen. In flacher Bahn flog der schwere Schiffsanker über das Wasser und verschwand nach etwas mehr als zwanzig Schritt in den grauen Fluten. Mit laut tönendem Rasseln rollte dabei eine schwere Eisenkette ab, die auf Deck lag.

Als der Anker versunken war, kontrollierte der Navigator noch einmal die Kette. Nachdem er mit dem Ergebnis offensichtlich zufrieden war, zog er sein Entermesser und klopfte mit dem Knauf dreimal aufs Deck. Dann brüllte er aus Leibeskräften: »Hol weg!«

Sanin konnte sehen, wie sich die Ankerkette noch straffer spannte und spürte, wie sich das Schiff ruckartig vorwärtsbewegte. Durch die Panzerplatten war das Schiff zu schwer geworden, um allein durch die Kraft der Ruderer gegen die Strömung den Fluß hinauf bewegt zu werden. Im Frachtraum unter dem Bug stand ein großes Ankerspill, über das die Kette ausgerollt wurde, so daß das Schiff sich trotz aller Widerstände langsam den Fluß hinaufarbeiten konnte.

Wieder stieg im Lager der Orks eine Flammensäule auf. Obwohl immer wieder Steinkugeln mit ohrenbetäubendem Getöse gegen die Bordwand krachten, arbeiteten die Zwerge mit unerschütterlicher Präzision. Schuß folgte auf Schuß, und je näher sie den Stellungen der Orks kamen, desto besser wurde die Trefferrate.