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Wieder hatte er sich dem Willen der Inquisition gefügt und der Frau, die er liebte, den Tod gebracht. Warum war ihm nicht die Kraft gegeben gewesen, gegen Anshelm aufzubegehren?

»Seht nur. Dort im Rauch.«

Rings umher hoben die Leute die Köpfe zum Himmel. Hoch über ihnen zeichnete sich eine Gestalt im Rauch ab. Eine große flügelbewehrte Kreatur.

»Ein Dämon!« erklang ein Ruf aus der Menge.

»Tu das nicht, du forderst Dinge, die nicht in meiner Macht liegen«, erklang eine höhnische Stimme in Marcians Kopf. »Hast du den Glauben an deinen Gott verloren?«

Jedes Wort traf den Inquisitor wie ein Schlag. »Nein«, murmelte er erst leise, und dann schrie er es laut hinaus. »Nein!«

Nicht der Greif hatte zu ihm gesprochen, als er in das Horn stoßen wollte, sondern Zerwas.

»So ist es!« Wie Donner hallten die Worte des Vampirs in ihm und zerrten an seinem Verstand. »Ich hoffe, du weißt, warum das hier geschieht!«

Der Vampir kreiste nun hoch über dem Palas. »Erinnerst du dich noch an Sartassa? Glaube mir, ich weiß sehr gut, was du jetzt fühlst. Doch wie sagen die Geweihten: Alles Böse, das du tust, fällt eines Tages auf dich zurück.«

Der Inquisitor trat von der Mauerbrüstung zurück und griff nach seinem Schwert. Er wollte das nicht hören!

»Das Licht deines Gottes hat Sartassa zu Asche verbrannt, weil du mich verraten hast. Du hast ihren Tod gewollt und den all der anderen Vampire, die ich erschaffen habe, um dir zu helfen, doch du hast mich hintergangen.«

»Schweig!«

»Nein, mich kannst du nicht zum Schweigen bringen. Du sollst wissen, daß Cindira gestorben ist, weil du Sartassa ermordet hast. Was glaubst du, wer den Orks das Hylailer Feuer gebracht hat?«

Marcian riß sein Schwert aus der Scheide. »Komm herunter und kämpf mit mir!«

»Du willst deine Demütigung vollkommen machen?« Zerwas flog einen weiten Bogen und schoß dann geradewegs auf das Dach des Palas hinab. Mit weit ausgebreiteten Flügeln landete er auf dem Flachdach, wenige Schritte von Marcian entfernt. Eine Gestalt von furchteinflößender Erhabenheit. Seine Haut war dunkelrot und schimmerte leicht, so als sei sie mit Öl eingerieben.

In seiner Dämonengestalt war der Vampir mehr als zwei Schritt groß und überragte den Inquisitor. Mit einer geschmeidigen Bewegung zog Zerwas das lange Schwert, das von einem kunstvollen Geflecht aus Lederriemen zwischen den Flügeln auf dem Rücken gehalten wurde. In blinder Panik rannten Krieger und Bürger von dem großen Steindach, stiegen durch Bodenluken in den Palas hinab oder flüchteten sich auf die angrenzenden Wehrgänge. Ganz allein standen sich die beiden auf dem verschneiten Dach gegenüber.

Außer Marcian hatte niemand hören können, was der Vampir gesprochen hatte. Doch allen war klar, daß er in irgendeinem Zusammenhang mit dem Feuer auf dem Fluß stehen mußte, und jeder hatte hören können, wie der Inquisitor die dämonische Gestalt zum Kampf gefordert hatte.

»Laß es uns zu Ende bringen«, murmelte Marcian grimmig. Dann machte er einen überraschenden Ausfallschritt und versuchte dem Vampir sein Schwert in die Brust zu stoßen. Doch Zerwas wich mit tänzerischer Eleganz aus und schlug dem Inquisitor mit der flachen Seite seines Schwertes auf den Rücken, so daß er nach Luft ringend gegen die Zinnen taumelte. Zerwas war ihm in jeder Hinsicht überlegen, dachte Marcian, während er sich erneut dem Vampir zuwandte. Dieser Kampf würde nicht lange dauern.

»Richtig!« erklang es in seinem Inneren.

Marcian erschrak. Er hatte völlig vergessen, daß Zerwas in dieser Erscheinung jeden seiner Gedanken lesen konnte. So wußte der Vampir um jeden Schlag, den er führen würde, noch bevor er auch nur ausgeholt hatte. Der Inquisitor zögerte mit seinem Angriff. Lauernd umkreiste er Zerwas.

»Hast du dir nicht einmal gewünscht, das Schicksal deiner Geliebten zu teilen«, höhnte der Vampir. »Ich denke, du solltest nicht durch das Schwert fallen.«

Doch wie um seine Worte Lügen zu strafen, führte der Vampir einen Schwerthieb nach seiner Brust. Marcian konnte den Schlag im letzten Moment auffangen. Funkenstiebend krachten die Schwerter aufeinander. Die Wucht des Hiebes lahmte den Schwertarm des Inquisitors. Kaum war er noch in der Lage, seine Waffe zu halten. Ob Zerwas das beabsichtigte?

