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»Von welchem Plan sprichst du?«

»Wir werden an Galopp vorbei bis nach Festum reiten. Haben wir erst einmal das Herzogtum Weiden hinter uns gelassen, befinden wir uns auf sicherem Boden. In Festum werden wir uns dann einschiffen und nach Perricum segeln. Dort will ich die Keule im Tempel der Rondra niederlegen, denn sie wird diese Waffe besser schützen können als Praios.«

Robak schaute sie fassungslos an. Ob der Geist in ihm wußte, was sie in Wahrheit plante? Ob er wohl ihre Gedanken lesen konnte? Nein, wahrscheinlich nicht. Wüßte dieses Geschöpf, daß sie in Wirklichkeit zur Burg Yeshinna in den Drachensteinen wollte, dann würde es etwas unternehmen. Hatte sie erst einmal die Ordensburg der Amazonen erreicht, würde nichts und niemand sie daran hindern, die Waffe dort im Tempel der Rondra der Göttin zu opfern.

Dieser Plan war klug. Sie würde die Gunst der Löwin zurückgewinnen und hätte endlich die Schuld gesühnt, die sie auf sich geladen hatte, als sie tatenlos zusah, wie die Schwarzröcke ihre Gefährtinnen geschändet und dann ermordet hatten.

» ... sind aber der Meinung, daß ...« Robak schien schon eine ganze Weile mit ihr zu reden. »Hörst du mich, Lysandra?«

Seine Stimme gefiel ihr nicht. Er klang zornig.

»Wir haben immer gemeinsam besprochen, was wir tun. Wir sind freie Männer und Frauen, und wir werden uns nicht einfach deinem Willen beugen. Alle sind der Meinung, daß es besser ist, nach Süden zu reiten. Dein Plan, mitten im Winter die Wälder zwischen der Roten und der Schwarzen Sichel zu durchqueren, ist Wahnsinn. Jeder weiß, daß dort Oger und Goblins ihr Unwesen treiben, und wenn die uns nicht umbringen, werden wir erfrieren. Wir haben doch , nicht einmal die nötige Ausrüstung, um eine lange Winterreise zu bestehen. Langsam fange ich an zu glauben, daß Movert recht hat, wenn er sagt, daß du verrückt geworden bist.«

»Verrückt nennst du mich? Dann geht doch alleine, wenn ihr glaubt, ich sei verrückt. Ich weiß sehr gut, welcher böse Geist eure Schritte lenkt.«

Robak machte einen Schritt auf sie zu. Lysandra konnte sehen, wie sich an seinem ganzen Körper die Muskeln spannten. Gleich würde er sie angreifen. Er streckte seine linke Hand vor. Ein Ablenkungsmanöver!

»Gib mir die Keule, und wir werden gehen. Ich ...«

Mit einem Aufschrei sprang Lysandra vor. »Dir die Keule geben? Glaubst du, ich weiß nicht, wer du bist? Da könnte ich sie ja gleich Uigar Kai bringen!«

Lysandra spürte wie Xarvlesh in ihrer Hand zuckte. Die Keule wollte zu dem Besessenen. Das würde sie verhindern! Diesmal hatte der Geist einen Fehler gemacht! Mit Schwung holte sie aus und zielte mit der mächtigen Waffe nach dem Kopf des Kriegers. Die Dornen, die aus dem Keulenkopf ragten, begannen rot zu glühen. Robak versuchte auszuweichen und riß gleichzeitig seine Arme zum Schutz hoch über den Kopf.

Doch Lysandra war schneller. Der gewaltige Schlag fegte die Hände beiseite und zertrümmerte dem blonden Krieger den Schädel. Lysandra konnte sehen, wie der Geist den toten Körper verließ und zu der Gruppe der Krieger am Feuer floh. Sie würde ihn nicht entkommen lassen!

Die anderen zogen ihre Waffen.

Mit einem gewaltigen Sprung setzte die Amazone über das Lagerfeuer hinweg, duckte sich unter einem Schwerthieb weg und schlug einem der Männer in den Unterleib.

Wo mochte der Geist stecken? Wieder parierte sie einen Schwerthieb. Dann sah sie, wie der Ork hinter Perdia Schutz suchte. Nein, er verschmolz mit ihr ... Sie mußte die Kriegerin erschlagen, bevor der Geist sie wieder verlassen konnte. Dann wäre der Unhold in ihrem toten Körper gefangen. Mit einem fast lässigen Keulenschlag tötete sie einen Krieger, der ihr im Weg stand. Es war erstaunlich, wie leicht sich die große Waffe im Kampf führen ließ. Fast so, als würde sie von sich aus reagieren.

Perdia rannte zu den Pferden.

Ha, der Geist hatte gemerkt, was die Stunde geschlagen hatte. Er versuchte zu fliehen. Doch dann stolperte die Kriegerin über eine Baumwurzel. Einen Atemzug später hatte Lysandra sie erreicht.