Erneut holte der Vampir zu einem mächtigen Schwerthieb aus. Wie ein schwarzer Blitz kam die dämonische Klinge auf ihn zugesaust. Marcian duckte sich, um der Attacke auszuweichen. Gleichzeitig schlug er sich selber mit der Linken auf seinen gepanzerten Schwertarm. Noch immer war sein rechter Arm taub vor Schmerzen.

Immer wieder wich Marcian den Attacken des Vampirs aus. Gleich hätte Zerwas ihn in die Ecke gedrängt. Nur noch wenige Schritt nach hinten, dann konnte er nicht weiter zurückweichen. Dann stand er mit dem Rükken gegen die Zinnen, und unter ihm lag der flammende Fluß.

Es mußte etwas geschehen! Aber er durfte nicht darüber nachdenken! Jeder Gedanke würde ihn verraten. Es gab keine Möglichkeit mehr, Zerwas zu entkommen. Es sei denn, er stürzte sich dem Vampir in die Klinge. So hätte er sein Ende wenigstens noch selber bestimmt. Mit gellendem Schrei stürmte er vor.

Der Vampir hatte auch diesen Angriff vorausgesehen. Mit einem kraftvollen Flügelschlag erhob er sich in die Luft und landete nicht einmal einen Atemzug später in Marcians Rücken. Gleichzeitig führte er einen Hieb mit der flachen Seite seiner Waffe gegen den weit vorgestreckten Schwertarm Marcians.

Der Schmerz raubte dem Inquisitor fast die Sinne. Er ließ die Waffe fallen und ging in die Knie. Lichtblitze tanzten vor seinen Augen. Er versuchte verzweifelt den Schmerz zu unterdrücken und nicht das Bewußtsein zu verlieren. Da traf ihn noch ein Hieb in den Rücken und warf ihn flach zu Boden.

Blut quoll aus seinem Mund. Stöhnend versuchte er sich umzudrehen, doch es gelang ihm nur den Kopf zu wenden. Zerwas hatte seinen Fuß auf seinen Rücken gestellt und sein mächtiges Schwert hoch in die Luft erhoben. Dann stieß der Vampir einen markerschütternden Schrei aus.

Für einen Moment wurde Marcian schwarz vor Augen. Als er wieder zu sich kam, hatte Zerwas ihn hochgehoben und schritt auf die Zinnen zu. Der Vampir wollte ihn in den brennenden Fluß werfen!

»Weiche von uns, Dämon und fürchte den Zorn des Praios«, erklang eine vertraute Stimme. Ein Schlag schien Zerwas getroffen zu haben. Der Vampir stöhnte und drehte sich dann um.

Einen Moment später konnte Marcian erkennen, wer es wagte, den schrecklichen Schwertdämonen anzugreifen. Anshelm, der Hochgeweihte, stand mit einem goldschimmernden Praioszepter vor Zerwas. Er schien nicht die mindeste Angst zu haben. Auch Oberst von Blautann und seine Gefährtin standen mit gezückten Schwertern auf dem Dach.

Zerwas machte einen Sprung zur Seite und ließ Marcian los. Gleichzeitig ertönte seine unheimliche Stimme im Geist des Inquisitors. »Sieh, wie deine Freunde sterben, bevor auch du zu Asche wirst.«

Mit lautem Schrei stürmte der Dämon auf den Geweihten und seine Mitstreiter zu.

Anshelm vermochte zwar den Schwerthieb des Vampirs zu parieren, doch wurde er wie ein Blatt im Herbstwind beiseite gefegt. Zerwas attackierte indessen die Freundin des Obristen. Während sie sich unter den schrecklichen Hieben duckte und den Vampir reizte, versuchte Alrik, ihm von der Seite seine Klinge in den Leib zu rammen. Die Hiebe des Ritters vermochten dem Vampir aber kaum etwas anzuhaben. Allein dort, wo Zerwas der Schlag des Praiosgeweihten getroffen hatte, prangte ein dunkles Mal auf seiner roten Haut, so als habe die Waffe ihn verbrannt.

Der Widerstand der Frau wurde immer schwächer. Marcian konnte sehen, wie Blut durch die Ringe ihres Kettenpanzers sickerte. Dann war Anshelm wieder auf den Beinen und griff Zerwas erneut im Rücken an. Mit einem Aufheulen, drehte sich der Vampir herum. Wieder hatte der Praiosgeweihte ihm mit seinem Streitkolben ein Brandmal beigebracht.

»Einen nach dem anderen werde ich sie töten. Zuerst wird dieser überhebliche Geweihte sterben. Sieh nur gut zu!« erklang es in Marcians Kopf. Anshelm war einem der Schläge des Vampirs zu spät ausgewichen. Ein breiter, roter Schnitt prangte nun in seiner goldenen Robe.