»Nein!« ertönte hinter ihr eine schrille Stimme.

Aber nichts würde sie jetzt noch aufhalten. Lysandra hob den Streitkolben, der jetzt von einem fremdartigen, rötlichen Glühen umspielt wurde. Perdia versuchte ihr kriechend zu entkommen. Dann zuckte die Waffe herab. Mit dumpfen Krachen zerschmetterte sie den Brustpanzer der Kriegerin. Sie hörte, wie ihr die Rippen brachen. Blut quoll ihr aus Nase und Mund. Sieg! Lysandra atmete erleichtert auf. Endlich war dieses Nachtgeschöpf gebannt.

»Dafür sollst du sterben!«

Die Amazone drehte sich um. Dicht beim Feuer stand der schwarzbärtige Movert, und hinter ihm, direkt in den Flammen des Feuers, war der Geist zu erkennen.

Wie konnte das sein? Wie hatte er vor dem tödlichen Schlag entkommen können?

»Stirb, du Furie!« Movert hatte einen Bogen in der Hand. »Du bist nicht mehr unsere Anführerin!«

Lysandra war wie gelähmt. Warum wollte Movert sie töten? Sie hatte doch nur sich und ihre Gefährten vor dem Geist des Orks bewahren wollen. Der Pfeil zischte durch die Luft. Ohne daß sie es wollte, zuckte ihr rechter Arm hoch und zitternd schlug der Pfeil in den Streitkolben.

Movert ließ die Waffe sinken. »Sie ist von Dämonen besessen. Habt ihr das gesehen? Kein Mensch kann das. Lysandra ist tot! Dort steht ein Dämon! Flieht!« Der Krieger warf den Bogen zur Seite und rannte in den Wald. Die anderen folgten ihm.

Lysandra blickte sich um. Sie hatte drei ihrer Gefolgsleute erschlagen. Verfluchte Waffe! Was für einen unseligen Geist hast du heraufbeschworen? Irgendwo ertönte ein Lachen.

Die Amazone duckte sich hinter eine Baumwurzel und blickte sich um. Niemand war zu sehen, und doch wurde das Lachen immer lauter. Dabei schien es ständig aus einer anderen Richtung zu kommen. Was war das nur?

»Hör auf, nach mir zu suchen«, höhnte die Stimme. »Ich bin in dir!«

Plötzlich erschien die Gestalt des hochgewachsenen Orks neben dem Lagerfeuer. »Hörst du mich, Lysandra?«

Die Amazone sprang auf und versuchte, ihm einen Schlag mit dem Streitkolben zu versetzen. Doch Xarvlesh fuhr ins Leere, und die Amazone stürzte in den Schnee.

»Gib auf, Menschenfrau. Du kannst nicht töten, was schon tot ist.«

»Wer bist du?« Lysandra hatte sich aufgeplagt und blickte sich um. Jetzt stand der Geist einige Schritte vom Feuer entfernt, direkt neben der Leiche Perdias.

»Mein Name würde dir nichts sagen. Ich bin der, der vor dir Xarvlesh besessen hat. Ein Hohepriester des Tairach und einst die Hoffnung meines Volkes, doch ich habe gefehlt, und nun muß ich büßen. Mein Name wurde von den Schamanen aus dem Gedächtnis meines Volkes getilgt. Nie wurde mir die Gnade zuteil, den Weg zu gehen, den andere tote Krieger nehmen. Ich bin verdammt, zwischen dem Reich der Lebenden und dem der Toten zu existieren, bis Xarvlesh wieder in den Händen eines Tairachpriesters liegt.«

»Das wird niemals geschehen.«

»Nein? Ich glaube, ich kenne deine Zukunft besser, Menschenfrau.« Eine Windböe ließ das Lagerfeuer auflodern. »Du kannst deinem Schicksal nicht mehr entkommen, Lysandra.«

»So? Wenn es in deiner Macht stünde, mir etwas anzutun, warum hast du Xarvlesh dann nicht schon an dich genommen. Du bist körperlos. Du hast keine Macht über die Lebenden!«

»Habe ich das nicht? Sieh dich doch um.«

Lysandra blickte auf die erstarrten Gestalten im Schnee. Seit zwei Jahren hatten sie zusammen gekämpft, und nun hatte sie ihnen den Tod gebracht.

»Siehst du, wie wenig Macht ich über die Lebenden habe? Du hast deine eigenen Gefährten erschlagen. Du bist ausgestoßen! Die, die entkommen sind, werden die Geschichte von deiner Besessenheit im ganzen Nordland verbreiten. Du wirst dich niemals mehr unter Menschen wagen können.«

Lysandra begann zu zittern. Die Worte des Geistes klangen überzeugend.

»Und wie willst du verhindern, daß ich Xarvlesh in den Tempel eines meiner Götter bringe? Dort wird Tairach keine Macht mehr haben.«